Der Däne Claes Erlang setzt knapp 40 Ferkel ab. Hochmotivierte Mitarbeiter und eine qualitätsorientierte Fütterung sind seine Schlüssel zum Erfolg.
Mareike Schulte, SUS
Ein Däne. Zwei Ukrainer. Vier Rumänen – drei Männer und eine Frau. Das ist das Team, das den Schweinebetrieb Brydegaarden im dänischen Christiansfeld zusammenhält.
„Pass me the butter, please!“ sagt Vitali, als mittags alle um den Tisch herum sitzen. „Wir sprechen im Betrieb nur Englisch“, erklärt Vitalis Chef, Claes Erlang, während er seinem Angestellten die Butter reicht. Auf dem Betrieb mit 1 300 Sauen gehören zwei gemeinsame Mahlzeiten morgens und mittags zum festen Tagesablauf dazu. „Das ist die beste Gelegenheit, zu erfahren, was die anderen gerade beschäftigt“, betont Claes Erlang. Während seines Studiums hat der 38-jährige Agrarökonom auch einige Kurse im Bereich Personalführung belegt. Ein vertrauensvolles Verhältnis zu seinen Mitarbeitern ist ihm sehr wichtig.
Auch Privates teilen
„Wenn ich mitkriege, dass im Team ein Streit in der Luft liegt oder privat etwas vorgefallen ist, kann ich entsprechend reagieren. Denn miese Stimmung schlägt sich immer gleich negativ im Arbeitsergebnis nieder. Und wer schlecht gelaunt ist, kann keine Top-Leistung bringen“, ist sich der Betriebsleiter sicher.
Nachdem er sechs Jahre als Manager auf einer großen Sauenanlage gearbeitet hatte, investierte Erlang 2008 in einen eigenen Betrieb und ein Jahr später in einen neuen Sauenstall. Gleichzeitig baute er sein Stall-Team auf. So sind ein paar seiner Mitarbeiter schon seit Beginn dabei. Sie wohnen in zwei Wohnhäusern im nächsten Dorf, die Erlang für sie gekauft hat.
Neben den täglichen Gesprächen am Esstisch gibt es einmal pro Woche eine längere Besprechung mit der gesamten Mannschaft. Zuvor füllt Erlang mit Edding die Tafel mit den aktuellen Produktions- und Leistungsdaten der Woche aus. Gute Ergebnisse hebt er mit Grün hervor und lobt diese ausdrücklich – das motiviert den Stab. Liegt jedoch zum Beispiel die Abferkelrate deutlich oder seit mehreren Wochen unter dem Zielwert, sucht man im Gespräch nach Ursachen und Lösungen. „Dabei lege ich Wert darauf, dass sich alle Mitarbeiter einbringen. Sie sollen mitdenken“, betont Erlang.
Mitarbeiter einbinden
Bei der wöchentlichen Besprechung wird auch das sogenannte Ideenbrett ausgewertet. Dies ist eine Tafel, auf der Erlang und seine Mitarbeiter mithilfe von Klebezetteln alle, die Stallarbeit betreffenden Ideen, Anregungen, Tipps und Ärgernisse sammeln. Zuletzt hat zum Beispiel Yegor daran erinnert, dass mittwochs nachmittags unbedingt die Stallgänge freizuhalten sind, wenn er die Sauen umtreiben will.
Auch wenn Erlang eine neue Routinearbeit im Stall etablieren will, bestimmt er nicht einfach jemanden dafür, sondern bezieht das Team mit ein. Wenn künftig also regelmäßig Kot der Alt- zu den Jungsauen gebracht werden soll, um sie an die Keimflora zu gewöhnen, machen sich alle Gedanken, wer diese Aufgabe am besten übernehmen könnte.
„Das sind Methoden des LEAN-Managements“, erklärt Erlang. Dieses „schlanke Management“ zeichnet sich in Brydegaarden unter anderem dadurch aus, dass der Chef sein Büro direkt im Stall hat und so immer für seine Angestellten ansprechbar ist.
„Bei der Arbeit mit Tieren sind häufig Einzelfall-Entscheidungen zu treffen. Anders als bei Maschinen gibt es kein „heile oder kaputt“. Ich möchte, dass meine Leute immer wissen, was sie tun. Wenn sie Zweifel haben, sollen sie mich lieber rufen“, meint Erlang. Er schaut sich dann gemeinsam mit dem Mitarbeiter das Tier oder die Situation an und erklärt vor Ort, was zu tun ist und worauf seine Entscheidung basiert. So kann der Betreuer das Problem beim nächsten Mal vielleicht schon alleine lösen.
