SUS: Die Antibiotika-Datenbank soll Transparenz schaffen. Ist das der richtige Weg? Festag: Ja, denn der gesellschaftliche Druck ist groß. Und die frühere Zuordnung der Abgabe-Mengen in Postleitzahlen-Regionen zeigte ein verzerrtes Bild. Ich befürworte daher die Antibiotika-Datenbank. So zeigen wir, dass wir das Thema ernst nehmen und können über handfeste Zahlen diskutieren. Wichtig ist aber, dass wir keinen Papiertiger schaffen! SUS: Wie erreichen wir dieses Ziel? Dauwe: Unverzichtbar ist, dass Landwirte und Berater auf die Auswertungen zu- greifen können. Nur so kann ich meinen Medikamenteneinsatz mit anderen, ähnlich aufgestellten Betrieben vergleichen und optimieren. Bei allen Vorbehalten gegen die Datenbank sollten wir diesen Vorteil nicht aus dem Auge verlieren. SUS: Kritikpunkt bleibt der bürokratische Aufwand. Bischoff: Richtig! Allerdings deligiert der Landwirt die Eingabe der Antibiotika-Daten in der Regel an seinen Tierarzt. Für eine effektive Erfassung wurde eine Schnittstelle zwischen unserer Praxissoftware und der Antibiotika-Datenbank eingerichtet. So können wir Daten aus den Abgabe- und Anwendungsbelegen direkt in die QS-Datenbank übermitteln. Allerdings haben wir rund sechs Monate getüftelt, bis die Schnittstelle sicher funktionierte. SUS: Wie hoch ist der Zeitaufwand? Bischoff: Die Datenübermittlung selbst dauert nur wenige Minuten. Doch bevor das System lief, mussten wir die Stammdaten jedes Kundenbetriebes aufbereiten. Das hat im Mittel rund 20 Minuten je Betrieb gedauert. Aufwendig ist auch die Erfassung von unverbrauchten Restmengen. Um belastbare Daten zu bekommen, müssen wir Restmengen deaktivieren und bei einer nächsten Verschreibung neu zuordnen. SUS: Wie hoch ist die Fehlerquote? Festag: Die Eingabe durch den Tierarzt bringt eine hohe Sicherheit. Denn er kann die Plausibilität prüfen und bei Unstimmigkeiten z. B. hinsichtlich der Dosierung nachhaken. Wichtig ist zudem, dass die Medikamente schon auf dem Abgabebeleg exakt der behandelten Tiergruppe zugeordnet werden. Wir brauchen hier eine enge Zusammenarbeit von Tierarzt und Landwirt. Denn viele Betriebe verfügen über mehrere Standorte bzw. VVVO-Nummern. SUS: Wichtig ist auch die exakte Erfassung des Tierbestandes. Dauwe: Ja. Denn aussagekräftige Ergebnisse erzielen wir nur, wenn der gemeldete Tierbestand die Situation im Betrieb möglichst genau widerspiegelt. Je nach Tageszunahmen, Belegdichte und Einstallrhythmus kann der Tierbestand aber stark schwanken. Der Landwirt sollte die Meldung des Tierbestandes daher unbedingt mit dem Berater des Bündlers abstimmen. SUS: Neben QS startet die staatliche Datenbank. Wie vermeiden wir Doppeleingaben? Bischoff: Als Tierarzt möchte ich an der Datenübermittlung an QS festhalten. Denn nach monatelanger Vorarbeit sind wir froh, dass wir endlich eine funktionierende Schnittstelle zur QS-Datenbank aufgebaut haben. Um Doppeleingaben zu vermeiden, sollten die Anwendungs-Daten von QS an die staatliche Datenbank weitergeleitet werden. Ob dies über die bestehende Schnittstelle oder aus der QS-Datenbank geschieht, ist aus meiner Sicht zweitrangig. SUS: Ist dies rechtlich möglich? Festag: Laut Arzneimittel-Gesetz darf der Landwirt die Meldung in die staatliche Antibiotika-Datenbank an Dritte deligieren. Dies kann der Hoftierarzt oder QS sein. Das heißt: Die Weiterleitung der Daten von QS an das staatliche System ist machbar. SUS: Wofür brauchen wir zwei Datenbanken? Dauwe: Grundsätzlich reicht eine Datenbank aus. Doch bestehen beide Systeme auf ihre Position. Mit der QS-Datenbank hat die Fleischbranche als Erster ein System zum Antibiotika-Monitoring entwickelt. Die neu hinzukommende staatliche Datenbank ist gesetzlich verankert und damit gesetzt. Die Landwirte können vom Parallelbetrieb profitieren, wenn die Systeme schlank bleiben und eine Arbeitsteilung anstreben. SUS: Wie kann dieses aussehen? Festag: Die QS-Datenbank eignet sich gut als Instrument für die Beratung. Denn das System kann sich flexibel an neue Trends und Fragestellungen anpassen. Bei