Die Fleischbetriebe in Dänemark bekommen zu wenig Schlachtschweine. Selbst Danish Crown muss Kapazitäten stilllegen, so Marktexperte Markus Fiebelkorn.
Fred Schnippe, SUS
Dänische Mäster sind unzufrieden mit ihrem Schweinepreis. Warum?
Fiebelkorn: Bis Ende 2016 lag die dänische Notierung etwa auf demselben Niveau wie die deutsche. Bereits 2017 konnte unsere Notierung den zum Teil rasanten Preisanstiegen in Deutschland nicht folgen. Der Preisabstand hat sich sogar vergrößert. 2018 lag Dänemarks Preis mit Boni umgerechnet 14 Cent unter der deutschen Notierung! Dabei hatte Danish Crown seinen Lieferanten versprochen, dass der Preis spätestens 2021 etwa 10 Cent über einem europäischen Mittelwert liegen soll. Davon ist man meilenweit entfernt, sodass der Marktführer dieses Ziel um zwei Jahre verschoben hat.
Warum tut sich Danish Crown so schwer?
Fiebelkorn: In Dänemark gibt es nur zwei größere Schlachtunternehmen Danish Crown und Tönnies. Wobei ersterer die Notierung festlegt. Es gibt somit keinen echten Wettbewerb. Als Genossenschaft zahlt Danish Crown den Preis an seine Lieferanten bzw. Eigner, den das Unternehmen am Fleischmarkt realisiert. Im letzten Jahr enttäuschte der Export. Dänemark führt über 90% seiner Schweine aus, weshalb wir sehr darunter gelitten haben. Aufgrund der aktuell anziehenden Fleischausfuhren müsste die dänische Notierung bald zur deutschen aufschließen.
Wie beeinflusst das die Schlachtzahlen?
Fiebelkorn: Der langfristige Trend zu sinkenden Schlachtzahlen hält in Dänemark an. In den letzten Jahren konnten wir dem mit Förderprogrammen entgegenwirken. Kurzzeitig ließ sich der Negativtrend sogar umkehren. Doch die Programme sind ausgelaufen. Aufgrund der schlechten Erlöse müssen immer mehr dänische Mäster ihre Türen schließen. Das schwächt das Schweineangebot weiter.
Wie wird sich der Mastschweinebestand entwickeln?
Fiebelkorn: Die jüngste Viehzählung weist ein Minus von 8% bei den Mastbeständen aus. Dies ist allerdings nur eine Momentaufnahme. So lässt unsere Umfrage unter Betriebsleitern in den nächsten drei Jahren einen Rückgang der Mastbestände von mindestens 5% erwarten. Ob es mehr oder weniger sein wird, hängt nicht zuletzt vom Preisniveau in diesem und im nächsten Jahr ab.
Sinkt auch der dänische Sauenbestand?
Fiebelkorn: Das erwarte ich nicht. Nach unserer Umfrage ist mit einer stabilen Ferkelerzeugung in den nächsten drei Jahren zu rechnen. Durch Fortschritte in der Zucht und im Management ist es den dänischen Schweinehaltern jedes Jahr gelungen, die Fruchtbarkeit zu steigern. Dies würde kleine Abstockungen bei den Sauen wettmachen. Zudem verschafft der derzeitige Preisaufschwung auf dem Ferkelmarkt den dänischen Sauenhaltern finanziell etwas Luft.
Ist also mit steigenden Ferkelexporten nach Deutschland zu rechnen?
Fiebelkorn: Nicht unbedingt. In Polen, Italien und Osteuropa werden oft bessere Preise gezahlt. Daher ist der Ferkelexport nach Deutschland in den letzten zehn Jahren kaum gestiegen, während er nach Polen rasant zulegte. Das Land wird Deutschland dieses Jahr höchstwahrscheinlich als wichtigster Abnehmer für dänische Ferkel ablösen. Mit etwas Sorge blicken wir auf die Ausbreitung der ASP in Polen. Dennoch haben sich stabile Handelsbeziehungen entwickelt.
Was bedeuten die deutschen QS-Anforderungen für Importferkel?
Fiebelkorn: Im Kern geht es um die Ferkelkastration. Dänemarks Sauenhalter haben bereits zu Jahresbeginn auf die Kastration mit lokaler Betäubung umgestellt, um die neuen bzw. künftigen Anforderungen in Deutschland zu erfüllen. QS und das dänische Qualitätssystem Danish haben sich gegenseitig anerkannt. Deshalb gehen wir davon aus, dass wir weiter Ferkel mit QS-Label nach Deutschland exportieren dürfen. Auch wenn die lokale Betäubung noch keine Freigabe in Deutschland hat. Wir sehen den sogenannten vierten Weg als die beste und schnellste Lösung. Zudem ist die kontinuierliche Lieferung von Dänenferkeln für Deutschland immens wichtig. Was würde passieren, wenn plötzlich 6,5 Mio. Dänenferkel fehlen?
Was heißt das für Dänemarks Mäster?
Fiebelkorn: Unsere Mäster müssen die verhältnismäßig hohen „deutschen“ Ferkelpreise zahlen, da die Ferkel sonst exportiert werden. Doch sie erhalten nur die niedrigere dänische Schlachtnotierung. So schreiben dänische Mäster zeitweise rote Zahlen, während die Mast in Deutschland noch Überschüsse bringt. Deshalb exportiert Dänemark jedes Jahr mehr Ferkel, obwohl wir sie eigentlich selbst benötigen. Bleiben weniger Ferkel in Dänemark, sinken unsere Schlachtzahlen weiter. Das verschlechtert die Auslastung in den Schlachthöfen, die Kosten steigen und die Notierung fällt weiter. Diesen Teufelskreis konnte Dänemark bislang nicht durchbrechen.
Wie reagiert die Schlachtindustrie?
Fiebelkorn: Die Überkapazitäten der dänischen Schlachthöfe steigen weiter. Damit kann kein Konzern lange wirtschaften. Vermutlich ist es nur eine Frage der Zeit, wann der nächste Schlachtstandort geschlossen wird.
Was macht Danish Crown?
Fiebelkorn: Der Marktführer hat ein umfangreiches Sanierungsprogramm angekündigt. Der Konzern will 300 bis 400 Arbeitsplätze streichen und jährlich 50 Mio. € einsparen. Der Großteil des Stellenabbaus soll die britische Tochter Tulip betreffen. Denn im UK-Geschäft erlitt Danish Crown aufgrund des Brexit und des Kursverfalls des Pfundes bereits herbe Einbußen.
Sind auch Schlachthöfe in Dänemark betroffen?
Fiebelkorn: Ja. Im Juli verkündete Danish Crown weitere Einschnitte im größten dänischen Schlachthof in Horsens. Ab September sollen dort rund 175 Arbeitsplätze wegfallen. Die Konzernspitze erwartet, dass an dem Standort statt bisher 100 000 nur noch etwa 85 000 Schweine pro Woche an den Haken kommen.
Ob sich der negative Trend bei den Schlachtzahlen fortsetzt, hängt allerdings vor allem vom Asiengeschäft sowie den Exporten nach Großbritannien ab.