Bei Christian Brüggemann werden bis zu 15 % der Ferkel von Ammensauen aufgezogen. So schafft er 31 aufgezogene Ferkel pro Sau und Jahr. Als Sauenhalter Christian Brüggemann (40) vor drei Jahren in die Planung des neuen Sauenstalls einstieg, wusste er genau, was er wollte. Zu der Zeit hielt er auf dem elterlichen Betrieb rund 180 Sauen. „Dies wäre auf Dauer keine Basis gewesen. Deshalb haben wir uns entschlossen, auf grüner Wiese für 540 Sauen neu zu bauen“, so der Betriebsleiter aus Hilgermissen bei Verden. Bei der Stallplanung hat Brüggemann auf kurze Wege und Komfort für die Tiere geachtet. Da für ihn nur die vierwöchige Säugezeit infrage kam, entschied er sich für drei 60er-Abferkelabteile. Im Deck- und Wartebereich sind insgesamt neun Gruppen untergebracht. Die Ferkelaufzucht findet inzwischen hauptsächlich auf dem Stammbetrieb statt, der dafür umgebaut wurde. Die Herde wird im Zweiwochenrhythmus geführt. Um die Ferkelaufzucht sowie das Geburts- und Belegmanagement kümmert sich der Betriebsleiter selbst. Die Routinearbeiten erledigen zwei fest angestellte Mitarbeiter. Den Ackerbau hat Brüggemann an eine GmbH vergeben, an der er selbst beteiligt ist. Brachte er sich dort früher noch mit Arbeitsstunden ein, konzentriert er sich heute voll und ganz auf die Ferkelproduktion. Stallkonzept auf große Würfe ausgerichtet Mit dem Belegen des neuen Sauenstalles hat Brüggemann auf die hochfruchtbare Danzucht-Genetik umgestellt. „Wir haben früher 12,5 lebend geborene Ferkel pro Wurf erreicht, heute liegen wir im Schnitt bei über 15 lebend geborenen Ferkeln. Das bedeutet, dass wir unser Management auf große Würfe einstellen mussten. Dabei helfen bauliche Details, die wir bei der Planung berücksichtigt haben“, fährt der Landwirt fort. Beispielsweise verfügt Brüggemann über reichlich Reserveplätze im Abferkelbereich, um bei Bedarf dort Ammensauen aus der vorherigen Gruppe einstallen zu können. Auch bei der Planung der Flatdeckabteile hat der Betrieb die gestiegene Fruchtbarkeit berücksichtigt. Hätte man früher bei 48er-Sauengruppen mit rund 500 abgesetzten Ferkeln je Altersgruppe kalkuliert, verfügt der Betrieb über drei Abteile mit 685 bzw. 700 Plätzen. „Wir haben großzügig geplant, damit die Flatdeckabteile nicht aus allen Nähten platzen“, so der Betriebsleiter. Nicht nur die Zuordnung der Abteile, sondern auch die Buchtengestaltung ist den Bedürfnissen der hochfruchtbaren Sauen angepasst. Damit sich die tragenden Sauen nicht gegenseitig stressen und ungestört fressen können, hält Brüggemann sie in 16er-Laufbuchten mit Fressständen. So ist es möglich, dass die Tiere einer Besamungsgruppe nach Gewicht und Körperverfassung auf drei Buchten verteilt werden. Entscheidend für die Ruhe beim Fressen ist das Schließen der Fressstände für kurze Zeit. Bei der Planung der Abferkelbuchten hat Brüggemann darauf geachtet, dass diese groß genug dimensioniert sind. So misst eine Bucht 2,50 m x 1,90 m, und auch die 0,7 m2 große Wärmeplatte bietet Platz für alle Ferkel. Die Sauen stehen auf Gussrosten, die Vorteile in puncto Hygiene und Standfestigkeit bieten. Sauen ferkeln am Wochenende Auch beim Management kann der Betriebsleiter mit Ungewöhnlichem aufwarten. So ferkeln bei ihm die Sauen nicht donnerstags oder freitags ab, sondern der Großteil sonntags und montags. „Die Ferkelbehandlungen sind dann spätestens donnerstags abgeschlossen. Das kommt meinen zwei Mitarbeitern entgegen, die gern ihre freien Tage am Freitag bzw. ein freies Wochenende in Anspruch nehmen“, erklärt Brüggemann. Bei einzelnen Sauen setzt die Geburt bereits samstags ein. Die „Vorläufer“ bereiten in der Regel keine Probleme und müssen nicht intensiv überwacht werden. Die eigentliche Geburtsüberwachung beginnt erst am Sonntag. Während für den Mitarbeiter nach dem Füttern der Wochenenddienst beendet ist, hält sich Brüggemann noch eine Zeit lang im Stall auf. „Sonntags genieße ich die Ruhe und kann mich voll und ganz auf die Geburten konzentrieren, wobei selten mehr