Ferkelfutter mit hohen Zinkgehalten helfen gegen Absetzdurchfälle. Doch die EU verbietet künftig therapeutische Zinkgaben. Welche Ansätze bleiben?
Fred Schnippe, SUS
Absetzdurchfälle bei Ferkeln sind ein häufiges Problem. Denn der Verlust der Sauenmilch und der Umgebung sowie das Neugruppieren stressen die Ferkel. Dies macht sie in den ersten 14 Tagen nach dem Absetzen anfällig.
Oft sind bei Durchfällen in der frühen Aufzuchtphase E.coli-Bakterien beteiligt. Die Erreger können sich im Dünndarm stark vermehren, weil sich die Verdauung erst auf feste Nahrung umstellen muss. Je nach Coli-Stamm treten starke Durchfälle bis hin zur Ödemkrankheit auf.
Wichtig ist, dass der Tierbetreuer Durchfälle schnell erkennt und handelt. Denn neben der schlechteren Wachstumsleistung und Futterverwertung können Totalausfälle auftreten.
Oft ist eine antibiotische Behandlung unverzichtbar. In der Regel werden die Ferkel fünf bis sieben Tage über das Wasser oder Futter oral behandelt. Wobei sich die Antibiotika Colistin und Neomycin bewährt haben.
Jedoch werden antibiotische Gruppenbehandlungen in der Ferkelaufzucht zunehmend kritisch gesehen. Denn aufgrund des staatlichen Antibiotikamonitorings wollen viele Betriebe ihren Medikamenteneinsatz senken.
Hinzu kommt, dass die Weltgesundheitsorganisation Colistin als Reserveantibiotika für die Humanmedizin definiert hat. Tierärzte sollen Colistin nur noch in Notfällen verschreiben.
Zink als Alternative
In der Praxis sind daher Konzepte für die Absetzphase gefragt, die ohne Antibiotika auskommen. Neben der Zugabe von Säuren über das Futter oder Wasser sowie dem Einsatz von Probiotika spielen diätetische Futterzusätze eine Rolle.
Auch die Zulage von Zinkoxid über das Futter kann die Gefahr von Absetzdurchfällen mindern. Ein wichtiger Aspekt scheint dabei zu sein, dass Zink die Barrierefunktion der Darmzellen stärken kann. Die von Durchfallerregern ausgeschiedenen Endotoxine werden so am Durchtritt in die Blutbahn gehindert. Gleichzeitig soll Zink die positive Darmflora unterstützen und krankmachende Keime hemmen.
Hohe Dosierung nötig
Allerdings hängt die postive Wirkung von Zinkoxid stark von der Dosierung ab. So kann das Spurenelement die Durchfallerreger erst ab einer hohen, sogenannten therapeutischen Dosis von mehr als 2000 ppm unterdrücken. Und hier liegt das Problem: Das deutsche Futtermittelrecht erlaubt bei Ferkeln maximal 150 ppm Zinkoxid.
Wer das Spurenelement in höherer Dosierung einsetzen will, benötigt eine Verschreibung vom Hoftierarzt. Hier kommen im Wesentlichen zwei Wege bzw. Präparate zum Einsatz:
- Der Tierarzt kann reines Zinkoxid als Arzneimittelvormischung verschreiben. Allerdings darf das Präparat nur durch spezielle Futtermittelwerke eingemischt werden, die über eine Herstellungserlaubnis nach Arzneimittelgesetz verfügen. Die strengen Vorgaben erfüllen derzeit nur eine Handvoll Mühlen in Deutschland. Die Bedeutung von reinem Zinkoxid in hoher Dosierung ist daher stark rückläufig.
- Der Tierarzt kann ein Kombiprodukt aus dem Antibiotikum Colistin und hochdosiertem Zinkoxid verschreiben. Dies ist z.B. unter dem Produktnamen Enteroxid bekannt. Landwirte dürfen dieses Kombiprodukt als Fertigarzneimittel selbst einmischen. Denn es hat eine Zulassung zur oralen Behandlung einzelner Tiere oder Gruppen. Allerdings ist der Einsatz dieses Kombiproduktes aufgrund des enthaltenen Colistins und der beschriebenen Auflagen dazu ebenfalls rückläufig.
EU begrenzt Zink-Einsatz
Hinzu kommt, dass die EU den Einsatz von Zink in hohen therapeutischen Dosierungen 2017 verboten hat. Wobei sie den Mitgliedsstaaten bis zu fünf Jahre Übergangsfrist billigt. In den Niederlanden ist die Erlaubnis für therapeutische Zinkgaben im Frühjahr 2018 ausgelaufen. Deutschland will die Frist ausschöpfen. Doch Ende 2022 ist auch hier Schluss mit therapeutischen Zinkmengen. Dann gilt die Grenze von 150 ppm Zink im Ferkelfutter.
Das strikte Verbot hoher Zink-Zulagen hat insbesondere zwei Gründe:
- Zink ist ein schädliches Schwermetall. Dänische Erhebungen zeigen, dass Ferkel bei hoher Zufuhr erhebliche Mengen Zink ausscheiden. Über die Gülle kann sich das Schwermetall dann im Ackerboden anreichern.
- Zudem kann Zink durch sogenannte Ko-Selektion die Bildung von Antibiotika-Resistenzen fördern. Denn Resistenzen gegen Antibiotika und solche gegen Zink können über die gleichen Moleküle übertragen werden.
Neue Produkte am Markt
Die Industrie reagiert auf die Einschränkungen und entwickelt neue Zink-Formulierungen. Diese sollen ohne Zulage von Antibioka auskommen und die Dosierungsgrenzen des Futtermittelrechts einhalten.
Um auch mit begrenzter Dosierung die Darmgesundheit zu stärken, will man die Verfügbarkeit von Zink im Tier steigern. Im Fokus steht der Schutz des Spurenelements im Magen. Denn bereits im vorderen Verdauungstrakt reagiert Zink schnell mit anderen Futterbestandteilen und zerfällt. Am eigentlichen Wirkort, dem Darm, steht dann kaum noch ionisches Zink bereit.
Die Hersteller versuchen durch unterschiedliche Formen der Kapselung den Zerfall des Zinks im Magen zu bremsen. Auch die Darreichung als organisch gebundenes Spurenelement sowie die Vergrößerung der Oberfläche sollen die Effektivität des Zinks steigern. Ein Hersteller setzt z.B. auf ein spezielles Verfahren in der Exzenterschwingmühle, um die Oberfläche zu vergrößeren. Untersuchungen zeigen, dass die neuen Zink-Präparate einen gesundheitsfördernen Effekt entwickeln. Die pharmakologische Wirkung der bis Ende 2022 erlaubten hohen Zink-Dosierungen erreichen sie jedoch nicht.
Fazit
Hochdosierte Zinkgaben im Futter können Absetzdurchfälle mildern. Jedoch reichert sich ausgeschiedenes Zink als Schwermetall im Boden an.Hohe, therapeutische Zinkgaben sind daher künftig verboten.
Neue Zink-Präparate erfüllen die verschärften Vorgaben und bedürfen keiner Verschreibung. Sie stabilisieren den Darm, erreichen aber keine pharmakologische Wirkung.