Sauenhalter müssen den Deck- und Abferkelbereich den neuen Vorgaben anpassen. Oft geht am Neubau kein Weg vorbei, wie unser Praxisfall zeigt.
Dr. Karl-Heinz Tölle und Matthias Quaing, ISN
Auf die deutschen Sauenhalter kommen umfangreiche Anpassungen bei den Stallgebäuden zu. So fordert die neue Tierschutznutztierhaltungsverordnung im Deckzentrum binnen acht Jahren die Gruppenhaltung bis zur Belegung mit 5 m2 Buchtenfläche je Sau. Der Abferkelbereich muss binnen 15 Jahren auf Bewegungsbuchten umgerüstet sein.
Der Umbau verursacht hohe Investitionen, die je nach Betrieb im sechsstelligen, mitunter sogar siebenstelligen Bereich liegen. Vor einer Investition ist daher genau abzuwägen, wie sich die Neuregelungen umsetzen lassen. Hierzu wurden mithilfe der Stallbauberatung der Landwirtschaftskammer NRW mehrere Praxisfälle bis zu ersten Konzepten mit Kostenkalkulationen durchgespielt.
Praxisfall mit zwei Herden
Im vorliegenden Fall geht es um einen gewachsenen Betrieb mit rund 530 Sauen, der sich aus zwei steuerlich getrennten Herden zusammensetzt (Übersicht 1). Der Altbetrieb umfasst 176 Sauen in abgeschriebenen Ställen, im jüngsten Fall aus den 1980er-Jahren. Der neuere Betriebsteil mit rund 350 Sauen ist um die Jahrtausendwende entstanden und durch eine Straße vom Altbetrieb getrennt.
Der Betrieb führt alle Sauen im Zwei-Wochen-Rhythmus mit vierwöchiger Säugezeit, sodass er die Ferkel nach dem Absetzen noch eine Woche in der Abferkelbucht belässt. Aufgrund der guten Erfahrungen soll dieser Rhythmus beibehalten werden.
Bei der Planung kommt es darauf an, dass die Umbauschritte sinnvoll aufeinander aufbauen. Dabei sind auch arbeitswirtschaftliche Aspekte in den gewachsenen Gebäuden zu beachten. Zudem sollen die Anpassungen mögliche weitere Entwicklungsschritte nicht verbauen.
Altgebäude umbauen?
Der Altbetrieb weist sehr unterschiedliche, kleinstrukturierte Abteile auf. Die Warteställe wurden 2013 zur Gruppenhaltung umgebaut. Das Deckzentrum mit 36 Plätzen ist nicht für die Gruppenhaltung geeignet. Denn der Gang zwischen den Kastenstandreihen ist nur einen Meter breit und nicht unterkellert. Eine Umrüstung des Deckzentrums wäre mit hohem Aufwand und Kosten verbunden.
Zur Schaffung der erhöhten Platzvorgabe im Deckzentrum könnte der Betrieb die größere Kastenstandreihe entnehmen und die verbleibenden Stände als Selbstfang-Service-Buchten ausstatten. Allerdings gingen 20 von 36 Deckplätzen verloren. Rechnerisch würde sich die Herde im Altgebäude auf 165 Sauen reduzieren.
Für den Umbau des Deckzentrums sollte der Landwirt rund 30000 € plus Genehmigungs- und Planungskosten kalkulieren. Verzichtet er auf den Umbau des Güllekellers, sinken die Kosten unter 10000 €, jedoch werden die festen Flächen dann zu schmutzig und rutschig.
Die Umrüstung der Abferkelställe im Altbetrieb ist nicht sinnvoll. Denn von den derzeitigen 48 Abferkelbuchten blieben aufgrund der ungünstigen Achsmaße nur 28 Buchten übrig. Nach beiden Umbauschritten müsste der Landwirt seine Herde im Altbetrieb auf knapp 100 Sauen verkleinern.
Unter Berücksichtigung der Umbaukosten und des entgangenen Deckungsbeitrags müsste der Erlös je Ferkel um über 24 € steigen, um ein vergleichbares Einkommen wie vor der Baumaßnahme erwirtschaften zu können! Aufgrund der erheblichen finanziellen Einbußen ist vom Umbau der Altgebäude abzuraten.
Fokus auf neuere Ställe
Die bauliche Situation im neueren Betriebsteil ist deutlich besser. Die Sauen stehen hier in zwei verbundenen Gebäuden. Der Wartestall und das Deckzentrum sind nahezu baugleich mit 2,25 m² Platzangebot je Sau. Die Gangbreiten zwischen den Kastenständen liegen bei gut 2 m und erfüllen die Voraussetzung für die Gruppenhaltung.
Eine Anpassung des Deckzentrums an die neuen Anforderungen wäre mit überschaubaren Maßnahmen möglich. Zum einen kann eine Reihe der Kastenstände entfernt werden, um die künftig erforderlichen 5 m² Fläche je Sau zu erreichen. Zum anderen kann der Ferkelerzeuger die Kastenstände durch Selbstfang-Service-Buchten ersetzten.
Viele Sauenplätze verloren
Aufgrund des Zwei-Wochen-Rhythmus reicht es aus, wenn eine Gruppe im großflächigen Deckzentrum steht. Durch den Umbau im Deckzentrum gingen 34 Warteplätze verloren. Der Bestand im Neubetrieb würde auf 319 Sauen sinken.
