Am europäischen Projekt EuPig beteiligten sich auch deutsche Schweineprofis. SUS stellt Tipps zur Getreidereinigung, zum Hygiene-Check und zur Saugferkelbetreuung vor.
Klemens Schulz, BRS
In der SUS-Ausgabe 6/2020 haben wir über das EU-Projekt „EuPig“ informiert und stellvertretend für mehr als 800 eingereichte Best Practices-Beispiele drei Lösungen vorgestellt. Diese Tipps dienen als Beleg für die Innovationsfreude bei europäischen Schweinehaltern. Heute stellen wir drei Ideen von deutschen Einsendern vor, die sich in die Riege dieser Best-Practices einreihen.
Getreidereinigung zur Darmstabilisierung
Der Verzicht des Schwanzkupierens ist eine Riesenherausforderung. Martin Stodal, Ferkelerzeuger und Mäster aus Creglingen in Baden-Württemberg, kennt die Herausforderungen. Seit 2015 nimmt er am vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) geförderten Modell- und Demonstrationsvorhaben (MuD) Tierschutz teil.
- Maßnahmen: Mit Unterstützung durch MuD Tierschutz-Beraterin Nadja Böck (LLH) wurden Maßnahmen entwickelt, um Schwanzbeißen und Nekrosen sicher in den Griff zu bekommen. Der Einfluss der Fütterung auf die Darmgesundheit beschäftigte den Betriebsleiter von Beginn an. Vor ca. drei Jahren wurde eine mechanische Getreidereinigung eingebaut, um die Mykotoxinbelastung des Futters durch einen zusätzlichen Reinigungsschritt zu reduzieren.
Über eine Rotorwelle wird das Getreide aus Zukauf und eigener Ernte vor der Vermahlung abgerieben. Auf diese Weise werden anhaftende Fusarientoxine und Schmutz erfolgreich herausgereinigt. Dies konnten Laboruntersuchungen des Ausputzes sowie Getreideproben vor und nach der Reinigung bestätigen. Vor allem die Fusarientoxine DON und T2 Toxin konnten deutlich gesenkt werden.
Der Getreidereiniger kann grundsätzlich in die vorhandene Mahlanlage integriert werden. Dabei sind technische Details der Getreidemühle zu beachten. Im Betrieb Stodal wurde im Zuge der Optimierung der Fütterung eine Strukturmühle angeschafft, um gleichzeitig die Futterstruktur zu verbessern.
- Nutzen/Kosten: Die betriebswirtschaftlichen Auswirkungen wurden durch Linda Mergner vom KTBL ermittelt. Die Anschaffungskosten für das eingesetzte System liegen inklusive Montage bei rund 8000 € netto. Als Abschreibungszeitraum werden zehn Jahre angenommen. Werden die Kosten auf die insgesamt 3100 Ferkelaufzucht- und Mastplätze im Betrieb umgelegt, ergeben sich Kosten von 0,32 € je Tierplatz und Jahr.
Dies entspricht einer Steigerung der Kosten von 0,04 € je aufgezogenem Ferkel und 0,09 € je vermarktungsfähigem Mastschwein. Andererseits konnte der Futterpreis reduziert werden, da der Betrieb nun auf den Einsatz eines Mykotoxinbinders verzichten kann. Dadurch sinken sie um ca. 1,00 € je dt Futter. Für die Ferkelaufzucht bedeutet das eine Reduktion der Kosten um 0,50 € pro aufgezogenem Ferkel, für die Mast eine Einsparung um 2,70 € je vermarktungsfähigem Mastschwein.
Schlussendlich ergibt sich für den Betrieb nach der Anschaffung des Reinigungsgerätes und dem Wegfall des Toxinbinders eine Reduktion der Kosten von 0,46 € je aufgezogenem Ferkel und 2,61 € je vermarktungsfähigem Mastschwein.
Stodal sieht außerdem einen positiven Effekt auf die Gesundheit seiner Tiere. Das verwundert nicht, weil Mykotoxine dafür bekannt sind, negativ auf das Immunsystem zu wirken.
Hygienecheck mit ASP-Ampel
Die Afrikanische Schweinepest (ASP) hält Deutschland seit September 2020 in Atem. Alle Betriebe sind gehalten, die Bestimmungen der Schweinehaltungshygieneverordnung penibel umzusetzen. Die Universität Vechta hat hierfür das Onlinetool „ASP-Ampel“ entwickelt, um Schweinehaltern eine Selbsteinschätzung ihrer betrieblichen Präventionsmaßnahmen anzubieten.
- Maßnahmen: Auf dem Betrieb Geese in Bösel mit etwa 200 Sauen im geschlossenen System befinden sich die Tiere in unterschiedlichen Ställen auf der Hofanlage. Ralf Martens, zuständig für die Biosicherheit in der Goldschmaus Gruppe, hat den Betrieb betreut und nutzte das Online-Tool mit 111 Fragen. Die Risikofaktoren betreffen alle für einen ASP-Eintrag relevanten Betriebsteile und teilen sich auf in drei Kategorien mit fünfzehn Unterkategorien:
- Lage des Betriebes (Bauliche Voraussetzungen, Betriebsorganisation, Betriebsgelände Zugang);17
- Abschirmung des Stalles (Schwarz-Weiß-Grenze);18
- Arbeitsabläufe (Management des Betriebsalltags).19
Das Ergebnis ist eine nach Ampelfarben visualisierte Risikobewertung bzw. Einteilung in -klassen. In einer Optimierungsanalyse werden alle identifizierten Risikofaktoren ihrer Bedeutung gemäß aufgelistet und konkrete Hinweise zur Umsetzung im Betrieb gegeben.
