Um das Tierwohl zu verbessern, wird Stroh auch bei Schweinen wieder mehr eingesetzt. Doch es muss trocken und sauber geerntet sein, betont Dr. Jochen Krieg, LWK Nordrhein-Westfalen.
Heinrich Niggemeyer, SUS
Im Zuge der Tierwohldiskussion gewinnt Stroh immer mehr an Bedeutung. Denn es kann sowohl als Futtermittel, Beschäftigungsfutter bzw. -material oder Einstreu eingesetzt werden. Doch Vorsicht: Wenn die Tiere verdorbenes Stroh fressen, können sie die darin enthaltenen Mykotoxine aufnehmen. Dies kann zu gesundheitlichen Problemen führen. Wie man mit durchwachsenen Strohqualitäten umgeht, darüber hat SUS mit dem Fütterungsexperten Dr. Jochen Krieg diskutiert.
Wie sind die diesjährigen Strohqualitäten?
Bei der Witterung in diesem Sommer ist prinzipiell eher Vorsicht geboten. Man kann davon ausgehen, dass das feuchte Wetter die hygienische Qualität des Strohs negativ beeinflusst hat. Selten konnte das Stroh direkt trocken weggepresst werden. Oft hat es mehrmals ins Schwad geregnet. Zudem werden nicht alle Strohpartien zum Pressen hundertprozentig trocken gewesen sein, was muffige, verklebte Strohbunde nach sich ziehen wird.
Gibt es bereits aktuelle Untersuchungen?
Die Landwirtschaftskammer NRW ist gerade dabei, die diesjährige Stroh- und Heuernte unter die Lupe zu nehmen. Ob auf den Betrieben Beeinträchtigungen zu erwarten sind, ist nicht nur die Frage nach dem Vorhandensein, sondern auch die Konzentration der Pilzgifte im Stroh und schlussendlich die vom Tier aufgenommene Menge ausschlaggebend.
Wie oft findet man Mykotoxine im Stroh?
In Dänemark wurden im letzten Jahr bei 54% der Strohproben das Mykotoxin Deonivalenol (DON) nachgewiesen. In Deutschland wurde 2007/2008 von der LWK Niedersachsen ein Monitoring durchgeführt. Hier wurden von insgesamt 201 Proben bei 83% das DON, bei 46% Zearalenon (ZEA) nachgewiesen. Das heißt nicht, dass alle positiven Proben bedenkliche Konzentrationen enthalten, zeigt aber, wie relevant Mykotoxine bei Stroh sind.
Wie erkenne ich eine Kontamination?
Oft geht eine Kontamination mit dem typischen dumpfen, leicht moderigen Geruch und/oder einer Verfärbung einher. Leider gibt es auch Fälle, bei denen sich weder optisch noch über den Geruch eine Kontamination vermuten lässt.
Welche Toxine sind das?
Die bereits angesprochenen Toxine DON und ZEA können auch auf Körnern auftreten. Neben DON können weitere Mykotoxine aus der Gruppe der Trichothecene im Stroh enthalten sein, z.B. Fusariotoxin-T2, das ebenfalls auf Getreide und Stroh zu finden ist. Typisch für Stroh und Heu, aber zum Glück auch selten, sind Vergiftungen durch Satratoxine, Verrucarine und Roridine. Diese Mykotoxine führen bereits bei Hautkontakt zu Schädigungen, wie Verbrennungen oder Verätzungen. Ferkel sind besonders anfällig.
Wie gefährlich sind sie für Mastschweine?
Das hängt immer davon ab, wie viel davon aufgenommen wird. Wenn eine gewisse Grenze überschritten wird, ist je nach Toxin mit Auswirkungen auf die Futteraufnahme, die Leistung, aber auch massive Folgen für die Gesundheit der Tiere zu rechnen. Je nach Toxin zeigen sich die Folgen an anderen Symptomen. Bei ZEA ist z.B. die Reproduktion betroffen, während DON sich auf die Futteraufnahme, das Immunsystem und die Gewichtszunahme auswirkt.
