Mäster Frank Feldmann ist vor einem Jahr in die Fermentation eingestiegen. Aufwand und Ertrag des teuren Verfahrens hat er genau ausgelotet.
Michael Werning, SUS
Hohe Investitionskosten, viel Technik und ein komplexer biologischer Prozess. Schweinemäster Frank Feldmann kennt die Bedenken, die beim Thema Fermentation schnell aufkommen. „Die Entscheidung, selbst Futter zu fermentieren, ist auch keine, die aus dem Bauch heraus getroffen werden sollte“, stellt der 41-Jährige aus dem emsländischen Lünne direkt klar.
Nebenprodukte schlugen ein
Der Landwirt hat im Frühjahr 2016 die zentrale Flüssigfütterung für seine 1700 Mastschweine um eine Fermentationsanlage erweitert. Sein Entschluss beruhte vor allem auf den positiven Erfahrungen, die er mit vorfermentierten Nebenprodukten sammeln konnte.
Mit Kartoffeldampfschalen und Weizenquellwasser gehören seit Jahren zwei Abfallerzeugnisse der Lebensmittelindustrie zu den festen Bestandteilen seines Fütterungskonzeptes. Beide Komponenten entstehen in warmen Verarbeitungsprozessen, wodurch sie im weitesten Sinne eine Fermentation durchlaufen bzw. im Anschluss daran nachfermentieren.
Zu ihren herausragendsten Eigenschaften zählen ein hoher Anteil aufgeschlossener Stärke, eine hohe Nährstoffverdaulichkeit sowie ein niedriger pH-Wert. „Durch den Einsatz der Nebenprodukte konnten wir unsere Leistungen auf rund 900 g Tageszunahmen und einen Schnitt von 1,00 Indexpunkten steigern“, so der Mäster.
Mit dem Wissen um die Wirkung fermentierter Futterkomponenten war es für ihn ein logischer Schritt, auch die Fermentation von Rapsextraktionsschrot und Roggen anzugehen. Dafür musste Feldmann die Fütterung um einen Anmischbehälter und zwei 10 m3 große Fermenter ausbauen.
Wie in vielen gewachsenen Betrieben bot seine Futterküche nicht genügend Platz. Eine geeignete Stellfläche war dennoch rasch gefunden, da bereits die Lagerung der Nebenprodukte bzw. des Maises in die nebenstehende Maschinenhalle ausgelagert worden sind.
Auch im Hinblick auf die Warmwasseraufbereitung fand der Schweinemäster eine praktikable Lösung. Um den 6 m3 großen Warmwasserspeicher zu speisen, kommt ein Erdgas-BHKW zum Einsatz, mit dem zusätzlich noch eigener Strom produziert wird.
Anschubwärme nötig
Gebraucht wird die Wärme, um den Fermentationsprozess für die rund 6 m3 Ferment, die der Betrieb täglich benötigt, in Gang zu bringen. Der erste Schritt im vollautomatischen Anmischprozess ist die Eindosierung des Warmwassers in den Anmischbehälter.
Aus hygienischen Gründen wird zunächst eine kleine Menge 65°C heißes Wasser eindosiert, um dann mit rund 40°C warmem Wasser den erforderlichen Anteil zu erreichen. So stellt sich kurz vor Zugabe der Rohstoffe eine Wassertemperatur von über 40°C ein.
Anschließend gibt Feldmann gerechnet auf die Trockenmasse (TM) 45% Rapsextraktionsschrot und 55% nassvermahlenen Roggen hinzu. Dadurch sinkt die Temperatur des Ferments auf die angestrebten 36°C.
Externe Wärme wird ab diesem Zeitpunkt nicht mehr gebraucht. „Durch die freigesetzte Prozesswärme hält das Ferment bis zur Einmischung in die Futterration eine Temperatur von über 34°C“, schildert der Schweinehalter.
Prozess genau getaktet
Um die Fermentation bzw. die Entwicklung des Bakterienmilieus zugunsten der Milchsäurebakterien zu steuern, wird als letztes über einen Trockendosierer eine Milchsäure-Starterkultur hinzugegeben. Auf 1 t Ferment kalkuliert Feldmann mit 500 g Milchsäurebakterien in Granulatform.
Rund 5 Minuten wird das Ferment schonend durchgemischt, bevor es in einen der Fermenter gepumpt wird. Feldmann fermentiert im Batch-Verfahren. Das heißt, er befüllt seine beiden Behälter im Wechsel. „Während in einem Behälter der Fermentationsprozess im Gange ist, wird aus dem anderen Ferment für die Futteranmischung gezogen“, erläutert der Betriebsleiter.
Für ein kontrolliertes Gärungsverfahren ist es extrem wichtig, dass die Fermenter vor der Neubefüllung vollständig entleert und mit Heißwasser durchspült werden. Dafür sind in den Behältern Reinigungsdüsen installiert.
Reste der vorherigen Mischung können die Fermentierung nämlich empfindlich stören. Im schlimmsten Fall erlangen nicht die Milchsäurebakterien die Oberhand, sondern Hefen, Pilze und Essigsäure, und das ganze Ferment droht dann zu verderben.
Ob die Fermentation optimal verläuft, wird mithilfe von pH-Wert-Sensoren überprüft. Zu Beginn des Gärung liegt der pH-Wert der Mixtur bei 5,5. „Bei einer erfolgreichen Fermentation erreichen wir nach acht Stunden einen Wert von 3,7“, so der Betriebsleiter. Pendelt sich der pH-Wert nach dieser Zeit nicht auf unter 4 ein bzw. steigt nach 20 Stunden wieder auf über 5 an, wird im Steuerungssystem automatisch eine Warnmeldung herausgegeben.
