Praxisfall: In einem 400-Sauen-Betrieb traten in einer Abferkelgruppe plötzlich vermehrt Saugferkelverluste auf. Ursache war die „Vomiting and Wasting Disease“.Eigentlich hatte Ferkelerzeuger Wilhelm Spahn (Name v. d. Redaktion geändert) seinen 400-Sauen-Betrieb gesundheits-technisch immer gut im Griff. In puncto Hygiene arbeitet er peinlich genau und trennt auch die Altersgruppen streng. Der Betrieb ist Eigenremontierer und PRRS-unverdächtig, in Salmonellen-Kategorie 1 sowie klinisch APP-unverdächtig. Die durchschnittliche Leistung liegt bei über 26 Ferkeln je Sau und Jahr. Doch als der Schweinehalter eines Morgens seinen Abferkelstall betritt, zeigt sich ein erschreckendes Bild: Bei einer ganzen Reihe der acht bis zehn Tage alten Saugferkel einer Abferkelgruppe mit 52 Sauen beobachtete der Landwirt Erbrechen, einen schwankenden Gang und orientierungsloses Umherlaufen in der Bucht. Die entsprechenden Ferkel säugten nur zögerlich und erbrachen die aufgenommene Milch im Anschluss wieder, oder sie verweigerten den Saugakt ganz. Einzelne Ferkel waren bereits verendet. Bei der klinischen Bestandsuntersuchung durch die herbeigerufene Bestandstierärztin am nächsten Tag waren die Symptome noch deutlicher: Das Allgemeinbefinden vieler Ferkel war schlecht. Sie suchten das Gesäuge auf, doch anstatt zu säugen gingen sie plötzlich rückwärts und verharrten teilweise in hundesitziger Stellung. Es waren mehrere Ferkel beim Erbrechen zu beobachten, ebenso lag Erbrochenes umher. Durchfall trat jedoch nicht auf. Rund 25 % der Ferkel waren bereits deutlich ausgetrocknet, die Haut faltig und sichtbar gerötet. Es zeigte sich keine Kopfschiefhaltung, wohl aber eine deutliche Orientierungslosigkeit und ein Umherirren „wie benommen“, was Hinweise auf eine Beteiligung des Gehirns am Erkrankungsgeschehen lieferte. Auch zitterten viele Ferkel und schienen dabei zu frieren. Trotz ausreichend warmer Heizplatten und Strahlern in den Ferkelnestern kauerten die Ferkel teilweise in „dreilagigen“ Haufen zusammen. Stark geschwächte Ferkel lagen mit Ruderbewegungen auf der Seite und verendeten bzw. wurden erdrückt. Ihre Körper waren zum Teil blaurot verfärbt. Während die Sauen keinerlei Krankheitssymptome zeigten, starben bei den Ferkeln über 20 % dieser Abferkelgruppe bereits in den ersten Tagen der Erkrankung. Dabei lagen die Saugferkelverluste des Betriebes normalerweise bei unter 11 % während der gesamten Säugezeit. Auffallend hierbei war, dass je Wurf nur ein Teil der Ferkel erkrankte. Einige Tiere schienen völlig normal. Auch waren nicht alle Würfe gleich stark betroffen. Zwischen Jung- und Altsauen-Würfen war kein Unterschied zu beobachten. Die zuständige Tierärztin führte sofort eine antibiotische und entzündungshemmende Behandlung per Injektion durch. Darüber hinaus flößte sie den erkrankten Ferkeln Elektrolyte ein. Zusätzlich wurde eine Sektion zweier typisch verendeter Ferkel angeordnet und noch am selben Tag eingeleitet. Die eingeleiteten Behandlungsmaßnahmen im Betrieb zeigten Erfolge. Bei stärkeren Ferkeln nahmen das Erbrechen und die Verhaltensstörung zunächst deutlich ab, bei den bereits stark geschwächten Tieren kam es in den Folgetagen weiter zu Verlusten. Die Behandlung wurde fortgeführt. Der erste Sektionsbefund erbrachte keine Hinweise auf ein bakterielles Geschehen. Es wurden Veränderungen an Herz, Lunge und Leber festgestellt. Besonders auffällig war das Fehlen von Mageninhalt. Hier fand sich lediglich grün-galliger Schleim – statt Milchbestandteile, was normal zu erwarten ist. Bei der eingeleiteten feingeweblichen Untersuchung wurde eine hochgradige Lungenentzündung in typischer Ausprägung für eine Virusinfektion sowie eine hochgradige nichteitrige Entzündung des Gehirns festgestellt. Die mikrobiologische Untersuchung der Hirnhäute auf Streptokokken oder andere bakterielle Erreger verlief negativ. Virusuntersuchungen auf PRRS, Aujeszky, Europäische Schweinepest und PCV-2 erbrachten ebenfalls ein negatives Ergebnis. Aufgrund des klinischen Verlaufs sowie der bei den eingeleiteten Untersuchungen festgestellten Veränderungen konnte jedoch eine Verdachtsdiagnose gestellt werden: Mutmaßlich handelte es sich um eine Infektion mit dem porzinen Coronavirus Typ 2, welches die Ursache für die so genannte „Vomiting and Wasting Disease“ (Erbrechen und Kümmern der Saugferkel) ist. Weitere histologische Untersuchungen an Gehirnschnitten erhärteten diesen Verdacht. Ein sicheres labordiagnostisches Verfahren zur Absicherung der Diagnose „Coronavirus Typ 2“ ist leider nicht verfügbar, da sich das Virus im Tier vor allem über Nerven und nicht über die Blutbahn verbreitet. Eine Messung von Serumantikörpern gilt aufgrund der weiten Verbreitung des Virus als unbrauchbar. Weil weitere virale und bakterielle