Verglichen mit Ferkeln ist ein Schwein in der Endmast sicherlich unempfindlicher. Die Gefahr einer Vergiftung durch das bewusste Verfüttern eines belasteten Strohs sollte man dennoch nicht eingehen. Insbesondere weil sowohl im Futter als auch im Stroh Mykotoxine enthalten sein können. Da am Ende die gesamte Menge im Tier anflutet, kann es auch bei geringer Belastung der Einzelkomponenten in Summe zu Problemen kommen.
Und wenn Sauen größere Mengen fressen?
Da bei Sauen nicht nur das Muttertier, sondern ggf. auch alle Würfe von einer Mykotoxinbelastung betroffen sein können, ist hier besondere Vorsicht geboten. Bei ZEA wurden bereits bei sehr geringen Konzentrationen im Futter von 0,25 ppm Veränderungen am Genitaltrakt der Ferkel nachgewiesen. Von Stroh wird weniger aufgenommen als vom Futter. Bei einer Kombination von nicht optimalem Stroh und leicht belastetem Futter ist dennoch schneller ein kritischer Wert erreicht als wenn Stroh von hoher Qualität eingesetzt wird. Daher wird empfohlen, besonders auf die Qualität zu achten.
Was sollte man bei der Ernte beachten?
Auch wenn es in diesem Jahr schwer war, sollte man schneiden, wenn zwei, drei Tage trockenes, sonniges Wetter bevorsteht. Um auch alle Schichten möglichst auf unter 15% Restfeuchte zu bekommen, sollte mindestens einmal geschwadet werden. Die Verdichtung im Ballen ist ebenfalls ein nicht unwesentlicher Faktor. Eine Schnittlänge von maximal 35 cm sollte man daher anstreben.
Was ist bei der Lagerung zu beachten?
Die Lagerung muss überdacht sein. Ansonsten muss das Stroh mit Vlies abgedeckt und zügig verfüttert werden. Um eine Durchlüftung zu gewährleisten bzw. die Bildung von Staunässe unter den Ballen zu verhindern, hat sich die Lagerung auf Paletten bewährt.
Kann Stroh auf Toxine untersucht werden?
Es gibt verschiedene Methoden. Häufig werden für DON und ZEA entweder die günstigere, dafür aber etwas ungenauere ELISA-Methode und die teurere, dafür aber genauere Analyse mittels HPLC-MS angeboten. Weitere Mykotoxine, wie z.B. das T2-Mykotoxin, können ebenfalls analysiert werden. Bei der LUFA Münster kostet die DON- und ZEA-Analyse je nach Methode zwischen 28 und 92 €.
In Anbetracht der Folgen einer Mykotoxin-Intoxikation lohnt es sich bei Verdacht auf eine Belastung mit Mykotoxinen auf jeden Fall über eine Investition in eine Analyse nachzudenken.
Wie minimiert man das Risiko?
Die Fruchtfolge bzw. die Vorfrucht und die Bodenbearbeitung spielen neben der Witterung und damit dem richtigen Schnittzeitpunkt eine wichtige Rolle. Es gibt auch die Möglichkeit, gerade bei schwierigen Erntebedingungen mit Konservierungshilfsmitteln zu arbeiten. Diese sind von verschiedenen Anbietern erhältlich und basieren oft auf einer Kombination verschiedener Säuren, die unerwünschte Mikroorganismen im Wachstum hindern sollen. Nach dem Pressen sollte das Stroh – wie vom Heu bekannt- 4 bis 6 Wochen gelagert werden, bevor es in den Stall verbracht wird.
Helfen Futterzusätze?
Seitens der Fütterung können präventiv Mykotoxinbinder eingesetzt werden. Sollten geringe Mengen an Mykotoxinen im Futter und im Stroh sein, kann hierdurch eine gewisse Sicherheit geschaffen werden. Mykotoxinbinder ersetzen jedoch nicht die laufenden Kontrollen der hygienischen Beschaffenheit oder stellen gar einen Freibrief zur Verwendung von belastetem Stroh dar.