Saure Futtersuppe
Verläuft alles nach Plan, beginnt der Landwirt 24 Stunden nach Beginn der Fermentation mit der Verfütterung. Der Anteil der Fermentmischung liegt in seiner Mittelmast-Ration bei fast 34% TM und in der Endmast bei knapp 39% TM. Zu den restlichen Komponenten der Futterration zählen eine Getreide-Vormischung (20% Sojaschrot, 40% Weizen und 40% Gerste), ein Mineralfutter, Kartoffeldampfschalen und das im Weizenquellwasser angemischte Maisschrot (siehe Übersicht).
Mit dieser Zusammensetzung hält der Landwirt den pH-Wert der Ration bis in den Trog bei unter 4. Nach Einschätzung des Landwirts wirkt sich das positiv auf die Futterhygiene und -homogenität aus. „Das Futter steht lange stabil im Trog und sackt nicht ab“, versichert Feldmann. Außerdem ist es durch den Ferment-Zusatz bei der Ausdosierung noch 20°C warm. Das regt die Futteraufnahme der Tiere an.
Dass eine saure Futtersuppe zudem Vorteile in Bezug auf die Tiergesundheit bietet, hat Feldmann schon beim Einsatz von Nebenprodukten feststellen können. „Mit dem niedrigen pH-Wert haben es Schadkeime wie Salmonellen und Coli-Bakterien schwer, sich im Darm anzusiedeln bzw. zu vermehren“, erklärt der staatlich geprüfte Landwirtschaftsleiter. Das belegen auch sein Antibiotika-Therapieindex, der gen Null tendiert, sowie eine sichere Einstufung in die Salmonellen-Kategorie 1.
Eingewöhnung für Ferkel
In Bezug auf die Schmackhaftigkeit müssen allerdings am Anfang Abstriche gemacht werden. „Ferkel mögen es zwar gerne sauer. Im Vergleich zum Fermentfutter ist das letzte Ferkelaufzuchtfutter aber zuckersüß“, so Feldmann. Seiner Erfahrung nach brauchen die Jungtiere Zeit, um sich an das saure Futter zu gewöhnen.
Der Mäster erhält alle 14 Tage rund 200 Ferkel dänischer Genetik von einem Sauenhalter aus der Nachbarschaft. In enger Absprache mit diesem füttert er zunächst über zwei Wochen das letzte Aufzuchtfutter und verschneidet es dann weitere zwei Wochen mit seiner Mittelmastmischung. „So halten wir die Ferkel viel besser am Fressen“, berichtet der Mäster.
Ähnlich fließend ist der Übergang zur Endmast-Ration. Ab dem 60. Masttag werden die Rationen erneut über zwei Wochen miteinander verschnitten, bevor eine Vollumstellung erfolgt.
5 € pro Schwein eingespart
Doch was bleibt für Feldmann neben positiven Futtereigenschaften und einer höheren Tiergesundheit ökonomisch gesehen hängen? Seine Investi-tionskosten belaufen sich auf 30 € pro Mastplatz, wobei die bereits vorhandenen Räumlichkeiten und die Wärmequelle nicht mit einbezogen sind. Außerdem ist zumindest ein kleiner Mehraufwand für die Betreuung der Abläufe nicht von der Hand zu weisen.
Einerseits sind da die günstigen Futterpreise zu nennen, die sich inklusive der Milchsäure-Starterkulturen und des Heißwassers auf 20,50 € für die Mittelmast- und 19 € je dt für die Endmastration belaufen. Der Landwirt kann auf teure Futtersäuren verzichten und mit der hohen Proteinverfügbarkeit des fermentierten Rapses fällt der Bedarf an Sojaextraktionsschrot geringer aus. Außerdem konnte der Betriebsleiter die vormals schon sehr guten Schlachtleistungen und Tageszunahmen weiter stabilisieren.
Den größten finanziellen Pluspunkt sieht der Mäster aber in der absicherbar besseren Futterverwertung. Ohne Fermentation brauchte er 2,75 kg Futter pro kg Zuwachs. Heute sind es ca. 2,5 kg. Allein die eingesparten Futterkosten beziffert er auf 4 bis 5 € pro Schwein. Damit ist die Investition in wenigen Jahren wieder eingespielt.
Interessierten Berufskollegen gibt Feldmann dennoch die Empfehlung, unbedingt selbst mit spitzem Bleistift zu rechnen: „Hohe Investitionskosten, viel Technik und komplexe Prozesse – wer in die Fermentation einsteigen will muss genau wissen, wo er steht und wo er hin möchte.“
Fazit
Vor allem aufgrund guter Erfahrungen mit vorfermentierten Nebenprodukten ging Frank Feldmann dazu über, sein Getreide selbst zu fermentieren.Der Gärprozess ist sensibel und komplex. Die Technik passt aber zum Be-trieb und der hohe Automatisierungsgrad senkt den Betreuungsaufwand.
Den hohen Investitionskosten und viel Technik stehen Vorteile in Bezug auf Futtereigenschaften, Tiergesundheit und Leistung gegenüber. Mit ei-nem Mehrwert von ca. 5€ pro Schwein geht Feldmann davon aus, dass sich die Investition schnell amortisieren wird.