SUS-Fachtagung

Schweinehaltung mit Perspektive - Wege für die Zukunft diskutiert

Die deutsche Schweinehaltung steht vor großen Herausforderungen. Zum einen nimmt der Kostendruck weiter zu. Insbesondere die letzten Monate mit katastrophalen Schweine- und Ferkelpreisen waren äußert schwierig. Zum anderen wird die Branche mit anhaltenden Diskussionen zur Massentierhaltung konfrontiert. In diesem Umfeld fällt es den Betriebsleitern zunehmend schwerer, sich richtig zu positionieren.

Mit der SUS-Fachtagung "Schweinehaltung mit Perspektive" in Münster, Ulm und Brehna bei Leipzig sollten Wege aufgezeigt werden, wie Schweinehalter ihre Produktion fit für die Zukunft machen können. Der Einladung waren insgesamt über 300 Praktiker, Berater und Tierärzte gefolgt.

Im ersten Vortrag stellte Dr. Albert Hortmann-Scholten von der Landwirtschaftskammer Niedersachen in Oldenburg fest, dass der US-Schweinepreis derzeit höher ist als die hiesigen Preise. Das ist ungewöhnlich und dem Russland-Embargo geschuldet. Wann die Sperren gelockert werden, ist derzeit nicht absehbar und noch lange keine Garantie, dass dann wieder die gewohnten Mengen abgesetzt werden können. Eine andere Einflussgröße könnte das Transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP) sein. Danach sind Einfuhren von z.B. brasilianischem Fleisch nach Europa durchaus denkbar, zumal die Transportkosten im Kühlcontainer mit 10 bis 12 Cent je kg Schweinefleisch kaum noch ins Gewicht fallen.   

Die ab April vorgeschriebene Herkunftskennzeichnung beim Frischfleisch kann ebenfalls Auswirkungen auf den Vieh- und Fleischmarkt haben. Insbesondere regionale Programme könnten profitieren. Eventuell wird auch die Nachfrage nach deutschen Ferkeln angekurbelt. Ob jedoch die großen Schlachtunternehmen bereit sind, auf ihren Standorten mehrere Schlachtlinien parallel laufen zu lassen, müssen die nächsten Monate zeigen. 

Auch die Initiative Tierwohl wurde diskutiert. Nach Hortmann-Scholtens Einschätzung werden vor allem Mäster daran teilnehmen. Viele von ihnen werden die Platzkomponente wählen. Wenn etliche Mäster 10 %, 20 % oder gar 40 % weniger Schweine aufstallen, wird sich dies auf die Ferkelnachfrage auswirken. Seiner Meinung nach ist die Platzkomponente insbesondere für Betriebe mit hohen Pachtzahlungen und Kosten für die Gülleverwertung interessant. Auch steuerliche Effekte können für die Variante "mehr Platz" sprechen. 

In puncto Ebermast ist laut Hortmann-Scholten eher Skepsis angebracht. So seien die Eberschlachtungen in Deutschland ins Stocken geraten. Denn Eberfleisch ist nicht bei allen Abnehmern in der Fleischverarbeitung und im Lebensmitteleinzelhandel beliebt. Hier sieht der Marktexperte durchaus eine Doppelmoral des Einzelhandels. Einerseits will man so schnell wie möglich aus der Kastration aussteigen und auch die Initiative Tierwohl hat die Ebermast als Wahlkriterium aufgenommen. Andererseits blockiere der Einzelhandel mit seinem Verhalten den weiteren Ausbau der Ebermast. 

