Mit Einführung der Ebermast könnten wachstumsbetonte Vaterlinien Vorteile bieten. Die PIC hat die Anpassung der Zucht und die Eliminierung des Ebergeruchs in fünf Schritten durchgespielt. Bei den Vaterrassen ist bislang auf Zunahme, Futterverwertung und Schlachtkörperqualität gezüchtet worden. In der Vergangenheit hatte auch die Stresssanierung eine Bedeutung. Heute wird eine Verbesserung der Fleischqualität vor allem über niedrigere Tropfsaftverluste angestrebt. Neuere Überlegungen zielen zudem darauf ab, die Vitalität der Endprodukte züchterisch zu verbessern. Zuchtziele neu einstellen Welche Merkmale künftig eine größere Rolle spielen werden, hängt auch von der aktuellen Diskussion um die betäubungslose Ferkelkastration ab. Nach derzeitigem Stand ist damit zu rechnen, dass sie mittelfristig verboten wird. Das hätte zur Folge, dass etliche Betriebe auf die Jungebermast umstellen. Das setzt wiederum eine automatisierte Geruchserkennung am Schlachtband voraus. Denn es darf kein Schlachtkörper mit Geruchsanhaftung unkontrolliert in den Handel gelangen! Zudem ist alles daran zu setzen, die Rate der mit Ebergeruch belasteten Schlachtkörper zu reduzieren. In diesem Zusammenhang ist auch die Zucht gefordert, gegen Ebergeruch zu selektieren. Dies wird dadurch erreicht, indem der Androstenon- und Skatolgehalt im Fett gemessen und bei der Selektion entsprechend berücksichtigt wird. Beide Stoffe haben entscheidenden Einfluss auf den Ebergeruch. Bislang werden in Deutschland auf der Vaterseite vor allem Piétraineber eingesetzt. Die Einführung der Ebermast und die Zucht gegen Ebergeruch könnte dazu führen, dass neue Ebervarianten ins Gespräch kommen. Warum das so ist, zeigt eine Simulationsstudie der PIC. Im Vergleich sind eine weiße synthetische Linie (Linie S), Duroc (Linie D), Hampshire (Linie H) sowie Piétrain (Linie P). Dabei ist zu beachten, dass die Leistungsprofile dieser vier Linien PIC-spezifisch und die vorgestellten Ergebnisse der Zuchtarbeit nicht auf andere Populationen übertragbar sind. Für die Simulation wurden folgende Eckpunkte definiert: In der EU werden die Ferkel nicht mehr kastriert und es setzt sich die Jung-ebermast durch. Die Jungeber weisen im Vergleich zu Börgen deutlich höhere Fleischanteile und eine verbesserte Futterverwertung auf. Die Schlachthöfe in der EU ändern ihre MFA-Masken nicht wesentlich. Das heißt, dass Muskelfleisch nicht besser bezahlt wird. Die Schlachthöfe erfassen an möglichst vielen Tieren mit bekannter Abstammung, ob den Schlachtkörpern Ebergruch anhaftet oder nicht. Dies kann über elektronische Nasen erfolgen. Sollte diese Technik nicht so schnell zur Verfügung stehen, wird man auf Riechtests ausweichen. Schlachtkörper mit anhaftendem Ebergeruch führen zu einem Minder-erlös. Zum einen fallen zusätzliche Erfassungs- und Logistikkosten an. Zum anderen ist eine Wertreduzierung einzukalkulieren. Beides zusammen mindert den Erlös eines positiven Schlachtkörpers um 0,20 € je kg SG. Es stehen für die BLUP-Zuchtwertschätzung gesicherte Daten aus der Eigenleistungsprüfung und Leistungen von reinrassigen Verwandten sowie F2-Halbgeschwisterleistungen aus dem Feld zur Verfügung. Ebergeruch-Sanierung in fünf Schritten In Übersicht 1 (Seite 58) werden verschiedene Szenarien durchgespielt. Ausgangspunkt ist die momentane Situation: Alle männlichen Ferkel werden kastriert und die Schlachtkörper der Börge weisen weniger MFA auf. Nach aktuellem Stand auf den europäischen Märkten hat die wachstumsbetonte Linie S die Nase vorn. Sollte die Kastration nicht mehr möglich sein und werden stattdessen Eber gemästet, wird der durchschnittliche Fleischanteil der Schlachttiere insgesamt steigen. Fleischreichere Linien wie die PIC-Linien S, P und H werden an Wert verlieren (Situation b). Duroc-Kreuzungen, die gute Leistungen in puncto Wachstum und Mortalität zeigen, verzeichnen plötzlich einen höheren Produktionsindex. Damit nicht genug: Wird nicht mehr auf Fleisch selektiert (Grenzerlös gleich Null), könnte stärker in Richtung Wachstum und Mortalität gezüchtet werden. In einer solchen Situation bietet die Duroc-Linie nochmals Vorteile. Die Piétrain-Linie hat jetzt im Vergleich der vier Linien den niedrigsten Indexwert (Situation c). Nach dieser Phase soll bei konstantem Fleischanteil der Ebergeruchsindex verbessert werden. Dabei wird der Selektionsdruck auf dieses Merkmal so eingestellt, dass je Generation 1 % weniger Tiere mit Geruchsanhaftungen auftreten. Da die PIC-Linie H in puncto Ebergeruch am meisten belastet ist, verliert diese Linie in dieser Phase am meisten. Bei der synthetischen Linie S und der Piétrain-Linie kommen weniger Tiere mit Geruchsanhaftung vor, die Duroc-Linie liegt dazwischen (Situation d). In dieser Phase ist die Bandbreite zwischen den vier Linien am größten. Trotz einer züchterischen Sanierung der Linien wird man mit einem Restanteil von 2 bis 3 % belasteter Schlachtkörper leben müssen. Die letzten Prozente lassen sich vermutlich nur mit Hilfe von DNA-Markern eliminieren. Nach Abschluss der züchterischen Ebergeruch-Sanierung, die vermutlich fünf bis zehn Jahre in Anspruch nehmen wird, könnte am Ende wieder die Situation c relevant werden. Dies wird in der Übersicht durch das Szenario e dargestellt. In dieser Phase gilt es, die Frequenz von Schlachtkörpern mit Geruchsanhaftung auf niedrigem Niveau zu halten. Das bedeutet, dass man sich wieder anderen Merkmalen stärker widmen kann. Verglichen mit der Ausgangssituation liegen die vier Linien nach Abschluss der Ebergeruch-Sanierung wieder sehr dicht zusammen. Das liegt daran, dass in dieser Phase das ökonomische Merkmal „Fleischanteil“ kaum noch Bedeutung hat. Der Selektionsdruck auf dieses Merkmal ist so eingestellt, dass das erreichte Niveau lediglich gehalten wird. Bleibt festzuhalten Die Ebermast und die Selektion gegen Ebergeruch werden vermutlich zu einer neuen Rangierung der Eberlinien führen. Zum einen werden mit Einführung der Ebermast im Schnitt höhere Fleischanteile erreicht, so dass der Fokus stärker auf andere Zuchtmerkmale wie Wuchs und Vitalität gerichtet werden kann. Zum anderen ist davon auszugehen, dass die Ebergeruch-Sanierung in den verschiedenen Linien unterschiedlich lange dauern wird, so dass sich hieraus Vor- bzw. Nachteile für einzelne Linien ergeben können.