Bei APP als Erreger von Atemwegsinfektionen muss häufig antibiotisch behandelt werden. Langfristige Strategien zur Reduktion fußen auf der Impfung.
Dr. Hendrik Nienhoff, Schweinegesundheitsdienst der LWK Niedersachsen
Hustende Ferkel, Mastschweine oder auch Jungsauen sind in vielen Betrieben anzutreffen. Insbesondere wenn es in den Herbst oder ins Frühjahr geht und es kalte Nächte bei verhältnismäßig warmen Tagen gibt.
Als Auslöser kommen eine Reihe von Viren und Bakterien in Betracht. Seit Jahren ist der APP-Erreger (Actinobacillus pleuropneumoniae) regelmäßig oben in der Liste der Verursacher zu finden.
Krankmachende Toxine
- Serotypen: Die Erkrankung tritt häufig zwischen der 9. und 16. Lebenswoche auf. APP kommt in zwei Biovaren und mittlerweile mehr als 15 unterschiedlichen Serotypen vor. Die Serotypen sind unterschiedlich stark krankmachend, eine sehr hohe Pathogenität wird insbesondere den Serotypen 1, 2, 5 und 9 zugesprochen.
Die krankmachende Wirkung des Erregers beruht auf seinen Toxinen (Apx I – III). Diese zerstören die Lungenmakrophagen und die roten Blutkörperchen. Als Folge findet man bei der Sektion bei einem perakuten bis akuten Verlauf dunkle oder blutige, scharf abgegrenzte Lungenbezirke mit abgestorbenem Gewebe.
- Verlaufsformen: Bei der perakuten Verlaufsform kommen die Schweine nicht einmal mehr zum Husten. Hohes Fieber (bis 42°C) und eine massive Herz-Kreislaufschwäche mit blau-roter Verfärbung der Ohren und Rüsselscheibe, Maulatmung und Schaumbildung vor dem Maul führen innerhalb weniger Stunden zum Tode. Auch beim akuten Verlauf sterben ein großer Teil der Tiere ohne Behandlung, Fieber bis 41°C und massiver Husten sind hier typisch.
Häufig findet man aber die chronische Verlaufsform vor: Wenig oder kein Fieber, Husten, beschleunigte Atmung, Kümmern und blasse Haut. Hier ist ein eher schleichender Verlauf zu erwarten, doch können die Verluste immerhin noch bis zu 10% betragen.
Diagnose schwierig
- Erregernachweis: Die Diagnose kann über eine Sektion und den direkten Erregernachweis über kulturelle Anzüchtung bzw. PCR aus den entnommenen Lungenproben gestellt werden. Ein guter aber aufwendiger Nachweis gelingt insbesondere über die Tonsillenkratzproben.
Der Anteil von APP-Infektionen bei den Atemwegserkrankungen hat zugenommen und liegt bei Sektionen etwa bei 10%. Eingesendetes Blut hingegen ist viel häufiger positiv. So waren in einer Studie des SGD (Dr. Baier) 72 von 75 Proben aus 12 Betrieben positiv. Der Erreger scheint weit in der Population verbreitet zu sein.
- Serologie: Allerdings hat Serologie auch ihre Tücken. So treten Kreuzreaktionen mit apathogenen Aktionbacillen auf. Zudem werden nicht alle Serotypen erkannt. Auch findet man klinisch gesunde Tiere, die Antikörpertiter aufweisen.
Für die Interpretation serologischer Befunde braucht der betreuende Tierarzt somit ein großes Fachwissen, um die richtigen Schlüsse zu ziehen.
Negative Zuchttiere
- Screenings: Da der Erreger zum Großteil durch Tierkontakt übertragen wird, führen insbesondere in der Zuchtstufe alle größeren Unternehmen Screenings durch. Wird eine APP-Infektion bestätigt, scheidet der betroffene Betrieb in der Regel aus der Vermehrung aus.
Doch es gibt sowohl falsch positive Reaktionen bei gängigen Antikörper-Testverfahren sowie bei der Beprobung ungeeigneter Tiere. Auch findet man des Weiteren in den Betrieben häufig kein klinisches und pathologisch-anatomisches Korrelat zum serologischen Befund. Oder erst durch die Beteiligung weiterer Erreger, z.B. PRRSV und Influenza, wird eine klinische Relevanz deutlich.
Aufgrund dieser Problematik sind einige Zuchtunternehmen dazu übergegangen, den APP-Status ihrer Vermehrungsbetriebe nicht mehr über serologischen Befund zu definieren. Die Einschätzung des Betriebes erfolgt dann über Schlachtbefunde, anlassbezogene Untersuchungen und den Erregernachweis. Andere Unternehmen weisen nur bestimmte Serotypen aus (Danzucht).
Was tun bei Problemen?
- Behandlung: Bei einem akuten Krankheitsgeschehen muss die gesamte Gruppe sofort antibiotisch behandelt werden. Da aber insbesondere bei einem perakuten oder akuten Verlauf die Tiere weder fressen noch trinken, sind die Gruppen am besten per Injektion über mehrere Tage zu behandeln.
Hierfür steht eine Anzahl an Wirkstoffen zur Verfügung von denen beispielhaft hier Amoxicillin oder Florfenicol genannt werden können. Fressen oder trinken die Tiere noch so, kann auch mit einer Futter- oder Wassermedikation gearbeitet werden.
- Hygiene: Therapiebegleitende Maßnahmen in Haltung und Hygiene sind unerlässlich. Um dauerhaft die Erkrankung unter Kontrolle zu bekommen, muss der Infektionsdruck in der Kette gesenkt werden. Ein gezieltes Management mit konsequentem Rein-Raus Verfahren ist Voraussetzung.
- Impfstoffe: Impfmaßnahmen können helfen, den Infektionsdruck zu senken. Es stehen drei kommerzielle Impfstoffe zur Verfügung. Alle drei Impfstoffe sind Totimpfstoffe. Der Impfstoff Porcillis der Fa. MSD enthält die Toxine I, II und III sowie ein Membranprotein von APP, der Impfstoff Coglapix der Fa. CEVA enthält die Serotypen 1 und 2 und bildet die Toxine I-III, der Impfstoff Suivac APP der Fa. Livisto enthält die Serotypen 2 und 9 und bildet die Toxine I – III. Somit sind alle drei Impfstoffe serotypübergreifend wirksam und decken die gängigen Serotypen ab.
- Grundimmunisierung: Um den Erregerdruck im System nachhaltig zu senken empfiehlt es sich nach Grundimmunisierung im Abstand von ca. vier Wochen die Sauen vor jedem Abferkeln zu Impfen und die Ferkel in der Aufzucht zwischen der 6. und 12. Lebenswoche. In einzelnen Fällen, bei bestimmten Serotypen und Versagen der kommerziellen Impfstoffe kann es sinnvoll sein einen stallspezifischen Impfstoff aus den im Bestand isolierten APP-Stämmen herstellen zu lassen.
Depop-Repop
- Sanierung: Eine Sanierung betroffener Bestände zur Erlangung der Erregerfreiheit ist aufwendig. Meist wird der gesamte Betrieb depopuliert und neu wieder aufgebaut. Dies ist für die meisten normalen Betriebe ökonomisch nicht sinnvoll. Hier ist es wichtiger über die Senkung des Infektionsdrucks mit Management, Antibiosen und Impfmaßnahmen den Erreger so weit im Betrieb zurückzudrängen, dass keine ökonomischen Schäden entstehen.