Mit Wetterdaten lässt sich das Mykotoxinrisiko im Getreide vorhersagen. So können gezielte Untersuchungen auf Mykotoxine erfolgen.
Dr. Franziska Rink, Biomin
Mehr als alles andere beeinflusst das Wetter unseren Rhythmus und Erfolg in der Landwirtschaft. Nicht nur Zeitabläufe und Erträge werden durch die Wetterschwankungen verändert. Zu bestimmten Zeitpunkten in der Entwicklung kann das Wetter den Pilzbefall der Ackerpflanzen begünstigen und das Risiko einer Mykotoxinbelastung erhöhen.
Kommen mehrere Mykotoxine in Futtermitteln vor, ergeben sich häufig Wechselwirkungen. In der Folge ist es möglich, dass bereits in geringen Konzentrationen ein subklinischer Effekt beim Schwein ausgelöst wird. Dies kann die Futteraufnahme verringern sowie die Anfälligkeit für Krankheiten erhöhen.
Da in der Schweinefütterung ein hoher Getreideanteil in der Ration eingesetzt wird, ist ein effektives Mykotoxin-Risiko-Management unumgänglich. Das Ziel ist, sowohl Gesundheitsschäden als auch Leistungseinbußen zu vermeiden.
Risikovorhersage möglich
Anstatt nach der Ernte den negativen Folgen von Mykotoxinen ausgesetzt zu sein, können durch frühzeitige Information zum Mykotoxin-Risiko sowohl die Tiergesundheit als auch der Unternehmenserfolg abgesichert werden. Durch langjährige Forschung in Kooperationen mit mehreren Universitäten entstand ein weltweit gültiges Vorhersagetool, welches insbesondere von Mischfutterherstellern eingesetzt wird.
Hintergrund des Tools ist die Verknüpfung von Wetterdaten mit Einflussfaktoren der Mykotoxinbildung bereits während des Aufwuchses. So fließen stündlich Wetterdaten von über 61000 Wetterstationen in die Risikobewertung ein. In Deutschland werden Wetterdaten von 250 Stationen mit aufgenommen.
Basierend auf der aktuellen Wetterlage kann so das wahrscheinliche Wachstum von Pilzen und Pflanzen sowie deren Interaktion und schlussendlich die Mykotoxinproduktion vorhergesagt werden.
Anhand des umfangreichen Datensatzes wird das Modell validiert und kontinuierlich weiter verbessert. Aktuell ist die Mykotoxinvorhersage für Deoxynivalenol (DON) und dem Mykoestrogen Zearalenon (ZEN) im Weizen sowie DON, ZEN, Fumonisin (FUM) und Aflatoxin (AFLA) im Mais möglich. An weiteren Rohstoffen und Mykotoxinen wird zurzeit noch geforscht.
Wie gut ist die Vorschau?
Für die Maisernte 2020 wurde vom Tool ein erhöhtes Risiko für DON vorhergesagt. Die Konzentration sollte in Mittel- und Nordeuropa einen für Tiere schädlichen Wert überschreiten. Das Risiko für Zearalenon (ZEN) wurde zwar als geringer eingeschätzt, ist mit einer Wahrscheinlichkeit von 57% jedoch auch nicht zu vernachlässigen.
Das Risiko, dass die Maisernte mit Fumonisinen (FUM), ebenfalls Fusarium Toxine, kontaminiert sein könnte, wurde generell als moderat eingestuft. Lediglich in Nord-Ost-Deutschland war die Vorhersage ein wenig erhöht.
Auch das Risiko für das Vorhandensein von Aflatoxine im Mais war als niedrig bis moderat bewertet worden. Aflatoxine werden von Pilzen der Spezies Aspergillus produziert und sind bei uns in Europa generell eher als Problem der Getreidelagerung angesehen.
