Auf einem Betrieb litten im Extremfall bis zu 50% der Würfe an Saugferkeldurchfall. Die teils zu niedrige Temperatur in den Ferkelnestern stresste die Ferkel.
Dr. Anke Döhring, Veterinärgesellschaft im BHZP
Darmerkrankungen spielen bei Saugferkeln auch in Betrieben mit gutem Management oft eine große Rolle und können zu teilweise erheblichen Verlusten und schlechter Entwicklung der Ferkel führen. Neben umfangreicher Diagnostik, um die Erreger zu identifizieren und zu bekämpfen, sind auch flankierende Maßnahmen unerlässlich. Das Immunsystem der neugeborenen Ferkel braucht Wochen, um sich voll zu entwickeln, die Ferkel sind daher in den ersten Lebenswochen sehr anfällig für Erkrankungen. Auch eine Unterkühlung der Ferkel durch zu kalte Ferkelnester kann Auslöser von Durchfällen sein.
Durchfall ab drittem Tag
In einem Ferkelerzeugerbetrieb werden rund 280 Sauen mit angeschlossener Ferkelaufzucht und Mast gehalten. Der Betrieb arbeitet im 3-Wochen-Rhythmus, die Säugezeit beträgt vier Wochen.
Bei den Saugferkeln traten ab Anfang 2019 langsam zunehmend Durchfälle auf. Die Ferkel erkrankten meist in den ersten drei Lebenstagen. Der Durchfall war wässrig, die betroffenen Ferkel blieben in der Entwicklung deutlich zurück. In den Würfen erkrankten die Ferkel unterschiedlich schwer. Sowohl Jungsauenwürfe als auch Altsauenwürfe waren betroffen. Das Auftreten schwankte stark zwischen den Abferkelgruppen, es waren von nur 10% bis zu 50% der Würfe betroffen.
Mehrere Kotproben von erkrankten Ferkeln wurden untersucht. Mikrobiologisch wurden anhämolisierende E.coli und Clostridien nachgewiesen, die Untersuchungen auf Rotaviren und Coronaviren waren negativ. Da schon vor längerer Zeit in dem Betrieb Kokzidien nachgewiesen wurden, erhalten die Ferkel nach der Geburt ein Eisen-Toltrazuril-Kombinationspräparat als Injektion. Betroffene Würfe wurden antibiotisch nach Ergebnis der Resistenztests behandelt und erhielten eine Elektrolytlösung über Tränkeschalen. Trotzdem war die Behandlung nur mäßig erfolgreich. Die Ferkel nahmen die Elektrolytlösung teilweise nur schlecht auf.
Es wurde eine Mutterschutzimpfung gegen E.coli und Clostridien bei den tragenden Sauen sechs und drei Wochen vor der Abferkelung eingeführt. Eine deutliche Verbesserung des Durchfallgeschehens war nur bei den Jungsauenwürfen zu beobachten. Bei weiteren Untersuchungen von Kotproben wurden nur noch E.coli, keine Clostridien mehr nachgewiesen. Auch Rota- und Coronaviren wurden weiterhin nicht nachgewiesen.
Flankierende Maßnahmen
Das Management des Betriebs zur Durchfall-Vermeidung war bereits gut. Die Sauen werden nur in gereinigte und desinfizierte Abferkelabteile eingestallt, der Kot wird regelmäßig entfernt. Die Sauen erhalten in der ersten Woche nach der Abferkelung zusätzlich Wasser über den Trog. Es erfolgt eine engmaschige Geburtsüberwachung inkl. Nachtschicht. Die ausreichende Aufnahme von Biestmilch durch die Ferkel stellt man gegebenenfalls durch Split Suckling sicher. In den ersten drei Tagen ab Geburt wird bei allen Sauen täglich Fieber gemessen.
Dennoch wurden weitere flankierende Maßnahmen erarbeitet, um die Ferkelgesundheit zu stabilisieren. Eine Maßnahme war die Überprüfung der Oberflächentemperatur der Ferkelnester mittels eines Handys mit Wärmebildkamera (CAT S-60, Wärmebildkamera auch bei Modellen CAT S-61 und 62 integriert). Bei den Ferkelnestern handelt es sich um offene Ferkelnester mit Warmwasser-Fußbodenheizung.
Viele Nester zu kalt
Bei der Messung werden die Flächen der Ferkelnester ca. 24 Stunden nach Einschalten der Warmwasser-Fußbodenheizung überprüft. Es erscheint ein großflächiges Bild der Wärmedurchflutung des Ferkelnests mit Anzeige der Temperatur. Die Temperatur wird mit Kreide an die Wand der Bucht geschrieben. Dabei wird für die ersten Tage nach der Geburt eine Oberflächentemperatur von 38,5 bis 39,5°C im Ferkelnest angestrebt.
Es wurden z.T. erhebliche Abweichungen festgestellt, meist waren die Nester zu kalt. Bei Abweichungen erfolgt eine Anpassung der Temperatur der Fußbodenheizung im Abteil, am folgenden Tag wird erneut kontrolliert. Wenn einzelne Ferkelnester eine zu geringe Temperatur haben, wird mit Rotlichtlampen ausgeglichen. Weitere Temperaturmessungen erfolgen bei auffälligem Liegeverhalten der Ferkel. Der Zeitaufwand für die Temperaturmessung ist gering, es können bis zu zehn Ferkelnester pro Minute kontrolliert werden.
Eine weitere Maßnahme war die Wassergabe an die Ferkel ab dem ersten Lebenstag über die Futterschale in der Trennwand. Schalentränken befinden sich direkt daneben an der Trennwand. Die Ferkel nehmen diese große, offene Tränke sehr gut an. Der Standort der Schale ist auch durch den Sichtkontakt zur Konkurrenz in der Nachbarbucht für die Ferkel attraktiv. Es erfolgt eine tägliche Reinigung mit einem Schlauch mit Düse. Die Handhabung ist einfach, wird bei der täglichen Trogkontrolle und Reinigung mit erledigt und ist mit sehr geringem Zeitaufwand verbunden. Ab dem siebten Lebenstag wird statt Wasser Prestarter über die Futterschalen angeboten. Da den Ferkeln durch die Wasseraufnahme der Automat bekannt ist, nehmen sie einfacher das angebotene Futter an.
Wieder bessere Leistungen
Die Kombination der getroffenen Maßnahmen hat zu deutlichen Verbesserungen geführt. Der Saugferkeldurchfall ist stark zurückgegangen. Das Auftreten war schwankend, konnte aber von bis zu 50% der Würfe vor Einführung der Maßnahmen auf seit November 2020 max. 10% der Würfe reduziert werden. Das Liegeverhalten der Ferkel hat sich deutlich verbessert, dadurch sind auch die Verluste durch Erdrücken zurückgegangen. Die Ferkelverluste konnten von durchschnittlich 13,1% im Zeitraum Mai 2019 bis Ende Februar 2020 auf 11% im Zeitraum März bis Ende Dezember 2020 reduziert werden. Dadurch stieg die Zahl der abgesetzten Ferkel pro Sau und Jahr von 30,6 auf 32,3.