Schweizer Züchter setzen bei den Mutterlinien auf Elite-Paarungen und eine zentrale Eigenleistungsprüfung. Das Ziel ist die Verbesserung der Qualität nachrückender KB-Eber. Ein wichtiger Hebel in einem Zuchtprogramm ist die Qualität der nachrückenden KB-Eber. Je größer das Angebot potenzieller Kandidaten ist, desto strenger kann selektiert werden und desto höher ist in der Regel auch das genetische Niveau. Dieser Grundsatz gilt insbesondere auch bei den Mutterlinien. Vor etwa zehn Jahren beobachtete man in der Schweiz, dass das Angebot züchterisch hochwertiger Jungeber bei den Mutterlinien Schweizer Landrasse (SL) und Schweizer Edelschwein (SE) immer kleiner wurde. Der Grund dafür war, dass sich viele Zuchtbetriebe auf die Produktion von Kreuzungssauen konzentrierten und keine Jungeber mehr aufziehen wollten. Um gegenzusteuern, hat die Suisag als zentrale Herdbuch- und KB-Organisation ein Programm zur Beschaffung von KB-Ebern aufgelegt. Dieses beinhaltet sowohl ein Elite-Paarungsprogramm als auch eine zentrale Eberaufzucht mit zweistufiger Eberselektion. Übersicht 1 zeigt den zeitlichen Ablauf von der Elite-Paarung bis zum KB-Einsatz des nach strengen Kriterien selektierten Jungebers. Durch das Elite-Paarungsprogramm können auch züchterisch hochwertige Sauen zur Erzeugung neuer KB-Eber genutzt werden, die auf Betrieben stehen, welche kein Interesse an einer eigenen Eberaufzucht haben. Insgesamt sind 40 Kernzuchtherden eingebunden. Potenzielle Ebermütter müssen eine Reihe von Mindestkriterien erfüllen. So werden z.B. Kandidaten mit erheblichen negativen Ausreißern in Teilzuchtwerten nicht für Elite-Paarungen genutzt. Beim Edelschwein sollten die Sauen zusätzlich am ColiF18-Genort reinerbig resistent (A/A) sein. Die endgültige Auswahl der Sauen und Eber für Elite-Paarungen erfolgt mithilfe eines Computerprogrammes. Dieses berücksichtigt neben dem Gesamtzuchtwert auch die Verwandtschaft eines Tieres zur aktiven Zuchtpopulation. Um die genetische Vielfalt zu erhalten, wird bei ähnlichem Gesamtzuchtwert das Tier ausgewählt, welches weniger enge Verwandte in der Population hat. Auf diese Weise werden monatlich rund 55 Edelschweinsauen für Elite-Paarungen ausgewählt. Die Schweizer Landrassepopulation ist zu klein, um völlig eigenständig erfolgreich gezüchtet zu werden. Daher werden alle sechs Wochen zehn Elite-Sauen mit französischem Importsperma besamt. Nach der Selektion von Sauen und Ebern erfolgt die Festlegung der Anpaarungen. Dabei sollen kleinere Schwächen einer Sau durch einen entsprechenden Eber ausgeglichen werden. Aus den vielen theoretisch möglichen Paarungskombinationen sucht ein EDV-Programm diejenigen, die die Gesamtbewertungen der 55 Paarungen maximieren, also den besten Anpaarungsplan liefern. Nach der monatlichen Planung werden die neuen Elite-Paarungen in der Datenbank erfasst und an die Betriebe weitergeleitet. Die Spermavorbestellung erfolgt durch die Kernzüchter in der Regel bereits am Donnerstag, und Elite-Paarungen genießen höchste Priorität im Spermaverkauf. Später werden die Belegungen in den Herdbuchbetrieben routinemäßig bei der Suisag erfasst. Sollte ein anderer als der vorgesehene Eber eingesetzt worden sein, wird geprüft, ob man auch diese Trächtigkeit als Elite-Paarung fortführen kann oder nicht. Etwa zwei Drittel der ursprünglich geplanten Elite-Paarungen werden umgesetzt. Eine Woche vor dem erwarteten Geburtstermin der Elite-Paarung beginnt das Datenbanksystem, die Abstammungsbewertung der Paarungen zu kontrollieren. Sollte der Gesamtzuchtwert bzw. Teilzuchtwerte von Mutter oder Vater erheblich abgestürzt sein, wird eine entsprechende Warnmeldung angezeigt. Eberferkel, deren Mutter oder Vater im Zuchtwert abgestuft wurden oder die selbst Mängel zeigen, werden umgehend kastriert. Sollte der ColiF18-Genotyp nicht aus der Abstammung abzuleiten sein, werden die Ferkel bereits in der zweiten Lebenswoche beprobt und umgehend typisiert. Seit Mai 2010 werden in die zentrale Eberaufzucht nur noch Coli F18 reinerbig resistente Edelschwein-Eberferkel eingestallt. Anhand der vorliegenden Daten bestimmt die Suisag, welche Elite-Würfe letztlich berücksichtigt werden. In der Regel werden zwei bis drei Eberferkel sowie zusätzlich ein weibliches Schwein oder Kastrat aus dem Elite-Wurf übernommen. Die Eberferkel werden auf der Leistungsprüfanstalt Sempach im Eberstall in Buchten mit zehn bis zwölf Tieren eingestallt und mittels elektronischer Futterautomaten ad libitum gefüttert. Der Eberbereich ist durch eine Hygieneschleuse von der restlichen Prüfanstalt getrennt. Die Wurfgeschwister kommen in die üblichen Ställe der Vollgeschwisterprüfung, wo sie ebenfalls in 