Andreas Müller verfüttert eigenes Soja und Luzerne. Damit spart er teure Protein- bzw. Rohfaserkomponenten, fördert die Darmgesundheit und punktet in der Vermarktung.
Marina Henzler, Demeter Verband
Der Stiftsgrundhof im baden-württembergischen Backnang ist ein typischer, süddeutscher Familienbetrieb, der von Andreas Müller in der siebten Generation geführt wird. Nicht mehr typisch sind allerdings die 130 Sauen, die Müller im geschlossenen System hält. „Im Rems-Murr-Kreis gibt es mit uns nur noch drei Sauenhalter“, erzählt der Betriebsleiter.
Dass er den Schweinen treu geblieben ist, liegt auch daran, dass der Betrieb seit Jahrzehnten zwei regionale Metzgereien beliefert. „Wirtschaftlich gesehen lohnenswert. Allerdings verändern sich die Ansprüche der Abnehmer“, berichtet Müller. Während früher nach Fleischfülle und -qualität geschaut wurde, suchen die Metzger heute Alleinstellungsmerkmale, um Kunden für sich zu gewinnen.
Eigener Sojaanbau
Um diesen attraktiven Vermarktungsweg auf Dauer nicht zu verlieren, machte sich der Landwirt Gedanken, wie er seine Schweinehaltung ausrichten könnte. Dabei wollte er nicht voll ins finanzielle Risiko gehen und z.B. in einen Tierwohlstall investieren. „Seinerzeit wurde schon viel über Regenwaldabholzung, Futtermitteltransporte über den Atlantik und Gentechnik diskutiert. Da kam mir der Gedanke, verstärkt auf heimische Eiweißträger zu setzen“, blickt Müller zurück.
Die Voraussetzungen dafür waren gegeben, da der Landwirt das Futter selbst mischt und mit knapp 100 ha Ackerfläche auch eine ordentliche Futtergrundlage zur Verfügung steht. Außerdem liegt der Betrieb am Rande einer Weinbauregion, sprich die klimatischen Bedingungen für den Anbau wärmeliebender Leguminosen sind vorhanden.
Als einer der ersten Schritte fing Müller im Jahr 2018 damit an, selbst Soja anzubauen. Zunächst mit 3 ha gestartet, hat sich die Leguminose zu einem wichtigen Bestandteil der Fruchtfolge entwickelt. In diesem Jahr will Müller rund 17 ha anbauen. „Bei einem geschätzten Gesamtertrag von 50 bis 60 t werden wir damit ein Drittel bis die Hälfte der benötigten Sojabohnen für die Sauen selbst erzeugen“, rechnet der Schweinehalter vor.
Ergänzt werden die eigenen Vorräte durch Sojakuchen und Sojavollbohnen, die der Betrieb von einer benachbarten Toastanlage bezieht. Dort wird auch das eigene Soja getoastet, um es für das Schwein verdaulich zu machen.
An andere Eiweißpflanzen wie Ackerbohnen und Erbsen hat sich Müller ebenfalls herangetastet. Allerdings haben sich diese nicht wirklich bewährt. „Die Erbse z.B. liefert gute Erträge. Sie enthält aber nur wenig Rohprotein und das Aminosäurenmuster passt nicht gut zum Schwein. Obendrein ist der hohe Stärkegehalt in Bezug auf die Darmgesundheit kritisch zu sehen“, erklärt der Landwirt.
Starkes Netzwerk
Nach den Erfolgen im Sojaanbau war für den Landwirtschaftsmeister klar, dass er auch bei den Rohfaserkomponenten auf Eigenproduktion setzt. Dafür baut er jährlich rund 3 ha Luzerne an. Zu dieser Leguminose ist Müller über den Austausch mit Berufskollegen gekommen, die er durch seine Teilnahme am Modell- und Demonstrationsvorhaben (MuD) Tierschutz kennenlernte.
Hier wirkte der Landwirt zwischen 2018 und 2020 daran mit, tierwohlfördernde Haltungsbedingungen für die Ferkelaufzucht und Schweinemast zu entwickeln. Mittlerweile engagiert sich Müller im sogenannten Projekt Demonet-KleeLuzPlus.
Hier arbeiten über 70 konventionelle und ökologisch wirtschaftende Demonstrationsbetriebe sowie verschiedene Institutionen daran, die Potenziale der Futterleguminosen wie Klee und Luzerne aufzuzeigen. „Mir ist der Austausch mit den Kollegen sehr wichtig. Beim Anbau und der Verfütterung von Luzerne gibt es nämlich einige Feinheiten zu beachten“, so Müller.
Luzerne als Sandwich-Silage
Ackerbaulich lässt sich diese zweijährig nutzbare Leguminose gut in die Fruchtfolge integrieren und auch wenn Müller eher Schläge in ungünstigen Lagen für den Anbau auswählt, kann er in der Regel mit drei Schnitten pro Jahr kalkulieren. „Bei der Ernte achte ich darauf, dass der Feldhäcksler auf eine Tiefe von 10 cm eingestellt ist. Außerdem ist es wichtig, dass die Witterung ein schonendes Anwelken vor dem Schwaden bzw. Abfahren möglich macht“, erklärt der Landwirt.