Johann Kalverkamp von der VR Agrarberatung Lingen machte darauf aufmerksam, dass sich die Hausbank zwingend mit den möglichen Markt- und Leistungsrisiken der Ferkelproduktion und Mast auseinandersetzen muss. Bei hohen Investitionskosten mit hohen Fremdkapitalanteilen sind heute hohe biologische Leistungen notwendig. Entsprechend sind Risikomanagement-Systeme zu integrieren. Das heißt, es müssen zeitnah die Deckungsbeiträge analysiert und es muss in die Liquiditätsplanung eingestiegen werden. Auch sind beispielsweise die Fragen zu beantworten, welche Marktpreis- und Leistungsschwankungen sich der Betrieb leisten kann. Auch seien variable Tilgungsmöglichkeiten wichtig, denn nicht jeder Betrieb hat Rücklagen. Führen Sie rechtzeitig das Gespräch mit ihrer Bank, empfahl der Experte. 

Prof. Thomas Vahlenkamp von der veterinärmedizinischen Fakultät der Uni Leipzig ging in Münster und Ulm auf hygienische Absicherungen und PRRS-Kontrollprogramme ein. Nach wie vor stellen PRRS-Infektionen eine besondere Herausforderung dar. Hinzu kommt u.a. das Porzine Epidemische Diarrhoe Virus (PEDv), welches inzwischen in Deutschland nachgewiesen wurde. Vahlenkamp empfiehlt, die Maßnahmen zur Biosicherheit für den Betrieb schriftlich festzuhalten und das Personal regelmäßig zu schulen. Eine besondere Herausforderung bei der Verhinderung des Eintrags von PRRSv oder PEDv stellen die Transportfahrzeuge dar. Eine besondere Situation bei PRRSv ist, dass trotz strikter Einhaltung der relevanten Biosicherheits-Maßnahmen die Übertragung des Virus über die Luft erfolgen kann. Hierbei sind neben der Entfernung die Außentemperatur, die Luftfeuchte sowie die Sonneneinstrahlung von besonderer Bedeutung. 

Dr. Kees Scheepens, Tierarzt und Berater aus den Niederlanden, betonte, dass die Saugferkel nicht ausgebremst werden dürfen. Jedes Ferkel müsse maximale Mengen hochqualitatives Kolostrum aufnehmen, am besten innerhalb der ersten drei Lebensstunden. Da die erstbeborenen Ferkel mehr Antikörper über die Biestmilch aufnehmen als die später geborenen Ferkel, empfiehlt er ein zeitweises Wegsperren von vier bis sechs Ferkeln mit trockener Nabelschnur im letzten Drittel der Geburtsphase. Auch sieht Scheepens genetische Differenzen bei der Ferkelvitalität. Dieser Punkt müsse bei der Eberauswahl stärker beachtet werden. Auch gäbe es Hinweise, dass die tägliche Gabe von 200 g Dextrose zwischen dem Absetzen und Besamen zu uniformeren Ferkeln führe. Offensichtlich haben Dextrose-Gaben einen positiven Einfluss auf die Ausbildung gleichmäßig großer Follikel, eine gute Voraussetzung, dass später uniforme Ferkel geboren werden. Er forderte die Zuhörer auf, solchen Hinweisen nachzugehen und dies im eigenen Betrieb auszuprobieren.

In Brehna trug Dr. Harald Grunert, bestandsbetreuender Tierarzt aus Bad Kleinen, Erfahrungen zu PRRS-Sanierungen in ostdeutschen Betrieben vor. Nach seiner Einschätzung führen solche Herdensanierungen nicht nur zu besseren ökonomischen Ergebnissen. Sie tragen auch zur Verbesserung des Tierwohls bei. Dabei sollte der Fokus auf Erreger mit hohem negativen Potenzial gerichtet werden. Hierzu zählt vor allem PRRSv. Möglicherweise lässt sich eine PRRSv-Eradikation auch mit der M.Hyo.-Sanierung kombinieren. Wichtig dabei ist, dass die baulichen und technischen Bedingungen für hohen Biosicherheitslevel geschaffen werden. Auch die Einschleppungs-Gefahren durch Tierzukäufe und Sperma müssen geklärt sein. Den besten Schutz bietet die eigene Reproduktion. Die KB-Stationen müssen PRRS-negativ sein.