Erreger ähnliche zentralnervöse Ausfallerscheinungen bei Ferkeln verursachen können, kann die Verdachtsdiagnose „Coronavirus-Infektion“ nur mit tierärztlicher Erfahrung unter Berücksichtigung des klinischen Bildes, des Sektionsbefundes und der histologischen Untersuchung gestellt werden. Dazu muss man wissen: Der Erreger ist weltweit in nahezu allen Schweinebeständen vorhanden, führt jedoch selten zu Krankheitserscheinungen. Denn normalerweise entwickelt das Schwein auf natürliche Weise eine ausgeprägte Immunität gegen den Erreger, weil dieser das Immunsystem stark stimuliert. Das Virus findet sich im oberen Atmungstrakt vieler Schweine, ohne jemals zu Erkrankungen zu führen. Eine Infektion von Schwein zu Schwein (horizontal) bzw. von Sau zu Ferkel (vertikal) verläuft in den Beständen dabei üblicherweise unbemerkt und ohne sichtbare Symptome. Mütterliche Antikörper schützen die Ferkel für vier bis 18 Wochen vor einer Erkrankung. In dieser Zeit haben die Ferkel eine eigene belastbare Immunität entwickelt. Die klinische Erkrankung tritt ausschließlich in gut abgeschirmten Herden mit strikter Trennung der Altersgruppen auf. Denn weil sie ohne Viruskontakt nicht trainiert werden, bauen die Schweine keine natürliche Abwehr auf. Kommt es nun zu einer plötzlichen Vermehrung bei einem erkrankten Tier, so breitet sich das Virus sehr rasch im Bestand aus. Aufgrund der starken immunogenen Wirkung beschränkt sich die Erkrankung meistens auf nur eine Abferkelgruppe. Bereits nach drei Wochen haben sowohl überlebende Ferkel als auch die Sauen des Bestandes eine belastbare Immunität entwickelt. Nach Ausfindigmachen der Erkrankungsursache wurden auf dem Betrieb Spahn Maßnahmen ergriffen, die eine natürliche Durchseuchung des Bestandes förderten, um einer erneuten klinischen Erkrankung vorzubeugen. Dazu wurden Tiere kontrolliert untereinander in Kontakt gebracht. Besonderes Augenmerk legt man nun auf die Eingliederung der Jungsauen, da diese allgemein verstärkt betroffen sind. In der zweiten Phase der Eingliederung werden Kontakte zu Alttieren aus dem Bestand hergestellt. Dadurch kann sich das Immunsystem der einzugliedernden Sauen kontrolliert an die herdenspezifische Keimumwelt des Bestandes anpassen. Die Sauen bilden Antikörper, die sie an ihre Ferkel weitergeben und diese so vor der Erkrankung schützen. Die Ferkel der darauffolgenden Abferkelgruppe zeigten nur noch geringfügig milde Symptome. Die Erkrankung verschwand schließlich so schnell, wie sie gekommen war. Durch sofortige unterstützende Behandlung der überlebenden Ferkel betrug der Gesamtverlust bei dieser Abferkelgruppe 45 %. In der Literatur sind hingegen bis zu 100 % Verluste beschrieben. Problematisch ist das Kümmern überlebender Ferkel, die zwar die Erkrankung überstanden haben, aber die verminderte Zunahmeleistung nicht mehr ausgleichen können. Grund ist eine virusbedingte Veränderung in den Nerven der Magenwand, die zu einer bleibenden Verzögerung der Magenentleerung führt. Die Ursache für den Erregereintrag konnte in diesem Fall nicht geklärt werden. Da Würfe von Jung- und Altsauen gleichermaßen betroffen waren, vermutet man einen Erregerneueintrag. Aller Wahrscheinlichkeit nach war die Herde aufgrund des hohen Hygienestatus frei von diesem Erreger, so dass eine große Empfänglichkeit bestand. Das Herausfallen einer Lüftungsklappe wenige Tage vor Ausbruch der Krankheit und die dadurch entstandene Zugluft könnten eine zusätzliche Belastung dargestellt haben. In einem Ferkelerzeuger-Betrieb traten unvermittelt hohe Saugferkelverluste in einer Abferkelgruppe auf. Während ein Teil der Ferkel völlig gesund zu sein schien, zeigte ein anderer Teil abnormales Verhalten wie Orientierungslosigkeit und Erbrechen. Die Sektion toter Ferkel sowie Gewebeanalysen bestätigten den Verdacht auf die Vomiting and Wasting Disease (Erbrechen und Kümmern beim Saugferkel). Der Erreger ist ein weit verbreitetes Coronavirus, das gerade in Betrieben mit hohem Gesundheitsstatus, guter Abschirmung und strenger Trennung der Altersgruppen Probleme machen und bei Saugferkeln die genannten klinischen Symptome auslösen kann. Ein für Schweine zugelassener Impfstoff ist nicht verfügbar. Doch bereits nach drei Wochen haben die überlebenden Ferkel und die Sauen des Bestandes aufgrund der starken immunogenen Wirkung des Erregers eine belastbare Immunität entwickelt. Zur Vorbeugung sollte vor allem die Adaption der Jungsauen an die herdenspezifische Keimumwelt des Bestandes sorgfältig erfolgen. Nur dann können diese ausreichend mütterliche Antikörper bilden und an ihre Ferkel weitergeben. Taumelnde Ferkel Sofort Sektion toter Ferkel eingeleitet Virus kommt überall vor Überlebende Ferkel bleiben schwach Wir halten fest -Dr. Maria Gellermann, Veterinärgesellschaft im BHZP-