der staatlichen Datenbank steht die Überwachung im Vordergrund. SUS: Wer ist für die Daten verantwortlich? Dauwe: Uns Landwirten muss bewusst sein, dass letztlich wir die Verantwortung für die an die Datenbank gelieferten Informationen tragen. Das gilt auch, wenn wir den Tierarzt mit der Dateneingabe betrauen. Wir sollten daher die eingestellten Information regelmäßig mithilfe der Beratung prüfen. Denn spätestens, wenn ein Betrieb mit hohen Antibiotika-Mengen auffällt, steht der Landwirt im Fokus. SUS: Kann es Betriebe unverschuldet treffen? Bischoff: Ja! Auch Spitzenbetriebe sind nicht davor gefeit, dass z.B. PRRS die Sauenherde oder Streptokokken das Flatdeck treffen. Wichtig ist, dass wir in diesen Fällen genug Spielraum für eine effektive Behandlung behalten. Insbesondere, wenn phasenweise mehr Antibiotika eingesetzt werden müssen, sollten wir bei der Bewertung des Betriebes nicht nur auf die Kennzahlen der Antibiotika-Datenbank schauen. SUS: Wo drohen die größten Probleme? Bischoff: Knackpunkt ist die Ferkelaufzucht. Denn sie ist quasi der Kindergarten, wo viele junge Tiere zusammentreffen. In der Aufzucht werden wir zur Gesunderhaltung auch künftig Antibiotika benötigen. Dies sollten wir offen kommunizieren. SUS: Wie steht es um die Sauen und Mast? Festag: Im Sauenbereich sorgen wir mithilfe von intensiven Impfprogrammen für eine stabile Tiergesundheit. Auch in der Mast kommen wir weitgehend ohne Medikamente aus. Dies sollten wir aktiv in Richtung der Verbraucher kommunizieren. Denn für die Lebensmittelsicherheit ist es besonders wichtig, dass wir in der Mast wenig behandeln. Hier ist der Weg vom Tier bis zum Schnitzel am kürzesten. SUS: Welche Sanktionen sind angemessen? Dauwe: Mittelfristig werden wir nur Verbesserungen erzielen, wenn auffällige Betriebe mit Konsequenzen rechnen müssen. Allerdings sind Sanktionen derzeit verfrüht. Wichtig ist zunächst, dass die Datenbanken stabil laufen und alle Betriebe erfasst sind. Mit den ersten Auswertungen kann ich dann bewerten, wo der eigene Betrieb steht. Bei Bedarf kann ich anschließend mit dem Hoftierarzt ein Optimierungskonzept entwickeln. Der gesamte Ablauf kann zwei bis drei Jahre in Anspruch nehmen. SUS: Besteht die Gefahr, dass kranke Tiere künftig unbehandelt bleiben? Bischoff: Die Gefahr sehe ich nicht. Denn die Landwirte sind sich ihrer Verantworung für die Tiere bewusst. Allein aus Tierschutzgründen müssen wir kranke Tiere weiter behandeln können. Das schließt Antibiotika mit ein. Zudem verursachen kranke Tiere erhebliche finanzielle Schäden. Die kann sich heute niemand mehr leisten. SUS: Wie können wir dem vorbeugen? Bischoff: Wir werden unsere Praxis mit einem eigenen Sektionsraum ausstatten, um kranke Tiere schnell und effektiv weiterführend zu untersuchen. Ich erhoffe mir von unseren Kunden mehr Bereitschaft für eine intensive Diagnostik. Ziel ist zum Beispiel die Entwicklung stallspezifischer Vakzine. SUS: Was können die Praktiker tun? Festag: Die intensive Tierbeobachtung wird wichtiger denn je. Im Idealfall erkennen wir Probleme, bevor sich eine Erkrankung massiv ausbreiten kann. Die Tierkontrolle muss fester Bestandteil im Tagesablauf sein. Wir müssen dafür mehr Zeit einplanen. Oft kommen wir dann noch mit nicht-antibiotischen Behandlungen aus. Dies kann eine Säurezulage im Tränkwasser oder der Einsatz von Aspirin sein. Dauwe: Wir müssen die Tiere so stabilisieren, dass Krankheiten gar nicht erst ausbrechen können. Basis ist ein ausgefeiltes Impf- und Hygiene-Regime. Zudem muss das Management auf den Prüfstand. Hierzu gehören insbesondere die Belegdichte, das Stallklima und die Fütterung. Die Zeit, Management-Fehler mit Medikamenten zu kaschieren, ist definitiv vorbei. Interview: Fred Schnippe, SUS Erheblicher Zeitaufwand Keine Doppeleingabe! Landwirt ist verantwortlich Problemfeld Ferkelaufzucht Tiere intensiver beobachten Wie lässt sich das Antibiotika-Monitoring praxisnah umsetzen? Wie können Landwirte profitieren? SUS hat mit einem Landwirt, einem Berater und einem Tierarzt diskutiert.