Im Praxisbetrieb verursachten Rotaviren und Clostridien starke Saugferkeldurchfälle. Eine Bestandsvakzine gegen beide Erreger brachte den Durchbruch.
Dr. Alexander Kulüke, Tierärztliche Praxis Schöppingen
Ferkelerzeuger Müller (Name geändert) hat seine Wurfleistungen kontinuierlich gesteigert. Mit mehr als 30 abgesetzten Ferkeln gehört er zu den erfolgreichen Betrieben in seiner Region. Der Landwirt hält 200 Sauen und kann rund die Hälfte seiner Ferkel selbst mästen.
Doch im vergangenen Sommer verschlechterte sich die Gesundheit der jungen Saugferkel plötzlich drastisch. Am zweiten bis fünften Lebenstag traten starke Durchfälle auf. Einige Tiere litten neben dem wässrigen Durchfall auch an Erbrechen. In den besonders stark betroffenen Würfen lagen die Ferkel auf den Muttertieren, um ihren erhöhten Wärmebedarf zu decken. In dieser Phase kam es zu hohen Saugferkelverlusten von 15 bis 20%.
Antibiose ohne Erfolg
In den betroffenen Würfen wurden die Ferkel mit einem oralen Antibiotikum behandelt. Dies blieb jedoch ohne Erfolg. Zusätzlich hat der Betrieb den Ferkeln in separaten Schalen Elektrolyte angeboten. Diese Maßnahme führte nach zwei bis drei Tagen zu einer leichten Verbesserung der gesundheitlichen Situation. Allerdings hatten die Ferkel in einigen Würfen bereits mehrere Tage unter dem starken Durchfall zu leiden. Sie blieben daher in ihrer Wachstumsentwicklung stark zurück.
Parallel zur eingesetzten Behandlung wurde eine umfangreiche Diagnostik gestartet, um die Durchfallursache zu klären. Aufgrund des typischen Vorberichtes mit wässrigem Durchfall, Erbrechen und dem fehlenden Anschlagen einer Antibiose wurden Kottupfer von drei unbehandelten Ferkeln ins Labor gesandt. Hier erfolgte eine Untersuchung auf E.coli und Clostridien. Zudem ordnete der Hoftierarzt eine PCR-Untersuchung zum Nachweis viraler Erreger an.
Die PCR erbrachte den Nachweis auf Rotaviren vom Typ A. Parallel wurden Clostridien vom Typ A gefunden. Da es im Schweinebereich keinen handelsüblichen Impfstoff gegen Rotaviren gibt, wurde ein Rinderimpfstoff umgewidmet. Diese Vakzine erzielt in vielen Schweinebetrieben bei Saugferkeldurchfällen eine gute Wirkung. Auch im vorliegenden Praxisfall führte der umgewidmete Impfstoff zu einer deutlichen Verbesserung der Rotavirus-Problematik.
Doch Tierarzt und Betriebsleiter wollten gleichzeitig den durch Clostridien ausgelösten Ferkeldurchfall anpacken. Da der bislang auf dem Betrieb eingesetzte handelsübliche Clostridien-Impfstoff scheinbar keine ausreichende Wirkung erzielte, entschied der Hoftierarzt, eine Kombinationsvakzine aus den beiden Erregern – Rotavirus Typ A und Clostridium perfringens Typ A – herstellen zu lassen.
Bestandsvakzine entwickelt
Um die Kombi-Vakzine herzustellen, wurden die auf dem Betrieb nachgewiesenen Rotaviren und Clostridien in einem Labor isoliert, vermehrt und in einem Kombi-Impfstoff zusammengefasst. Das Impfschema ist so getaktet, dass die Sauen gruppenweise im Rahmen der Grundimmunisierung jeweils sechs und drei Wochen vor der Abferkelung vakziniert werden. Die Muttertiere bilden dann Antikörper gegen die beiden Durchfallerreger aus und geben diese über die Biestmilch an die Saugferkel weiter. Die Ferkel sind damit für den Zeitraum der Säugephase geschützt.
Die Kombi-Bestandsvakzine zeigte in kurzer Zeit eine gute Wirkung. So trat das Durchfallgeschehen bereits in der ersten geimpften Abferkelgruppe nicht mehr auf. Dennoch führt der Betrieb die Kombi-Impfung auf Empfehlung seines Hoftierarztes weiter fort. Denn Rotaviren können auch bei stabiler Gesundheit im Saugferkelbereich schnell wieder auftreten und Probleme verursachen.