Ein Sauenhalter und sein Mäster verzeichneten in ihren Beständen plötzlich Gesundheitsprobleme. Schwere Influenzainfektionen machten die Anpassung des Impfkonzeptes notwendig.
Dr. Thomas Nolte, FGS Büren
Der betroffene Ferkelerzeugerbetrieb mit 280 TN 70-Sauen war in puncto Tiergesundheit sehr umsichtig aufgestellt. Die Zukaufs-Jungsauen erhielten in der Eingliederung eine Impfung gegen PRRSV, Mykoplasmen, PCV2, Parvo, Rotlauf, APP und Influenza.
Daran schloss sich die Bestandsimpfung für die Altsauen gegen PRRSV, Parvo, Rotlauf und Influenza an. Abgerundet wurde das Impfschema von einer stallspezifischen Mutterschutzimpfung gegen E.Coli, Clostridien und Streptokokken sechs bzw. drei Wochen vor der Geburt.
Plötzlich Leistungseinbruch
Die hohe Tiergesundheit drückte sich auch in einer erfreulichen Leistungsentwicklung aus. So wurden im Jahr 2019 mehr als 30 Ferkel pro Sau und Jahr abgesetzt und Tageszunahmen in der Aufzucht von 450 g erreicht.
Angesichts dieser Ausgangssituation blieben die ersten Anzeichen für ein beginnendes Krankheitsgeschehen im Abferkelstall nicht lange unentdeckt. Einzelne Sauen nahmen kein Futter mehr auf und wiesen mit bis zu 41°C eine deutlich erhöhte Körpertemperatur auf. Gleichzeitig gab es zum ersten Mal seit Monaten wieder Probleme mit Saugferkeldurchfall.
Leicht zeitverzögert kam es auch in anderen Produktionsbereichen zu Leistungseinbrüchen und gesundheitlichen Problemen. So verzeichnete der Schweinehalter im Deckzentrum einen sprunghaften Anstieg der Umrauschquote von sehr guten 5% auf mehr als 10%. In der Aufzucht mussten ungewöhnlich viele Ferkel gegen Streptokokken und Atemwegserkrankungen behandelt werden. Und obwohl teils ganze Gruppen antibiotisch behandelt wurden, waren deutlich mehr Verluste zu beklagen.
Beschwerden vom Mäster
Der Betrieb vermarktet seine 30 kg-Ferkel zu rund 80% an einen naheliegenden Mastbetrieb. Als der gesundheitlich gebeutelte Ferkeldurchgang in die Mast wechselte, blieb eine Reaktion des Stammabnehmers nicht lange aus. Er beobachtete bei den Tieren unter anderem Symptome wie Fieber, Fressunlust, Atemwegsinfektionen und plötzliche Verluste. Zeitweise musste er ganze Gruppen fiebersenkend und antibiotisch behandeln.
Gute vier Wochen nach dem Auftreten der Symptome ebbten die Probleme im Abferkel- und Deckbereich ab. Auch in den ersten Aufzuchtwochen präsentierten sich die Ferkel deutlich gesünder. Zum Ende der Aufzucht wandelte sich das Bild wieder. Regelmäßig fand der Landwirt Tiere mit erhöhter Temperatur, schlechter Futteraufnahme und verstärkter Atmung.
Wirklich Ruhe kehrte erst wieder ein, als alle Ferkel aus den ersten Problemwürfen verkauft waren. Im nachgeschalteten Mastbetrieb zog sich das Krankheitsgeschehen sogar noch länger hin. Selbst die erste Ferkelgruppe, die beim Ferkelerzeuger wieder problemlos die komplette Aufzucht durchlaufen hatte, bereitete zu Mastbeginn große Probleme.
Influenza bestätigt
Aufgrund der Klinik im Sauen- bzw. Mastbetrieb lag der Verdacht einer Influenzainfektion nahe. Deren Symptome sind zwar sehr variabel. Doch zu den typischen Anzeichen bei einem schweren Verlauf zählen plötzlich hohes Fieber und sekundäre bakterielle Atemwegsinfektionen durch die virusbedingte Immunschwäche. Bei milderen Erscheinungsformen kommt es zu leicht verschlechterten Fruchtbarkeitsleistungen und Husten.