Damit der Betrieb läuft, pflegt der Landwirt auch nach Feierabend das Verhältnis zu seinen Mitarbeitern. So hilft er z. B. beim Übersetzen, wenn es um Formalien mit den dänischen Behörden geht oder hat auch schon den Hund eines Mitarbeiters gehütet, als dieser auf Heimaturlaub war.
Im Gegenzug erwartet Erlang aber auch einiges von seinen Angestellten. Zwar haben sie generell feste Arbeitszeiten von 7.00 bis 16.00 Uhr sowie alle drei Wochen einen Wochenenddienst. Doch vor ein paar Monaten hat Erlang entschieden, dass ein Mitarbeiter an den beiden Hauptabferkeltagen bereits um 4.00 Uhr früh anfangen muss, um den Sauen bei den Geburten zu helfen. Meist kümmert sich Dorina darum – die einzige Frau im Team.
Geburtenwache rettet Ferkel
„Viele Geburten starten gegen Mitternacht. Zu Problemen kommt es meist etwa vier bis fünf Stunden später, wenn die Geburt bei den letzten Ferkeln ins Stocken gerät. Dann ist es gut, wenn jemand eingreifen kann“, erläutert der Betriebsleiter. Er selbst geht mit gutem Beispiel voran und dreht an zwei Abenden noch spät eine Runde.
Der Landwirt ist davon überzeugt, dass diese Maßnahmen die Zahl der Totgeburten um 20 bis 40 Ferkel pro Woche gesenkt haben. Oder anders ausgedrückt: das Team kann dadurch rund 1 600 Ferkel pro Jahr retten. Aktuell erzielt der Betrieb 18,5 lebend geborene Ferkel je Wurf. Selbst Jungsauen sollen möglichst 16 Lebendgeborene bringen.
Überhaupt geht es darum, dass möglichst viele Ferkel überleben. Deshalb hat Erlang eine Arbeitskraft auch ausschließlich für den Wurfausgleich und die Betreuung der Saugferkel abgestellt. Diese kümmert sich um nichts anderes, als dass es alle Ferkel warm haben und einen Platz am Gesäuge finden bzw. genug Milch aufnehmen können.
Dabei ist das Split-Suckling, also das zeitweise Separieren der kräftigen Ferkel, damit die Kleinen in Ruhe säugen können, ein probates Mittel. Andere Routinen wie Füttern, Ohrmarken einziehen, Kupieren oder Kastrieren erledigen in der Regel andere Mitarbeiter. Auf Ferkel-Impfungen wird verzichtet.
Jungsauen nicht überfordern
Der Betrieb arbeitet darüber hinaus mit Ammensauen sowie bei einem Teil der Würfe mit Ferkelmilch, die per Hand zugefüttert wird. Besondere Aufmerksamkeit bekommen die Sauen im ersten und zweiten Wurf. „Hier darf man die Tiere nicht überfordern!“, warnt Erlang. „Denn was man bis dato in die Jungsau investiert hat, rentiert sich erst ab dem 3. Wurf so richtig.“
Erstlingssauen setzt der Schweineprofi bei Bedarf etwas früher ab. „Gerade für so ein junges Tier sind fünf Tage mehr oder weniger mit 14 großen Ferkeln am Gesäuge eine lange Zeit. Außerdem verhindere ich so, dass die Ferkel in den letzten Tagen noch die Zitzen der Mutter beschädigen“, sagt er.
Die leichtesten der abgesetzten Ferkel versetzt Claes Erlang für zwei Wochen in gesonderte Buchten, wo sie es besonders warm haben und mit speziellem Futter, das energiereich und leicht verdaulich ist, aufgepäppelt werden.
Dabei bezieht der Landwirt seine Mitarbeiter in sämtliche Betriebsabläufe mit ein. Er findet es wichtig, dass sie Bescheid darüber wissen, wie teuer derzeit das Futter ist und wie viel Geld gerade ein Ferkel bringt. Das motiviert sie sehr und das gewünschte Engagement kommt laut Erlang fast von allein.
Stirbt ein Ferkel nach dem Absetzen oder erreicht erst gar nicht das Flatdeck, ist das besonders ärgerlich. „Ich erkläre meinen Mitarbeitern dann manchmal: Hier haben wir gerade 350 Kronen verloren! Denn der Großteil der Produktionskosten für ein Ferkel fällt vor dem Absetzen an: Besamung, Sauenfutter, Ferkelmilch usw. Und wenn ich für ein 30-kg-Ferkel 450 Kronen, umgerechnet 60 € erlöse, habe ich – so makaber das klingen mag – nicht viel mehr als die 100 Kronen für das Futter für das Wachstum von 7 bis 30 kg Lebendgewicht gespart“, rechnet Erlang vor.
Nicht am Futter sparen!
Generell am Futter zu sparen, liegt dem Landwirt jedoch fern. Er hat sogar das Gefühl, dass viele seiner Berufskollegen die Bedeutung des Futters für die Wirtschaftlichkeit des Betriebes völlig falsch einschätzen.
