Laut TA Luft müssen viele BImSch-Betriebe künftig 40% weniger Ammoniak ausstoßen. Welchen Beitrag moderne Rationen leisten können, zeigt ein Kalkulationsbeispiel.
Prof. Stephan Schneider, HfWU Nürtingen
Die neue TA Luft tritt Anfang Dezember in Kraft. Die No-velle beinhaltet für Schweinehalter deutliche Verschärfungen im Bereich der Technik, aber auch in der Fütterung. So hat der Gesetzgeber die Eckwerte der DLG-Fütterungsverfahren „stark N-/P-reduziert“ als Obergrenze für die N- und P-Ausscheidungen definiert. Für kleine BImSch-Anlagen mit 1500 bis 2000 Mast- bzw. 560 bis 750 Sauenplätzen gelten drei Jahre Übergangsfrist nach dem Inkrafttreten der neuen TA Luft.
Einer der wenigen Lichtblicke in der TA Luft ist, dass nährstoffreduzierte Fütterungsverfahren ebenso wie technische Maßnahmen gleichwertig zur Emissionsminderung angesehen werden. Das heißt: Weist ein Betrieb geringere Nährstoffausscheidungen auf als der Referenzwert, kann er die resultierende Ammoniakminderung angerechnet bekommen. Als Referenzwert gelten die DLG-Vorgaben für die stark N-/P-reduzierte Fütterung.
40% weniger Ammoniak
Nach derzeitigem Wissensstand müssen große BImSch-Anlagen mit mehr als 2000 Mast- bzw. 750 Sauenplätzen mindestens 40% Ammoniak gegenüber dem Referenzwert einsparen, sofern die Nachrüstung eines Abluftfilters nicht verhältnismäßig ist. Kleine BImSch-Anlagen müssen ebenfalls 40% Ammoniak gegenüber der Referenz einsparen.
Da die laut TA Luft zulässigen Minderungstechniken wenig ausgereift bzw. teuer sind, ist die praktische Umsetzung zurzeit noch unklar. Steht die Nachrüstung emissionsmindernder Techniken im Raum, kann in vielen Fällen eine gerichtliche Klärung notwendig werden.
Hingegen steht der Zeitplan für die Nachrüstung betroffener Anlagen fest. Große BImSch-Anlagen sollten sich darauf einstellen, dass sie spätestens in fünf Jahren und kleine BImSch-Anlagen in neun Jahren mindestens 40% Ammoniak einsparen müssen. Die Übergangsfristen beginnen mit dem Inkrafttreten der neuen TA Luft.
Reserven beim Futter
Die Kernfrage ist nun, welchen Beitrag die Fütterung zur Minderung der Ammoniakemissionen leisten kann. Laut einer aktuellen Studie des Deutschen Verbandes Tiernahrung (DVT) enthielten Fertigfutter für die Schweinemast im Jahr 2020 durchschnittlich 14,6% Rohprotein. Die aktuellsten Auswertungen des LKV Bayern weisen für März 2021 für die organisierten Mäster im Schnitt 15,3% Rohprotein und 0,43% Phosphor aus. Wobei 95% der Betriebe in Bayern Eigenmischer sind.
Entscheidend ist nun der Vergleich mit den Vorgaben der stark N-/P-reduzierten Fütterungsverfahren der DLG. Denn diese sind bezüglich der Ausscheidungswerte direkt in die TA Luft eingeflossen. Ergebnis: Die vom DVT veröffentlichten XP-Werte liegen unterhalb der Gehalte der stark nährstoffreduzierten Fütterungsverfahren.
Die bayerischen Betriebe unterschreiten die Werte der stark N-/P-reduzierten Fütterung bei den Tageszunahmeklassen 850, 950 und 1050 g knapp. Jedoch überschreiten sie die Werte bei den übrigen Klassen. Die durchschnittlichen Tageszunahmen lagen laut dem LKV Bayern im Wirtschaftsjahr 2019/2020 bei 819 g.
Somit erreichen derzeit nicht alle Betriebe dieses Bundeslandes die Werte der stark N-/P-reduzierten Fütterung. In der TA Luft hat der Gesetzgeber die Ausscheidungswerte der DLG 1:1 übernommen und die Ausscheidung als Differenz zwischen Input und Ansatz definiert. Daraus ergeben sich hinsichtlich der Reduzierung der Ammoniakemissionen und deren Anrechnung für die Reduzierungsverpflichtung zwei Ansätze:
- Der Rohproteingehalt je kg Futter,
- die Futtermenge je kg Zuwachs.
Somit kommt dem Futteraufwand und den Futterverlusten eine herausragende Bedeutung zu. Im Folgenden soll eine Musterkalkulation das Potenzial der Fütterung zur Ammoniakminderung plakativ aufzeigen.
Mastbetrieb durchgerechnet
Ausgangspunkt ist ein Schweinemäster mit 2500 Plätzen und 100 ha Nutzfläche. Der Betrieb erzielt bei 850 g Tageszunahme drei Umtriebe pro Jahr. Bei 2% Verlusten erzeugt er 7350 Mastschweine im Jahr. Für die Kalkulation wird die N-/P-Absenkung in drei Stufen variiert (siehe Übersicht):
- Variante 1: Das stark N-/P-reduzierte Futter enthält im Mittel 15,35% XP und 0,43 g P. Der Futteraufwand liegt bei 2,79 kg/kg Zuwachs.
