Die Fütterung der Sau rund um die Geburt muss neu gedacht werden. Die Transitfütterung bringt Vorteile für Sau und Ferkel, erklärt Dr. Eckhard Meyer.
Caroline Jücker, SUS
In der Rinderhaltung ist die Transitfütterung gelebter Alltag. Was versteht man unter dieser Strategie?
Unter der Transitfütterung versteht man eine Übergangsfütterung. Sie ist immer dann sinnvoll, wenn Fütterungsphasen mit stark unterschiedlichem Nährstoff- und Energiebedarf aufeinander folgen.
Ziel beim Milchrind ist es, das Tier beim Übergang vom anabolen Stoffwechsel in der Trockenstehzeit zum katabolen Stoffwechsel in der Laktation zu unterstützen. Trockenstehende Kühe haben einen relativ geringen Energiebedarf. Das ändert sich schlagartig nach der Kalbung. Und zwar umso stärker, je höher die Milchleistung heute ist. Die Kuh kann den hohen Energiebedarf nicht allein aus dem Futter decken und muss zusätzlich Calcium aus den Knochen mobilisieren. Diese Zusammenhänge sind bei Rind und Schwein vergleichbar. Mit der weiterhin steigenden Fruchtbarkeitsleistung der Sauen nimmt auch der Bedarfsunterschied zwischen den Fütterungsphasen Tragezeit und Laktation zu.
Warum spielt die Transitfütterung bei Sauen bislang keine große Rolle?
In den meisten Betrieben fehlen die technischen Voraussetzungen. Denn es gibt in der Regel nur eine Futterkette im Abferkelabteil.
Ein gleitender Übergang durch Verschneiden oder den Einsatz eines zusätzlichen Futters über die Technik ist dadurch in vielen Betrieben nicht möglich und die Futterumstellung erfolgt mit der Einstallung der Sauen in den Abferkelbereich etwa sieben Tage vor dem errechneten Geburtstermin.
Einige Ferkelerzeuger geben ihren Sauen ein spezielles Geburtsfutter per Hand. Was ist davon zu halten?
Das ist ein guter Ansatz. Allerdings ist der Arbeitsaufwand in großen Abferkelabteilen, in denen die Tröge nicht vom Gang aus erreichbar sind, sehr hoch. In der Praxis hat sich eine Transitfütterung über Ansätze mit speziellen abgesäuerten oder wenig puffernden Geburtsfuttern, die von Hand gefüttert werden, hinaus bislang nicht durchgesetzt.
Wieso wäre die Transitfütterung im Abferkelstall wichtig?
Der abrupte Wechsel vom faserreichen Tragefutter zum nährstoffdichten, faserarmen Laktationsfutter bedeutet für die Sauen physiologischen Stress. Denn die Fütterung rund um die Geburt muss zum Teil konkurrierende Ansprüche erfüllen. Zum einen benötigt die Sau unmittelbar vor der Geburt eine hohe Nährstoff- und Energiedichte, um den steigenden Bedarf der Föten sowie für die einsetzende Milchbildung zu decken.
Zum anderen muss das Futter viel Faser enthalten, um die Darmtätigkeit aufrechtzuerhalten. Denn durch die physiologisch bedingte verringerte Darmaktivität kann es zu Verstopfungen im Dickdarm kommen.
Staut sich der Verdauungsbrei, führt das oft zu einer übermäßigen Vermehrung von Bakterien. Diese setzen nach ihrem Absterben Endotoxine frei. Sie können im Organismus dann Entzündungsreaktionen auslösen und so das Entzündungs- und Nekrosesyndrom der Saugferkel (SINS) verursachen. Mit Blick auf die Haltung von Schweinen mit intaktem Ringelschwanz sehe ich die Transitfütterung mittlerweile als Voraussetzung.
Wie sollte ein Transitfutter ausgestattet sein und wann sollte der Wechsel starten?