Um die Verdachtsdiagnose zu bestätigen und andere Ursachen auszuschließen, wurden verschiedene Diagnoseverfahren eingesetzt. Die bei den Sauen, Ferkeln und Mastschweinen gezogenen Blutproben waren unauffällig für PRRSV und APP. Kaustricke, die in betroffenen Aufzuchtgruppen und in der Mast aufgehängt wurden, waren wiederholt negativ für PRRSV.
Die bei fieberhaften Aufzuchtferkeln durchgeführten Nasentupfer waren dagegen in der PCR positiv für Influenzaviren. Bei der Sektion von verendeten Mastschweinen wurde derselbe Nachweis erbracht. Letzte Gewissheit brachten die sehr hohen Influenza-Antikörpertiter bei den Sauen, die wenige Wochen nach dem Infektionsgeschehen gemessen wurden. Somit bestätigte sich der Verdacht einer Influenzainfektion in allen Altersklassen.
Weil sich die Probleme im Mastbetrieb nicht legen wollten und zwei weitere Durchgänge teils starke Symptome zeigten bzw. antibiotisch behandelt werden mussten, war der Handlungsdruck groß. Zumal auch die durch den Mäster ergriffenen Hygienemaßnahmen wie eine strikte Kontrollreihenfolge von jung nach alt, kein Zurückstallen von Tieren oder eigene Stiefel für jeden Stall nicht die erhoffte Wirkung zeigten.
Verschiedene Subtypen
Therapeutisch ist es wichtig zu wissen, welcher Subtyp für die Infektion verantwortlich ist. Wobei hier zu berücksichtigen ist, dass zeitgleich zwei Subtypen im Bestand verbreitet sein können. Aktuell wird zwischen vier dominierenden Influenzasubtypen unterschieden. Neben dem in der Schweinepopulation weit verbreiteten pandemischen Subtyp H1N1pdm sind dies H1N1, H1N2 und H3N2.
Für die Impfung gegen die drei zuletzt genannten Subtypen steht ein Dreifach-Impfstoff für Sauen zur Verfügung, der auch schon länger im betroffenen Betrieb eingesetzt wird. Für den erst seit ungefähr zehn Jahren auftretenden Subtyp H1N1pdm gibt es ebenfalls seit geraumer Zeit einen Impfstoff. Allerdings kann eine Impfung eine Infektion nicht sicher verhindern, sondern nur die Krankheitsverläufe spürbar abmildern.
Überarbeitete Impfstrategie
Die weiterführende Virusdiagnostik lieferte allerdings keinen Subtyp-Nachweis. Somit konnte man nicht klären, ob aus einer schlechten Immunitätslage heraus die Dreifach-Impfung der Sauen nicht den erhofften Schutz aufbaute oder ob der pandemische Influenza-Erreger H1N1pdm in den Bestand gelangt war. Ohne die Möglichkeit einer gezielten Impfstoffauswahl entschied sich der Landwirt, die Ferkel mit beiden Impfstoffen zu impfen.
Bei der Wahl des richtigen Impfzeitpunktes waren zwei Dinge zu beachten. Zum einen nehmen die Ferkel über das Kolostrum Antikörper auf und entwickeln so eine mehrwöchige Immunität. Zum anderen vergehen nach der Impfung etwa drei Wochen bis sich ein belastbarer Schutz aufgebaut hat. Um den Impfstoff effektiv einzusetzen und die Infektionskette in der Mast zu durchbrechen, wurden die Ferkel zur Mitte der Aufzucht geimpft.
Auch das Impfkonzept der Sauen erfuhr eine Anpassung. So wurde die Herde zeitgleich zum Start der Ferkelimpfungen gegen den pandemischen Influenza-Subtyp grundimmunisiert. Diese Impfung erfolgt bis heute im Abstand von zwei Monaten zu der etablierten Impfung, um eine Kreuzimmunität aufzubauen.
Während die Tiergesundheit auf dem Sauenbetrieb bereits vor der Anpassung der Impfstrategie wieder stabil war, klang das Krankheitsgeschehen in der Mast erst ab, als nach rund vier Monaten alle aufgestallten Tiere einen entsprechenden Impfstatus aufwiesen. An diesem Punkt wurde die Ferkelimpfung auch aufgrund der nennenswerten Kosten, die sich Sauenhalter und Mäster teilten, eingestellt.