Rund 15 Liter Milch geben die besten Sauen täglich, theoretisch könnten es fünf Liter mehr sein. Neue Erkenntnisse aus Dänemark, um die Milchleistung zu optimieren.
Trine Friis Pedersen, Seges, und Uffe Krogh, Uni Aarhus
Dänische Forscher sind sich sicher, dass eine Sau potenziell in der Lage ist, 20 Liter Milch am Tag zu produzieren. Dahinter steht eine einfache Rechnung: Die besten Saugferkel nehmen täglich 350 g zu. Dafür müssen sie etwa 1,4 Liter Milch aufnehmen. Angenommen, alle 14 Ferkel eines Wurfs schöpfen ihr Wachstumspotenzial aus, dann käme man auf eine Leistung von knapp 20 Liter Milch pro Tag. In der Praxis erreichen die besten Sauen derzeit 15 bis 16 Liter Milchleistung pro Tag, im Schnitt sind es 12 Liter. Die schlechtesten Muttertiere geben täglich 9 Liter Milch. Das zeigt: Die Bandbreite bei den Milchmengen zwischen verschiedenen Sauen ist enorm. Und hinsichtlich des Potenzials von 20 Litern gibt es noch viel Luft nach oben. Doch wie verbessert man die Milchleistung?
Letztlich ist es ein Puzzle aus vielen verschiedenen Teilen, die ineinandergreifen müssen, um eine hohe Milchleistung zu erreichen. Die wichtigsten sind:
- Viele funktionale Zitzen7
- Die richtigen Haltungsbedingungen.10
- Eine gut genährte Sau in perfekter Kondition.11
Fakten zur Milchabgabe
Zunächst ein paar Fakten rund um die Milchabgabe der Sau. Während des Abferkelns fließt die Milch kontinuierlich. So können die neugeborenen Ferkel jederzeit Kolostrum aufnehmen. Nach dem Abferkeln startet die zyklische Milchabgabe, also die Abgabe in bestimmten Abständen.
Damit die Milch freigesetzt wird, ist eine Zusammenarbeit zwischen Sau und Ferkeln wichtig. Zunächst sammeln sich die Ferkel um das Gesäuge (Initialphase, siehe Übersicht 1), anschließend massieren sie 1 bis 2 Minuten lang intensiv das Gesäuge. Durch die Stimulation schüttet die Sau das Hormon Oxytocin aus. Dieses setzt die Milch aus seinen Speicherorten, den Alveolen frei, sodass die Ferkel säugen können. Der Milcheinschuss dauert 10 bis 20 Sekunden. Anschließend massieren die Ferkel wieder das Gesäuge.
Rund 35 Minuten nach einer Mahlzeit ist das Gesäuge bereits wieder zu 80% mit Milch gefüllt. Im Schnitt trinken die Ferkel alle 48 Minuten. Das heißt, sie kommen in 24 Stunden auf 30 Mahlzeiten. Pro Mahlzeit nimmt ein Ferkel durchschnittlich 30 ml Milch auf.
Das Gesäuge einer laktierenden Sau stemmt also Höchstleistungen im Dauereinsatz. Dafür wiederum ist es wichtig, dass es der Sau gut geht und sie gesund ist. Jede Lahmheit und bakterielle oder virale Krankheit beeinträchtigt das Wohlbefinden und mindert die Milchleistung.
Alle Zitzen in Nutzung?
Neben der Gesundheit ist die Zitzenzahl ein wichtiger Faktor für die Milchleistung. Wobei sich dänische Experten aktuell noch streiten, ob unbenutzte Zitzen in der ersten Laktation die Milchmenge an diesen Zitzen in der nächsten Laktation verringern.
In einem Versuch wurden Zitzen in der ersten Laktation abgeklebt. Die Ferkel, die in der nächsten Laktation hier gesäugt haben, wogen beim Absetzen 0,5 kg weniger als der Schnitt ihrer Buchtengenossen. Andere Forscher wiederum sind der Ansicht, dass die Milchleistung nicht davon beeinflusst wird, ob Zitzen zuvor in Nutzung waren oder nicht.
Fakt ist, dass die Milchmenge pro Zitze in den ersten drei Laktationen ansteigt (siehe Übersicht 2). In der ersten Laktation sind es 0,97 kg Milch pro Zitze und Tag, während der zweiten 1,03 kg pro Zitze und Tag und in der dritten Laktation 1,10 kg.
In der Praxis bedeutet das, dass man darauf achten sollte, dass die Jungsauen mindestens 15 oder mehr Zitzen haben und dass auch alle Zitzen nach der Geburt bzw. dem Wurfausgleich belegt sind.
