Lungenbefunde helfen, Krankheiten schneller zu behandeln. SUS zeigt, wie Befunddaten zu interpretieren und Lungen-Checks weiter zu verbessern sind.Bei den Schlachtschweinen treten in den letzten Monaten vermehrt Lungenbefunde auf. Trotz relativ dichter Impf-Decke gegen Atemwegs-Erreger sind die Probleme inzwischen ganzjährig feststellbar. Das heißt: Atemwegs-Erkrankungen sind längst kein alleiniges Phänomen der kalten und feuchten Wintermonate mehr. Im Mittel der Betriebe werden heute rund 15 % der Schlachtschweine mit Lungen-, Herz- und Brustfell-Entzündungen beanstandet. Einzelbetrieblich kann der Anteil der Tiere mit Lungenbefunden auf 25 % und mehr ansteigen! Um die Lungenprobleme in den Griff zu bekommen, müssen der Hoftierarzt, der Landwirt und der Berater gemeinsam die Ursachen analysieren. Nur so lassen sich die Leistungen stabilisieren und der Antibiotika-Verbrauch senken. Wichtig ist auch, dass alle Beteiligten ein Gespür für Atemwegsprobleme entwickeln. Denn nicht immer zeigen die Tiere akute Anzeichen wie Husten oder Fieber. Vielmehr sind oft nur schleichende Symptome im Stall erkennbar. Dennoch sind die wirtschaftlichen Verluste enorm. So erschweren selbst kleine Schäden an der Lunge die Atmung und behindern den Sauerstoffaustausch. Zudem raubt jede Entzündung der Lunge dem Tier wertvolle Energie. Die Schweine reagieren mit verminderter Futteraufnahme bzw. Gewichtsentwicklung und sind anfälliger für andere Krankheiten. Wie sehr Organschäden die biologischen Leistungen in der Mast drücken können, zeigt eine Datenauswertung der IQ-Agrarservice GmbH in Osnabrück. Sie hat mithilfe der Einzeltierkennzeichnung Schweine über die Mast bis hin zur Schlachtung verfolgt. Hierbei wurden die Befunddaten aus den Schlachthöfen in Relation zur Mastleistung gesetzt. Das Ergebnis: Tiere mit Organbefunden erzielen im Mittel etwa 75 g geringere Tageszunahmen als solche ohne Organschäden. Allein das verlangsamte Wachstum führt zu Schäden von bis zu 2,50 €/Tier. Hinzu kommen Kosten für Behandlungen und für Tierverluste. Weitere Schäden entstehen durch die schlechtere Umsetzung des Futters. Der Tiergesundheitsdienst der Niederlande (GD) hat in seine Kalkulation daher neben verminderten Tageszunahmen eine Verschlechterung der Futterverwertung um 0,1 bzw. 0,2 Punkte aufgenommen. Der Ausbruch einer Mykoplasmen-Erkrankung schlägt demnach mit Gesamtkosten von mehr als 6 € je erkranktem Tier zu Buche (siehe Übersicht 1). Bei chronischen Atemwegs-Entzündungen müssen die Mäster sogar mit Schäden von nahezu 9 € je Schwein kalkulieren. Das heißt: Es ist unverzichtbar, dass man Lungenbefunden auf den Grund geht. Wertvolle Hinweise hierzu liefert die Lungenbewertung des Amtstierarztes am Schlachtband. Leider nutzen die meisten Mäster diese kostenlose Informationsquelle noch zu wenig. Werden vermehrt Lungen beanstandet, ist dies ein Alarmsignal für Atemwegsprobleme im Bestand. Dies gilt insbesondere, wenn der Anteil der Tiere mit Lungenveränderungen steigt. Die Art und Ausprägung des Lungenbefundes können zudem erste Hinweise auf die Krankheitsursache liefern. Eine weitergehende Diagnose können die Befunddaten allerdings nicht ersetzen. Um die Aussagekraft der Organbefunde zu erhöhen, hat die Tierärztliche Hochschule Hannover kürzlich einen Vorschlag zur einheitlichen und vollständigen Anwendung des amtlichen Befunddaten-Schlüssels vorgestellt. Dabei werden die Lungen