Für den Betrieb Geese war die Risikoeinstufung insgesamt positiv. Allerdings gab es zwei Empfehlungen bei der Kadaverlagerung- und abholung sowie der Hygieneschleuse, um die volle Punktzahl erreichen zu können.
Abhilfe war schnell geschaffen: Der Kadaverplatz wurde befestigt und es wurde eine Routine zur regelmäßigen Reinigung und Desinfektion etabliert. In den jeweiligen Hygieneschleusen von Sauen- und Maststall wurde die Trennung des Schwarz-Weiß-Bereiches optimiert. Die Stallkleidung wird nun beispielsweise deutlich von der Straßenkleidung getrennt.
- Nutzen/Kosten: Insgesamt hat die Risikoanalyse etwa 60 Minuten gedauert. Die Investitionen und die Zeit für die Nachbesserung betrugen nicht einmal 1000 €. Wenig für ein gutes Gefühl, alles für die Biosicherheit getan zu haben.
Ein weiterer Vorteil: das Ergebnis hängt jetzt im Büro und kann auf Nachfragen der Veterinärbehörden oder bei einem Audit präsentiert werden. Damit dokumentiert man gegenüber den Behörden: Biosicherheit ist keine Floskel, sondern wird auf dem Betrieb und bei Goldschmaus ernst genommen. Denn ein Ausbruch im Hausschweinebestand wäre katastrophal für den Betrieb, das Unternehmen Goldschmaus und für alle anderen Schweinehalter in Deutschland.
Weniger Saugferkelverluste
In einem BHZP Zuchtbetrieb werden rund 280 Sauen mit angeschlossener Ferkelaufzucht und Jungsauenaufzucht gehalten. Nach Beratung durch Frau Gerstenkorn vom BHZP wurden diverse Maßnahmen festgelegt, um Saugferkelverluste und Durchfälle bei Saugferkeln zu verringern.
- Maßnahmen: Eine Maßnahme war die Überprüfung der Oberflächentemperatur der Ferkelnester mittels des CAT S-60-Handys mit Wärmebildkamera.
Bei den Ferkelnestern handelt es sich um offene Ferkelnester mit Warmwasser- Fußbodenheizung. Die Flächen wurden ca. 24 Stunden nach Einschalten der Heizung überprüft. Im Display erscheint ein großflächiges Bild zur Wärmedurchflutung des Ferkelnestes mit Anzeige der Temperatur.
Die Angaben werden mit Kreide an die Wand der Bucht geschrieben. Dabei wird eine Oberflächentemperatur von 38,5 bis 39,5°C angestrebt. Bei Abweichungen erfolgt eine Anpassung der Temperatur der Heizung im Abteil, am folgenden Tag wird erneut kontrolliert. Wenn einzelne Ferkelnester zu geringe Temperaturen aufweisen, wird mit Rotlichtlampen ausgeglichen. Weitere Temperaturmessungen erfolgen bei auffälligem Liegeverhalten der Ferkel.
Eine weitere Maßnahme ist die Wassergabe an die Ferkel ab dem ersten Lebenstag über die Futterschale in der Trennwand. Schalentränken befinden sich direkt daneben an der Trennwand.
Es erfolgt eine tägliche Reinigung mit einem Schlauch mit Düse. Die Handhabung ist einfach. Der Standort ist auch durch Sichtkontakt zur Konkurrenz in der Nachbarbucht für die Ferkel attraktiv. Ab dem 7. Lebenstag wird statt Wasser Prestarter über die Futterschalen angeboten. Da den Ferkeln durch die Wasseraufnahme der Automat bekannt ist, nehmen sie einfacher das angebotene Futter an.
- Nutzen/Kosten: Was hat sich verbessert? Früher wurden in den Gruppen stark schwankend, aber im Extremfall bis zu 50% der Würfe mit Saugferkeldurchfall beobachtet. Seit November 2020 und nach Umsetzung der Maßnahmen sind es nur noch max. 10% der Würfe. Auch wird beobachtet, dass sich das Liegeverhalten der Ferkel verbessert hat. Sie nutzen das Ferkelnest, wodurch sich die Verluste durch Erdrücken verringert hat. Des Weiteren werden vitalere und gleichmäßigere Würfe beobachtet.
Die Ferkelverluste konnten von durchschnittlich 13,1 im Zeitraum Mai 2019 bis Ende Februar 2020 auf 11% im Zeitraum März bis Ende Dezember 2020 reduziert werden. Dadurch stieg die Zahl der abgesetzten Ferkel pro Sau und Jahr von 30,6 auf 32,3.
Die Kosten für das Outdoorhandy mit Wärmebildkamera liegen bei ca. 400 bis 500 €. Der Zeitaufwand für die Temperaturmessung ist gering, es können ca. sechs bis acht Ferkelnester pro Minute kontrolliert werden. Auch die Wassergabe über die vorhandenen Futterschalen wird bei der täglichen Trogkontrolle und Reinigung erledigt und ist mit sehr geringem Zeitaufwand verbunden.