Mehr Milch bei fitten Ferkeln
Auch die Wurfgröße ist für die Milchleistung entscheidend. Und zwar nicht nur die Anzahl der Ferkel, sondern auch deren Größe, Gewicht und Fitness. So haben Untersuchungen ergeben, dass die Milchleistung um 26% steigt, wenn an die Sau ausnahmslos große Ferkel versetzt werden.
Im Gegenzug sinkt die Milchleistung, wenn die Sauen als Ammensauen eingesetzt werden: So zeigten Untersuchungen, dass die Milchmenge um 22% zurückgeht, wenn an eine Sau nach 14 Tagen neugeborene Ferkel gesetzt werden. Auch wenn anschließend die Milchmenge kontinuierlich wieder steigt, erreicht die Sau nicht mehr ihr Ausgangsniveau.
Während der Geburt sollte man also darauf achten, dass alle Ferkel ausreichend Kolostrum aufnehmen. So ist sichergestellt, dass die Ferkel fit und gesund genug sind, um in den folgenden Tagen das Gesäuge gut zu stimulieren und die Milchproduktion anzukurbeln.
Lange Trennungen vermeiden
Die Alltagsroutinen rund um das Management im Abferkelstall beeinflussen die Milchleistung ebenfalls. So führt das Versetzen von Ferkeln zu einer neuen Rangordnung am Gesäuge. Damit büßt man Milchmenge ein.
Untersuchungen haben gezeigt, dass Ferkel, die später als zwei Tage nach der Geburt versetzt werden, beim Absetzen im Schnitt 300 bis 900 g weniger wiegen. Und alle anderen Ferkel in dem Wurf wogen beim Absetzen 140 g weniger als der Durchschnitt aller abgesetzten Ferkel einer Gruppe.
Ebenfalls einen negativen Einfluss auf die Milchleistung hat es, wenn die Ferkel zu lange von der Sau separiert werden, zum Beispiel bei den Wurfbehandlungen. Werden die Ferkel beispielsweise sechs Stunden von der Sau getrennt, entspricht das einem Viertel des Tages. Damit büßt man also 25% der potenziellen Milchaufnahme ein. Hinzu kommt, dass das Gesäuge der Sau nicht stimuliert und geleert wird, was sich negativ auf die Gesäugeentwicklung auswirkt.
Für die Praxis bedeutet das, dass man das Versetzen der Ferkel auf ein notwendiges Maß reduzieren und spätestens 48 Stunden nach der Geburt abschließen sollte. Lange Trennungen von Sau und Ferkeln sollte man zudem vermeiden.
Ausreichend Platz am Gesäuge
Sehr wichtig ist auch, wie der Platz um das Gesäuge gestaltet ist. Wie ist die Bucht konzipiert, wie der Ferkelschutzkorb? Drücken die Abweisbügel ans Gesäuge, wenn die Sau liegt? Wie viel Platz gibt es zwischen der Sau und der Buchtentrennwand? Wird freies Abferkeln bevorzugt oder werden Bewegungsbuchten genutzt? Hier haben Untersuchungen in Dänemark gezeigt, dass die Ferkel von Sauen aus der freien Abferkelung beim Absetzen schwerer sind als von Sauen, die im Schutzkorb standen.
Ruhe sehr wichtig
Laktierende Sauen brauchen zudem Ruhe im Abferkelstall. Denn bei Stress wird das Hormon Adrenalin freigesetzt, das die Oxytocinausschüttung hemmt. Letztlich verzögern sich also die Milchabgaben und man büßt potenzielle Milchleistung ein.
Die Fütterung hat ebenfalls einen wichtigen Einfluss auf die Gesäugeentwicklung und Milchleistung. Bereits in der Trächtigkeit baut sich das Drüsengewebe im Gesäuge kontinuierlich auf, ab dem 100. Trächtigkeitstag wächst es exponentiell. Das bedeutet, dass Sauen gerade in den letzten zwei Wochen der Trächtigkeit deutlich über dem Erhaltungsbedarf gefüttert werden sollten.
Während der Laktation verdoppelt sich die Menge an Drüsengewebe sogar noch. Auf die Milchleistung hat jetzt die Fütterung einen entscheidenden Einfluss. Neben der Futtermenge spielt das verdauliche Lysin eine wichtige Rolle. Untersuchungen in Dänemark haben gezeigt, dass für 15 bis 16 kg Milch am Tag rund 67 g verdauliches Lysin benötigt werden. Im Laktationsfutter sollte man somit den empfohlenen Lysingehalt von 1% (rund 10 g/kg) nicht unterschreiten.