10er-Buchten aufgezogen werden. Durch das sehr hohe Gesundheitsniveau in der Schweiz gelingt es, Eberferkel aus vielen Lieferbetrieben ohne bedeutende Gesundheitsprobleme bzw. Eberausfälle zentral in Sempach zu prüfen. Um möglichen Circo-Problemen vorzubeugen, werden die Prüfferkel geimpft angeliefert bzw. erhalten die Impfung bei Ankunft an der Prüfanstalt. Für jedes eingestallte Eberferkel zahlt der Verband einen Zuchtzuschlag von 200 Schweizer Franken (ca. 160 Euro) an den Züchter. Besitzer der Prüftiere ist also der Verband. Der Züchter hat keinen Anspruch auf weitere Zahlungen, falls der Eber später in die KB gehen sollte. Auf diese Weise werden jährlich rund 400 Edelschwein- sowie 160 Landrasse-Eberferkel geprüft. Die Ferkel werden mit 23 bis maximal 35 kg in die Eberaufzucht übernommen. Der eigentliche Prüfabschnitt erstreckt sich von 35 bis 98 kg Lebendgewicht. Der Ablauf des Ebertests ist in Übersicht 2 wiedergegeben. Haben die aufgezogenen Eber ca. 80 kg LG erreicht, findet eine Eigenleistungsprüfung mit Rückenspeckmessung, Ermittlung der Zunahmen und lineare Exterieurbeschreibung statt. Letz-tere beinhaltet auch eine Gesäugebewertung. Liegen alle Ergebnisse zum Ende der Stationsprüfung vor, wird der bessere Bruder des Wurfs für die Umstallung in den Wartestall vorgesehen, während der schwächere zur Schlachtung geht. Sind bei-de Brüder züchterisch zu schwach, gehen beide am Ende der Aufzucht in die Schlachtung. Eber, die nach der Aufzucht und Eigenleistungsprüfung geschlachtet werden, durchlaufen die übliche Leistungsprüfung bezüglich Schlachtkörper- und Qualitätsmerkmalen. Als Wurfgeschwister liefern sie so wertvolle Daten für die Zuchtwertschätzung ihres Bruders bzw. der väterlichen Halbbrüder im Wartestall. Dort stehen die Tiere in Einzelbuchten und werden rationiert gefüttert. Erst wenn alle Wurfgeschwister geschlachtet und diese Daten bei der Zuchtwertschätzung berücksichtigt werden können, ist die Prüfung abgeschlossen. Einmal monatlich werden aus den Ebern mit abgeschlossener Prüfgruppe die am besten geeigneten ausgewählt und gehen via Quarantäne in die KB-Station. Die verbleibenden Warteeber gehen ggf. in den Export oder werden geschlachtet. Durch die Belieferung der KB-Station mit Mutterlinien-ebern aus der zentralen Prüfstation konnte das genetische Niveau der aktiven KB-Eber deutlich gesteigert werden. Früher lag der Gesamtzuchtwert der rund 30 aktiven Edelschwein-KB-Eber im Mittel immer bei 115 bis 120 Punkten, also nur knapp eine ge-netische Standardabweichung (20 Punkte) über der Basis. Die Eber gehörten somit im Schnitt nur zu den 20 % Besten. Durch das Elite-Paarungsprogramm sowie die zentrale Prüfung und Selektion haben die aktiven KB-Eber jetzt einen mittleren Gesamtzuchtwert im Bereich von 130 bis 140 (siehe Übersicht 3). Sie gehören somit zu den besten 5 % ihrer Rasse. Zudem konnte die Streuung der einzelnen Teilzuchtwerte durch die Ausgleichspaarungen und systematische Selektion verringert werden, wodurch die KB-Eber in den Zuchtbetrieben flexibler eingesetzt werden können. Die zentrale Aufzucht bietet darüber hinaus den Vorteil, dass der Prüf- und Selek-tionsprozess sehr systematisch abläuft. Bei der monatlichen finalen Selektion im Wartestall weiß man, ob noch weitere Söhne dieses Vaters geprüft werden. So kann man den ersten vielleicht nur durchschnittlichen Sohn eines Vaters „durchlassen“ wenn man sieht, dass bald noch weitere, wesentlich bessere Söhne nachkommen. Der personelle und finanzielle Aufwand für die zentrale Eberprüfung wurde bis Ende 2008 vollständig durch Tierzuchtfördermittel getragen. Nicht zuletzt aufgrund der eindeutig besseren züchterischen Qualität der KB-Eber können seit 2009 Zuchtzuschläge beim Mutterlinien-Sperma realisiert werden, die jetzt zumindest einen Teil der Kosten decken. Die Schweizer Dachorganisation Suisag hat für die Mutterrassen ein Elite-Paarungsprogramm entwickelt. So wird sichergestellt, dass möglichst viele Spitzeneber als Eberväter eingesetzt werden. Pro Jahr werden rund 560 Eberferkel angekauft und in der zentralen Eberaufzucht getestet. Gleichzeitig liefern die geschlachteten Vollgeschwister Infos für die Zuchtwerte des Ebers. Knapp 10 % der Tiere erreichen das Ziel und werden als KB-Eber eingesetzt. Der finanzielle Aufwand der Prüfung ist erheblich. Dank verbesserter züchterischer Qualität der KB-Eber ließ sich jedoch ein Zuschlag auf den Spermapreis realisieren, um das Programm zu refinanzieren. Ebermütter strenger selektieren Bleibt der Elite-Status erhalten? Zuchtzuschlag für ausgewählte Eberferkel Nur jeder 10. Eber besteht Prüfung Zuchtfortschritt angekommen Fazit -Henning Luther, Suisag -