als zehn Sauen gleichzeitig abferkeln“, fährt der Landwirt fort. Bei Geburtsverschleppungen und anderen Problemen greift er möglichst schnell ein. Zudem achtet er darauf, dass die Nachgeburten gesammelt und kontrolliert werden und dass alle neugeborenen Ferkel ausreichend Kolostralmilch aufnehmen. Bei Sauen, die bis Sonntagmittag nicht abgeferkelt haben, werden die Geburten hormonell eingeleitet. Das sind 30 bis 40 % der Tiere einer Abferkelgruppe. Denn das Ziel ist, dass die Geburten bis Montagabend abgeschlossen sind. Spätestens gegen 16 Uhr verlässt der Betriebsleiter den Sauenstall. Gegen 22 Uhr macht Brüggemann aber noch einmal einen Kontrollgang. Eine Nachtwache lehnt der Betriebsleiter aber ab. Denn aus seiner Sicht rechnet sie sich nicht. Außerdem möchte er am nächsten Morgen ausgeschlafen sein. Abteil mit Ammensauen auffüllen Am Montag macht der Landwirt Bestandsaufnahme bei den Sauen, die samstags bzw. sonntags abgeferkelt haben. Bei diesen zählt er die lebend geborenen Ferkel und überprüft das Gesäuge. Dann trägt er die Anzahl Ferkel, die an der Sau verbleiben sollen, in eine Liste ein. „Das sind in der Regel mindestens 13 Ferkel, der Rest wird versetzt. Stehen also z. B. zwölf Sauen auf der Liste, die im Schnitt über 15 lebend geborene Ferkel aufweisen, kommen so 24 Ferkel zusammen, die ich umsetzen muss“, erklärt der Betriebsleiter. Diese Ferkel werden an zwei Sauen aus der Gruppe gesetzt, die als erste abgeferkelt haben, d. h. deren Ferkel bereits drei Tage alt oder älter sind. Diese etwas älteren Ferkel werden dann an Ammensauen aus der vorherigen Gruppe gesetzt. „Mit diesem Zwischenversetzen habe ich gute Erfahrungen gemacht, denn die etwas älteren Ferkel vertragen die Milch der neuen Sau besser“, hat der Fachhochschulabsolvent beobachtet. Sind die ausgewählten Ammensauen im aktuellen Geburtsabteil aufgestallt, geht Brüggemann mit einem Ferkelwagen von Bucht zu Bucht und sammelt die zuvor in die Liste eingetragene Anzahl überzähliger Ferkel ein. „Dies sind in der Regel gut entwickelte Ferkel mit vollen Bäuchen.“ Dann werden sie an die Ammensauen gesetzt, wobei darauf geachtet wird, dass die Würfe gleichmäßig sind und die Ferkelgewichte in den Würfen wenig streuen. In der Regel nehmen die Ammensauen die Ferkel ohne Probleme an. „Am Ende der Säugezeit sind die Ammenferkel oft am schwersten“, weiß Brüggemann. Sauen, die aus der vorherigen Gruppe für den Job der Pflegemutter ausgewählt werden, müssen selbst einen gut entwickelten Wurf aufweisen und vor allen Dingen gut gefressen haben. „Der Blick auf die Futterkarte verrät mir, ob die Sau stets den Trog blank gefressen hat“, so Brüggemann. Die früh abgesetzten Ferkel verbleiben in der Abferkelbucht und werden mit den anderen Würfen aus dem Abteil im Alter von ca. 26 Tagen in das Flatdeck-Abteil umgesetzt. Ferkel versetzen mit „Köpfchen“ Dieses Ammenkonzept setzt der Betriebsleiter auch am nächsten Tag bei den restlichen Würfen um. Auf diese Weise werden sechs bis acht komplette Würfe Ammensauen zugeteilt. Aber auch später kann es durchaus vorkommen, dass eine weitere Ammensau eingestallt wird, um ihr zurückgebliebene Ferkel anzusetzen. Damit nicht genug: Da der Konkurrenzkampf der Ferkel in den großen Würfen untereinander sehr groß ist, versucht der Landwirt, durch geschicktes Umsetzen die Streuung beim Ferkelgewicht zu minimieren. „Ich tausche z. B. zwei große gegen zwei kleine Ferkel. Oder ich hole mir die kleinsten Ferkel aus fünf Würfen heraus und setze sie an eine Sau mit feinen Strichen. Denn diese ist prädestiniert, kleine Ferkel großzuziehen. Die eigenen Ferkel dieser Sau verteile ich wiederum an Sauen, aus deren Würfe ich die kleinen Ferkel genommen habe.