Die Kosten für den Umbau des Wartestalls zum Deckzentrum sind im neueren Betriebsteil überschaubar. Denn es ist kein Eingriff in den Betonbau im Güllekeller bzw. die Statik notwendig. Für knapp 20000 € sollte das Abteil mit neuen Selbstfangbuchten umgebaut sein.
Gewichtiger wirkt sich die Abstockung um mehr als 30 Sauen auf das Betriebsergebnis aus. Denn dies bedingt einen Deckungsbeitragsverlust von etwa 23000 € jährlich. Zudem ist dieser Schritt nur eine Übergangslösung, bis die Abferkelbuchten umgebaut sein müssen.
Gesamtkonzept mit Neubau
Somit verliert der Landwirt im Altbetrieb durch die nur schwer mögliche Umnutzung des Deckzentrums 36 Sauenplätze. Im Neubetrieb fallen 34 Warteplätze weg. Hinzu kommt, dass die Sauenhaltung im Altbetrieb spätestens zum Umbau des Abferkelbereiches ausläuft.
Es scheint sinnvoll, den aktuellen Sauenbestand perspektivisch komplett im Neubetrieb zu halten. Dass bei der bisherigen Genehmigung beide Betriebsteile als Ganzes betrachtet wurden und die Flächenausstattung aus steuerlicher Sicht für eine Verschmelzung der Betriebsteile ausreicht, erleichtert diesen Weg.
Der Altbetrieb könnte dann z.B. noch für die Eingliederung der Zuchtläufer, bei Bedarf bis zur Besamung, genutzt werden. Auch über eine Aufstockung des Bestandes denkt der Landwirt nach.
Will der Betriebsleiter den Sauenbestand halten, könnte er die notwendigen Abferkelplätze (ca. 150) nach den neuen Vorgaben in den Gebäuden des neueren Betriebsteils unterbringen. Dazu müssten der Wartestall und das Deckzentrum komplett in ein neues Gebäude ausgelagert werden. Dies hätte den Vorteil, dass der Betrieb den Tieren dort künftig Kontakt zum Außenklima schaffen könnte.
Vor diesem Hintergrund ist es wenig sinnvoll, den Umbau des Deckzentrums in den bestehenden Gebäuden des neueren Betriebsteils umzusetzen. Auch wenn dieses als Übergangslösung mit geringeren Investitionen möglich wäre.
Deshalb soll zur Umsetzung der Haltungsverordnung von vornherein in ein neues Deckzentrum investiert werden. Dies soll mit rund 350 m² Grundffläche Platz für 48 Sauen und zwei Eber bieten (Übersicht 2). Das würde als Kapazität für den Alt- und Neubetrieb ausreichen, da Zuchtläufer und Umrauscher zunächst in bestehenden Ställen bleiben können.
Im zweiten Schritt soll das Deckzentrum dann um einen rund 1500 m² großen Wartestall mit 384 Sauenplätzen und 16 Buchten für ein bis zwei kranke, verletzte oder gruppenuntaugliche Sauen ergänzt werden. So kann der Betrieb mit gut 2,5 m² je Sau bereits im Gebäude 10% mehr Buchtenfläche als die Gesetzesvorgabe anbieten.
Für Auslauf gerüstet
Die Gebäudeanordnung und die Gruppenstruktur lassen zudem die spätere Ergänzung eines Auslaufs an beiden Traufenseiten zu. Beim Deckzentrum ist ein Auslauf an der Firstseite möglich. Voraussetzung ist, dass dies seuchen- und emissionsrechtlich machbar ist.
Im dritten Bauabschnitt würde der jetzige Wartestall der neueren Bestandsgebäude zum Abferkelstall umgebaut. Im Fall einer Aufstockung wäre die Erweiterung des geplanten Neubaus für den Deck- und Wartestall möglich. Wobei die Genehmigungsfähigkeit zu prüfen ist. Bei einer Aufstockung müsste für den Abferkelbereich ein weiterer Neubau folgen.
Hohe Umrüstkosten
Die geschilderte Umbauvariante mit größeren Neubauten zieht erhebliche Investitionen nach sich. Der erste Abschnitt mit dem neuen Deckzentrum für 48 Sau-en und zwei Eber schlägt inklusive Genehmigungs- und Planungskosten mit rund 186000 € zu Buche (Übersicht 3).
Der zweite Bauabschnitt für 400 Warteplätze erfordert Investitionen von rund 750000 €. Die angedachten Ausläufe sind in dieser Summe noch nicht berücksichtigt. Der dritte Bauabschnitt mit 150 Abferkelbuchten in der alten Gebäudehülle dürfte je Platz etwa 5500 € kosten.Die Gesamtinvestitionen erreichen damit ein Niveau zwischen einem reinen Um- bau und einem Neubau.
Kosten für eine zusätzliche Güllelagerung wurden nicht berücksichtigt. So hat der Betrieb bereits eine Lagerdauer von über neun Monaten realisiert.
Unter dem Strich errechnet sich für die Umrüstung bzw. für den Neuaufbau der Ställe für 530 Sauen ein Investitionsvolumen von 1,76 Mio. € bzw. rund 3320 € je produktiver Sau. Das entspricht bei 2% Zinssatz und 20 Jahren AfA für die Bauhülle bzw. 10 Jahren für die Stalleinrichtung rund 160000 € Jahreskosten.
Bei konstantem Sauenbestand müsste der Ferkelpreis um etwa 10 € steigen, um dasselbe Einkommen zu erzielen wie vor der Umbaumaßnahme!