Entscheidend für die Sau ist zunächst, dass sie bei der Stoffwechselumstellung ausreichend Energie und Nährstoffe wie Calcium erhält. Nur so übersteht sie die langen Geburten unbeschadet. Zu empfehlen sind aufeinander abgestimmte Trage- und Säugefutter, die aus den gleichen Komponenten aufgebaut sind und sich in den wichtigen Komponenten Energie, Faser und vor allem Calcium stark genug unterscheiden.
Einzelne sehr gut geführte sogenannte Spitzenbetriebe lassen solche Futter in der Woche vor der Geburt durch Verschneiden aufeinander zulaufen. Am Tag der Abferkelung besteht die in der Menge auf das notwendige Maß reduzierte Ration dann aus 60% Laktationsfutter und noch zu 40% aus Tragefutter. Die Leistung der Betriebe spricht dafür, dass dieses Vorgehen richtig ist.
Welche Rolle spielt die Nüchterung der Sauen rund um die Geburt noch?
Die Nüchterung hatte früher das Ziel, das Kotabsetzen im geburtsnahen Zeitraum zu verhindern, um rund um die Abferkelung hygienische Bedingungen zu schaffen. Dafür dauern die Geburten der hochleistenden Sauen jedoch zu lange!
Die Futtermenge muss zwar reduziert werden. Hochleistende Sauen dürfen aber nicht mehr vollständig genüchtert werden. Wenn die Tiere Energie brauchen, helfen Traubenzuckergaben. Viel nachhaltiger als das ist aber ein ausreichender Gehalt an verdaulicher Faser im Futter.
Inwiefern kann die Transitfütterung unterstützen, den Magen-Darm-Trakt nach der Geburt in Schwung zu bringen?
In Versuchen am Lehr- und Versuchsgut Köllitsch wurde deutlich, dass die Optimierung des Futters mithilfe von „nativen“ Futterkomponenten und insbesondere Faser ein größeres Potenzial hat, als Zusatzstoffe mit toxinbindender oder entzündungshemmender Wirkung im Futter einzusetzen.
Denn Entzündungsprozesse im Darm sind nicht das eigentliche Problem während der Geburt. In Versuchen führte das faserreiche Tragefutter, wenn es über die Abferkelung hinaus gefüttert wurde, zu weniger harten Kotballen. Gleichzeitig führte das mit weniger Nährstoffen ausgestattete Tragefutter zu eher schlechteren Säugeleistungen und zwar weit über die Abferkelung hinaus. Tendenziell wurden die Geburten mit unzureichender Nährstoffversorgung länger, in Einzelfällen waren auch die Geburtsgewichte schlechter.
Wie lässt sich überprüfen, ob die Fütterung rund um die Geburt stimmt?
Die Fütterung rund um die Geburt ist in Ordnung, wenn die Geburtsgewichte der Saugferkel stimmen und die Ferkel zügig nacheinander geboren werden. Der Abstand zwischen zwei Ferkeln sollte maximal das doppelte des spontanen Geburtsabstandes (ca. 20 Minuten) betragen. Wichtig ist im geburtsnahen Zeitraum zudem, dass die Calciumversorgung passt. Reagieren die Sauen auf das Oxytocin nur, wenn man zusätzlich Calcium spritzt, ist das ein Zeichen, dass die Calciumversorgung bzw. -mobilisierung nicht in Ordnung ist. Spätestens dann sollte man die Fütterung überarbeiten.
Mit der Gabe von Oxytocin sollten Schweinehalter allerdings vorsichtig sein und es nicht zu früh einsetzen. Ich empfehle die Oxytocingabe erst nach der Geburt des fünften Ferkels, weil die Geburten heute im Schnitt zwei Stunden länger dauern als früher und der zeitliche Abstand zwischen den Ferkeln mit der Länge der Geburt zunimmt. Die zuerst und zuletzt mit langsamer Geschwindigkeit geborenen Ferkel haben ein um etwa 30% höheres Verlustrisiko. Heute tragen viel mehr Ferkel zum Ende der Geburt dieses Risiko als früher zum Anfang.