- Variante 2: Das sehr stark N-/P-redu- zierte Futter enthält im Mittel 14,4% XP und 0,41 g P. Der Futteraufwand bleibt bei 2,79 kg/kg Zuwachs.
- Variante 3 ist das DVT-Ziel für 2030 plus eine P-Vorgabe. Die Gehalte sinken auf 14% XP und 0,39% P. Der Futteraufwand beträgt 2,65 kg/kg Zuwachs.
Das Ergebnis der Kalkulation ist erfreulich. So kann die sehr stark N-/P-reduzierte Fütterung rund ein Viertel der geforderten 40% Ammoniakminderung beisteuern. Mit der weiteren Nährstoffabsenkung zum DVT-Ziel für 2030 kann die Fütterung sogar über die Hälfte der geforderten Ammoniakminderung leisten. Bleibt die Preisrelation zwischen den kristallinen Aminosäuren und den Proteinfuttermitteln weiter so bestehen, ist die Fütterung sicherlich die kostengünstigste Variante zur Senkung der Ammoniakemissionen in Schweinebetrieben.
Eiweißarme Komponenten
Für die Rationsplanung heißt das: Rohproteinarme Komponenten wie Maisprodukte, aber auch XP-arme Getreide wie Roggen oder rohproteinarmer Weizen gewinnen an Vorzüglichkeit. In Kombination mit den von der TA Luft geforderten geringeren P-Gehalten kommt bei Nebenprodukten deren gezielte Kombination sowie bei phosphorreicheren Proteinfuttermitteln wie Rapsextraktionsschrot der Futteroptimierung eine noch größere Bedeutung zu.
Schon jetzt gibt es auch in Bayern Betriebe, welche die DVT-Variante für 2030 erfolgreich umsetzen. Hierzu gehören neben einem professionellen Fütterungsmanagement und -controlling auch die passende Genetik sowie eine optimale Vermarktung und Tiergesundheit.
Allerdings können bei einer sehr starken Eiweißabsenkung im Praxisbetrieb Leistungseinbußen auftreten, sofern der Ausgleich mit synthetischen Aminosäuren zu gering ausfällt. Der Betrieb sollte sich daher schrittweise an die XP-Absenkung herantasten.
Zur Dokumentation des Fütterungsverfahrens im Rahmen der TA Luft und der damit verbundenen Ausscheidungen und Emissionen muss der Betrieb künftig zahlreiche Daten nachvollziehbar darlegen können. Die Mitgliedschaft in einer anerkannten Beratungsorganisation mit unabhängigen Auswertungen ist hier vorteilhaft.
Zusätzlich Filter einbauen
Eine weitere Frage ist: Welche Ansätze bestehen neben der Fütterung, um die vorgeschriebene Ammoniakminderung um 40% nachzuweisen?
Die TA Luft nennt keine Lösungen, welche die als Ergänzung zur Fütterung notwendigen 20 oder 30% NH-Min- derung aufbringen können. Somit ist die praktische Umsetzung noch unklar.Jedoch ist folgende Kombination vorstellbar und sinnvoll: Der Schweinehalter optimiert seine Fütterung und weist die zusätzliche Ammoniakminderung nach. Die fehlenden Minderungsprozente werden durch eine teilweise Umsetzung hoch wirksamer Maßnahmen erreicht.
Ein Weg kann sein, dass nur ein Teilluftstrom mit einer Filteranlage behandelt wird und somit die fehlende Minderung nachgewiesen wird. Dies könnte z.B. erfolgen, indem ein Mäster nur zwei seiner insgesamt sechs Mastkomplexe mit einer Abluftreinigungsanlage oder einer ähnlichen Maßnahme nachrüstet.
Abstockung oft zu teuer
Neben Abluftfiltern lässt die TA Luft weitere technische Lösungen zur Minderung der Ammoniakemissionen zu. Hierzu gehören u.a. die Kühlung oder Ansäuerung der Gülle, die Kot/Harntrennung sowie verschiedene Anpassungen im Güllesystem zur Verkleinerung der emittierenden Oberfläche.
Die Auslegung von Minderungskonzepten können Gutachter exakt berechnen. Wie die Behörden mit einer Kombination von Minderungsmaßnahmen um-gehen, ist allerdings noch unklar. Bei Streitigkeiten wird wahrscheinlich eine Klärung vor Gericht folgen müssen.
Letztlich kann auch eine Abstockung unter die Grenzen der BImSch-Pflicht verlockend scheinen. In diesem Fall würde der Betrieb seinen Bestand unter 1500 Mast- bzw. 560 Sauenplätze reduzieren und könnte so den Vorgaben der TA Luft entgehen. Allerdings sind der Deckungsbeitragsverlust und die etwaige Teil-Kompensation durch Tierwohlzuschläge genau zu kalkulieren. Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund der derzeit schleppenden Auszahlung der Tierwohlprämien.
Eine Abstockung zwecks Minderung der Ammoniakemissionen bringt einzelbetrieblich nichts. Denn laut TA Luft sind der Ammoniakanfall und die Reduktionsziele pro Tierplatz zu ermitteln.