“ Wird ein größeres Ferkel erdrückt und am Gesäuge ein Platz frei, schaut der Landwirt, welches Ferkel bei einer anderen Sau zu kurz kommt. Dieses bekommt dann die Chance, den Platz des erdrückten Ferkels am Gesäuge der neuen Mutter einzunehmen. „Oft rutscht die Reihe auf und das neue Ferkel bekommt einen Strich an einer hinteren Position. Doch die Versorgung ist dennoch meist besser als zuvor“, hat Brüggemann beobachtet. Jedes Ferkelversetzen wird auf der Sauenkarte dokumentiert, um den Überblick zu behalten, nicht aber im Sauenplaner. „In der EDV erfasse ich nur die Anzahl geborener und abgesetzter Ferkel je Sau. Unterm Strich zählt doch nur, wie viele Ferkel ich pro Sauengruppe absetze“, meint der Landwirt. Mehr Futter pro Sau? Auf die Frage, ob bei den Höchstleistungen mehr Futter je Sau aufzuwenden bzw. teures Futter einzusetzen ist, winkt der Betriebsleiter ab. „Man muss die Futterkosten auf die Anzahl aufgezogener Ferkel umlegen. Bei dieser Kennzahl schneide ich im Vergleich zu einem Durchschnittsbetrieb günstiger ab“, ist Brüggemann überzeugt. Klar ist, dass hohe Leistungen ein gutes Futter mit hochwertigen Rohstoffen verlangen, welches oft auch etwas teurer ist. So enthält das Lak-Futter beispielsweise extrudierte Leinsaat und zusätzlich Aminosäuren, um eine optimale Versorgung sicherzustellen. Auch die Futterstruktur spielt hier eine Rolle. Brüggemann legte zunächst Pellets vor, welche die Sauen hastig aufnahmen und nicht genügend einspeichelten. Heute arbeitet er mit einem Futter, das eine granulierte Struktur aufweist und hochverdaulich ist. Die Umstellung von Trage- auf Laktationsfutter erfolgt mit dem Umstallen in den Abferkelbereich eine Woche vor der Geburt. Den Sauen werden 3 bis 3,5 kg und ab dem 114. Trächtigkeitstag nur noch 1,8 kg täglich vorgelegt. „Einige Sauen fressen kurz vor der Geburt sehr schlecht, weil ihr großer Wurf offensichtlich auf den Magen drückt“, hat Brüggemann beobachtet. Nach der Geburt startet er mit 1,8 kg Futter pro Tag. Die ersten sieben Tage wird zweimal täglich gefüttert, danach dreimal täglich. Die Höchstmengen liegen bei 8 kg Futter täglich. Brüggemann legt sehr viel Wert darauf, dass die Futtermengen in den ersten zwei Laktationswochen kontinuierlich gesteigert werden. Dabei orientiert er sich daran, wie sauber der Futtertrog ausgefressen ist. Sind keine Futterreste mehr zu sehen, wird die Menge um 0,5 Einheiten hochgestellt. Das entspricht ca. 0,4 kg. Später wird die Menge nur um 0,25 Einheiten erhöht. Die Futtermengen werden auf einem Blatt festgehalten. Dieses ist an dem von der Decke hängenden Stromkabel mittels einfacher Wäscheklammer angesteckt. „Ich habe zunächst gemeint, dass ich meinen Mitarbeitern nicht auch noch das Führen von Futterkarten aufs Auge drücken kann. Doch diese Arbeit macht sich bezahlt“, ist Brüggemann überzeugt. Ebenso lohnt auch die Mühe, die sich Brüggemanns Mitarbeiter mit früh abgesetzten Ferkeln der Sauen macht, die als Ammensauen eingesetzt werden. Diese verbleiben in der Abferkelbucht und werden aus einem ca. 1 m langen Edelstahltrog mit Brei aus heißem Wasser, Ferkelfutter und Ersatzmilch gefüttert. Dieser wird zu jeder Mahlzeit frisch angerührt. Um dem Futter einen guten Geschmack zu geben, wird etwas Cola eingemischt. Beim Füttern spielt die Troghygiene eine große Rolle. Bevor neues Breifutter in den Trog eingefüllt wird, wird dieser mit Wasser gesäubert. Nach etwa einer Woche fressen die Ferkel ausschließlich festes Futter. Zusammenfassung Christian Brüggemann hat vor anderthalb Jahren einen neuen Sauenstall gebaut und setzt eine hochfruchtbare Sauengenetik ein. Stallplatz- und Arbeitszeitbedarf sind auf die Leistungsfähigkeit der neuen Genetik ausgerichtet. Mit einem ausgeklügelten Ferkelversetz- und Ammensystem schafft der Sauenhalter bei derzeit über 15 lebend geborenen Ferkeln pro Wurf die Saugferkelverluste auf 10 bis 12 % zu beschränken. Auch sein Fütterungs- und Gesundheitsregime ist auf das Leistungsvermögen der Genetik ausgerichtet. Die Arbeitsabläufe sind im Zweiwochenrhythmus gut strukturiert. „Nach der Stresswoche mit Abferkelung und Besamung folgt eine ruhige Woche, in der ich andere Betriebsleiteraufgaben erledigen kann und mehr Zeit für die Familie habe“, hebt der Sauenhalter hervor.