Er gibt ein Beispiel (siehe Übersicht): „Eine Sau frisst 1 600 Futtereinheiten pro Jahr. Kostet mich ein besseres Futter 10 Öre bzw. 1,34 ct. mehr pro Futtereinheit, macht das bei 1 300 Sauen 27 872 € höhere Futterkosten im Jahr. Klingt viel – doch was steht auf der Nutzen-Seite? Durch die bessere Versorgung rechne ich mit 25 Sauenabgängen weniger, 100 g höheren Absetzgewichten sowie 0,5 abgesetzten Ferkeln mehr pro Sau. Unterm Strich ein Vorteil von 38 300 €, der die Mehrkosten locker aufwiegt! Dabei sind die ebenfalls zu erwartenden niedrigeren Medikamentenkosten noch gar nicht berücksichtigt!“
Der Erfolg scheint dem Betriebsleiter recht zu geben. Denn mit knapp 40 Ferkeln je Sau und Jahr setzt Claes Erlang rund ein Drittel mehr Ferkel ab als der dänische Durchschnittsbetrieb und gehört damit zu den absoluten Spitzenbetrieben des Landes. Weil er konstant höchste biologische Leistungen vorweisen kann, spielt auch die Bank mit und ermöglichte ihm in für die Branche schweren Zeiten den Bau eines Ferkelaufzuchtstalles.
„Meine Sauen sind Hochleistungssportler. So wie diese ihre Proteinshakes trinken, brauchen meine Tiere optimales, reicher ausgestattetes Futter“, weiß Erlang. Gemeinsam mit seinem Fütterungsberater stellt er Rationen zusammen, die bei Vitaminen, Aminosäuren und Mineralstoffen mindestens 10 % über den Standardwerten liegen.
Kakaopulver für Ferkel
Auch die Ferkel erhalten Top-Futter. Erlang setzt hier auf schmackhafte Nebenprodukte der Industrie, wie zum Beispiel Joghurt- und Kakaopulver sowie Blutplasma, die er dank guter Beziehungen und flexibler Abnahme relativ günstig erwerben kann. Doch was für Claes Erlang zählt, ist nie der Preis, sondern immer die Resultate.
Aufgrund seiner großen Tierzahlen kann er in gewissem Rahmen verschiedene Futterkonzepte parallel einsetzen und direkt vergleichen. Die Ergebnis-se hält Erlang durch regelmäßige Gewichtskontrollen nach. So sucht er sich pro Abteil eine repräsentative Ferkelgruppe aus und wiegt diese jeden Freitag auf einer Waage, die im Zentralgang in den Boden eingebettet ist. Daraus berechnet er die durchschnitt-lichen täglichen Zunahmen je Ferkel. „Optimal wäre eine gleichmäßige Steigung. Mit im Schnitt 500 g erreichen wir schon sehr gute Zunahmen. Aber die Umstellung auf Sojaprotein verursacht immer noch eine Delle in der Zunahmenkurve“, beschreibt Erlang. Hier sieht er noch Potenzial.
Neben seinen hoch motivierten Mitarbeitern und einer speziellen Fütterungsstrategie betrachtet Claes Erlang die Tiergesundheit als dritten wichtigen Faktor seines Erfolges. Sein Betrieb ist spezifisch pathogenfrei (SPF), wobei er für alle überwachten Erreger den Status „frei“ hat.
Um diesen SPF-Status zu halten, liefert Erlang jedes Jahr 6 000 seiner Ferkel an einen Mastbetrieb in der Nachbarschaft, obwohl er dort weniger Geld für seine Tiere bekommt. Denn seine Ställe liegen in Hauptwindrichtung zu diesem Nachbarbetrieb und Erlang hat Angst vor Erregern, die von dort herüber kommen könnten, wenn die Farm von woanders ihre Ferkel bezieht.
Den Großteil seiner Ferkel verkauft er über einen deutschen Viehhändler nach Polen. Außerdem hat Claes Erlang mit der Eigenremontierung begonnen. „So bin ich in Zukunft vom Jungsauen-Zukauf unabhängig, der immer das Risiko der Erregereinschleppung birgt.“
Fazit
Der Däne Claes Erlang bewirtschaftet einen Betrieb mit 1 300 Sauen. Er legt großen Wert darauf, seine Mitarbeiter in alle Abläufe einzubinden und sie so zu Höchstleistungen zu motivieren. Schwerpunkte setzt der Betrieb auf die Geburtenüberwachung und die Betreuung der Erstlingssauen. Beim Futter entscheidet nicht der Preis, sondern die Qualität. Mehr als 39 abgesetzte Ferkel pro Sau und Jahr sprechen für sich.