je nach Umfang der Schäden drei Kategorien zugeordnet (siehe Übersicht 2). Zudem werden Veränderungen bzw. Verwachsungen am Brustfell sowie die Herzbeutel und Lebern bewertet. Sehr wichtig ist weiterhin, dass die Amtstierärzte umfangreich für die Organbefundung geschult werden und genügend Zeit für die Beurteilung der einzelnen Schweine haben. Die Personalplanung ist deshalb stets auf die jeweilige Geschwindigkeit des Schlachtbandes abzustimmen. Einen Einfluss auf die Ergebnisse haben außerdem die im Schlachthof eingesetzten Betäubungs- und Brühverfahren. Neben der Organbefundung durch den Amtstierarzt kann es beim Verdacht auf Atemwegs-Erkrankungen sinnvoll sein, die Lungen bzw. das Brustfell der Schlachttiere genauer zu untersuchen. Die Schlüsselrolle hat dabei der Hoftierarzt. Er kennt die Haltungsbedingungen und die gesundheitliche Situation im Bestand und kann diese direkt in Bezug zu den Lungenbefunden setzen. Allerdings gehört die Organbewertung im Schlachthof keineswegs zu den Routinearbeiten und bedarf einiger Vorkenntnisse. Das heißt: Der Hoftierarzt sollte unbedingt über umfangreiche Erfahrungen auf diesem Gebiet verfügen. Wichtig ist auch, dass der Tierarzt die Organbewertung akribisch plant und mit dem Schlachthof abstimmt. Der renomierte Tierarzt Dr. François Madec vom französischen Institut für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (Anses) gibt hierzu detaillierte Tipps: Auch der Experte Madec weist ausdrücklich darauf hin, dass die Lungenbefundung am laufenden Schlachtband sehr gute Vorkenntnisse erfordert. Zudem kann sie die weitere Diagnostik nicht ersetzen. So sollten nach dem Lungen-Check im Schlachthof unbedingt Untersuchungen im Bestand und im Labor folgen. Der Lungen-Check hilft dabei, die Untersuchungen gezielt einzugrenzen. Das spart Zeit und Kosten. Atemwegsbeschwerden machen in vielen Mastbetrieben Probleme. Die Folge sind verminderte Zunahmen und eine erhöhte Krankheitsanfälligkeit. Beides führt zu finanziellen Einbußen. Um gegenzusteuern, sind die Ursachen genau zu analysieren. Als Frühwarnsystem liefern die Organbefunde der amtlichen Fleischbeschau am Schlachthof wertvolle Hinweise. Bei Bedarf kann der Hoftierarzt die Ergebnisse durch Lungen-Checks am Schlachtband untermauern. Dies erleichtert die weitere Krankheitsdiagnose und hilft, Kosten zu sparen. Bis zu 2,50 € Schaden je Tier Befunddaten liefern erste Hinweise Im Zweifel gezielte Lungen-Checks Fazit Stimmen Sie den Schlachthofbesuch und den Einsatzort mit dem Betreiber ab. Nutzen Sie für den Lungen-Check einen einheitlichen Bewertungsschlüssel. Dieser sollte eine klare Definition gesunder Lungen enthalten und einfach zu handhaben sein. Verschiedene Schlüssel von Straw, Christensen, Hannan und Madec erfüllen diese Vorgaben. Schließen Sie bei der Untersuchung auch Veränderungen am Brustfell sowie Anomalien der Lunge mit ein. Stellen Sie sicher, dass die Tiere eindeutig dem Betrieb, besser noch bestimmten Abteilen zuzuordnen sind. Tragen Sie für die Dokumentation ein Tonbandgerät. So haben Sie beide Hände frei für die Befundung. Nehmen Sie bei normaler Bandgeschwindigkeit etwa jedes dritte Schlachttier in Augenschein. Für aussagekräftige Ergebnisse ist die randomisierte Auswahl und Bewertung von 30 Lungen ratsam. Für detaillierte Checks sollten die Lungen entnommen und an einem zugewiesen Ort in Ruhe bewertet werden. -Fred Schnippe, SUS-Redaktion-