Bei Recherche zu diesem Artikel lagen noch nicht alle Mykotoxinanalysen zur Maisernte 2020 vor. Allerdings konnten die ersten Laborergebnisse das vorhergesagte erhöhte Risiko für DON im Mais in Nord- und Mitteleuropa bestätigen. So lagen 86% der Proben über dem Schwellenwert. Auch bei ZEN war in 43% der Maisproben ein für Schweine kritisches Level vorhanden, und für FUM bei 25% der Proben (siehe Übersicht 1).
Situation bei Importware
Bei heimischer Gerste und Weizen lagen die DON- und ZEN-Werte 2020 in moderaten Bereichen. Jedoch konnte innerhalb der letzten Jahre ein verstärkter Import von Futtergetreide in Deutschland verzeichnet werden. Gerade nach Jahren mit geringeren Erträgen greifen wir auf die Erzeugnisse unserer Nachbarländer zurück. Damit wird auch die Mykotoxinproblematik in den Erzeugerländern zu unserem Problem.
Erste Ergebnisse für ausgewählte EU-Länder sind in Übersicht 2 auf der folgenden Seite abgebildet. Hier fließen die Analysewerte aller eingeschickten Proben mit ein. Oft werden über den Außendienst Proben gesammelt, um einen repräsentativen Durchschnitt der aktuellen Ernte zu erhalten.
Bei Gerste aus Tschechien lag der Anteil der Proben über dem Schwellenwert für DON bei 62%. Kamen die Proben aus Polen oder Österreich, lag der Anteil jeweils bei 40%.
Beim Weizen stellt sich die Situation in den ausgewählten EU-Ländern ähnlich dar. Auch hier lag der Probenanteil über dem Schwellenwert bei zum Teil deutlich über 50%.
Andere Komponenten, z.B. Sojaextraktionsschrot, werden nur in geringem Umfang in Deutschland bzw. Europa angebaut und kommen daher meist aus ganz anderen klimatischen Verhältnissen zu uns. Auch hier ist Vorsicht geboten und es ist gut zu wissen, welche Mykotoxine in z.B. Nord- oder Südamerika vorkommen können.
Verstärkt beproben
Eigenmischer wie auch Fertigfutterproduzenten sind von dem Thema Mykotoxine gleichermaßen betroffen. Daher empfiehlt es sich, ein Mykotoxin-Risiko-Management zu etablieren, um eine gesunde Entwicklung und die Leistungsfähigkeit der Tiere zu gewährleisten.
So können zum Beispiel importierte Rohwaren aus Regionen mit hohen Risikoeinschätzungen stärker beprobt werden bzw. ganze Regionen als Bezugsquellen ausgeschlossen werden. Oder es wird der Schwerpunkt auf Getreidearten mit geringerem Mykotoxinrisiko gelegt und die Rationen entsprechend angepasst. Auf jeden Fall können solche Vorsorgemechanismen die Gefahr für unsere Nutztiere im Vorfeld effektiv verringern.
Einige Betriebe, die ihr Futter selbst mischen, berichten von guten Erfahrungen mit der Reinigung des Getreides vor dem Schroten. Es sollen nicht nur Bruchkörner, Spelzen und Staub entfernt werden, sondern nach Möglichkeit auch anhaftende Mykotoxine. Dies funktioniert leider nur zum Teil, und ist stark davon abhängig, in welchem Teil der Körner sich die Mykotoxine befinden.
Maximale Futtersicherheit
Wie sensibel letztlich die Tiere auf Mykotoxine im Futter reagieren, hängt von Faktoren wie Alter, Rasse, Gesundheitszustand, Hygiene, Temperatur, aber auch vom Belastungsgrad des Futters und der Dauer der Aufnahme ab. Da bereits geringe Konzentrationen mit Effekten auf das Immunsystem in Verbindung gebracht werden, ist auch bei gleich bleibenden Mastleistungen Vorsicht geboten.
Für eine maximale Futtersicherheit ist neben den beschriebenen routinemäßigen Maßnahmen und Vorkehrungen auch der Einsatz mykotoxindeaktivierender Additive, insbesondere bei einem Verdachtsfall, ratsam. Durch eine präventive Gabe kann die volle Nährstoffaufnahme unterstützt und können Immunsuppressionen verhindert werden.