Zwei Schnitte lagert Müller entweder auf seiner Siloplatte oder er legt eine Feldmiete an. Den letzten Schnitt im Herbst legt er mit der Maisernte zusammen. „Es gibt keine bessere Lagerung der Luzerne als sie als Sandwich-Silage im Corn-Cob-Mix einzubringen. Das schwere CCM verdichtet sehr gut nach“, so die Erfahrung des Unternehmers.
Luzerne im Flüssigfutter
Da er seine Schweine über Flüssigfütterungsanlagen versorgt, muss er darauf achten, dass der Futterbrei trotz der Luzernesilage pumpfähig bleibt. Deshalb ist der Rationsanteil auf 15% begrenzt. Zudem muss Müller bereits bei der Ernte im Blick haben, dass die Pflanzenteile maximal 10 cm lang sind. „Ansonsten verstopfen die Ventile der Fütterungsanlage“, berichtet der Betriebsleiter. In der Ferkelaufzucht helfen diese Grundsätze aufgrund des Rohrdurchmessers von nur 25 mm allerdings nicht und er legt den Tieren zweimal täglich per Hand die Luzernesilage in Rundtrögen vor.
Alternativ hier auf Luzernepellets zu setzen, kommt für den Schweinehalter nicht infrage. „Zum einen sind Pellets relativ teuer. Zum anderen wird die Luzerne bei der Pelletierung Temperaturen von über 100°C ausgesetzt und verliert dadurch einen Teil ihrer wertvollen Inhaltsstoffe“, so Müller.
Hoher Einsatz bei den Sauen
Die Mast wurde 2009 mit dem Bau eines Außenklimastalles in den Außenbereich verlagert. Dort startet Müller zu Beginn der Mast mit einem Anteil von 4% Luzernesilage in der Gesamtration. Anschließend steigert er den Rationsanteil auf bis zu 8% in der Endmast. Vervollständigt werden die Mastrationen mit CCM, Gerste, Sojakuchen, Mineralfuttermittel und Urgesteinsmehl.
Erheblich größere Mengen an Luzernesilage setzt Andreas Müller bei seinen Wartesauen ein. Angefangen mit 4% bei den säugenden Sauen schöpft der Schweinehalter den technischen Grenzwert von 15% aus. Die Gesamtration für die Sauen gestaltet der Betrieb mit den Komponenten Weizen, Gerste und Sojavollbohne.
Da die Luzerne einen hohen Proteingehalt besitzt, kann Müller den Sojaeinsatz reduzieren. Zudem nehmen die Tiere über diese Rohfaserkomponente verhältnismäßig große Mengen an Calcium und Kalium auf.
Versorgungsüberschüsse mit diesen beiden Nährstoffen werden im Stoffwechselsystem über größere Harnmengen ausgeglichen, was eine höhere Wasseraufnahme der Tiere bedingt. „Das ist natürlich generell positiv. Das Mineralfutter muss dennoch entsprechend abgestimmt werden“, so der Landwirt.
Auch das ausgeglichene Verhalten seiner Schweine verbindet er mit dem Einsatz der Futterleguminose. „Im Gegensatz zu anderen Rohfaserprodukten schichtet die gröber strukturierte Luzerne den Magenbrei richtig. Meine Tiere wirken zufrieden und ruhig, weil sie satt sind. Da wir auch unkupierte Tiere halten, ein ganz wichtiger Aspekt“, erklärt Andreas Müller.
Metzger zahlen Aufschlag
Da sich die Anbaukosten für die Luzerne in Grenzen halten, kalkuliert er mit Kosten von 15 bis 20 € pro dt. „Bei anderen gehandelten Rohfaserkomponenten bin ich schnell bei 60 bis 80 €“, rechnet Müller vor. Außerdem spart er an der Gesamtration, da er die Energiekonzentration im Futter senken kann. So erhalten die niedertragenden Sauen ein Futter mit nur knapp 10 MJ ME/kg.
Auch wenn sich der Luzerneeinsatz in puncto Tiergesundheit und Futterkosten positiv auswirkt, ist er auf einen Aufschlag bei der Vermarktung seiner jährlich rund 3100 Schlachtschweine angewiesen. Hier hat der Landwirt mit seinen Abnehmern zwei verschiedene Abrechnungsmodelle entwickelt. Bei einem Metzger richtet sich der Bonus nach der Preisspanne zwischen GVO-freien und GVO-Futter. Mit dem anderen Metzger hat er einen festen Zuschlag vereinbart. „Mit diesem Fütterungs- und Vermarktungskonzept sind wir gut für die Zukunft gerüstet“, resümiert Andreas Müller.