Welche Vollkosten verursachen die Erzeugung eines Ferkels und die Mast eines Schweins? Unser Autor ermittelt sie für das Strohschweinprogramm der Erzeugergemeinschaft Südbayern und der Rewe.
Das Bestreben nach einem gerechten Preis für ein erzeugtes Schwein ist nicht neu. Doch leider wurde dieses Ziel in der Vergangenheit viel zu oft verfehlt.
Die gerechteste Form der Bezahlung ist ein Schweinepreis, der auf Basis einer Vollkostenrechnung ermittelt wird. Dazu gehören neben den variablen und festen auch die kalkulatorischen Kosten wie die Entlohnung der Arbeitszeit und die Verzinsung des eingesetzten Kapitals.
Die Erzeugergemeinschaft (EG) Südbayern und die Rewe haben sich bei ihrem Programm „Bayerisches Strohschwein“ für diesen Weg entschieden und die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) gebeten, dafür die Vollkosten zu ermitteln.
Im März 2023 starteten wir mit der ersten Kostenermittlung bzw. Preisfeststellung. Sie umfasst sowohl die Ferkelerzeugung als auch die Mast und basiert auf Nettopreisen ohne Güllewert und ITW-Zuschlag. Nach jeweils sechs Monaten wird sie wiederholt. Für die variablen Kosten ziehen wir die Durchschnittswerte des letzten halben Jahres heran. Die festen und kalkulatorischen Kosten werden am Stichtag überprüft und aktualisiert.
Preise gelten sechs Monate
Die letzte Vollkostenrechnung fand Mitte März 2024 statt. Die ermittelten Preise gelten für die folgenden sechs Monate, aktuell also von April bis September 2024 (siehe Übersichten 1 und 2 auf S. 38).
Das Programm „Bayerisches Strohschwein“ setzt in der Ferkelerzeugung die Teilnahme an ITW und die Fütterung ohne Gentechnik nach VLOG voraus. Für die Schweinemast gelten die Mindestanforderungen der Haltungsform Stufe 3 des Lebensmitteleinzelhandels. Allerdings muss die Stroheinstreu sichtbar vorhanden sein.
Die zugrunde gelegten Leistungskennzahlen entsprechen den Durchschnittswerten des Landeskuratoriums der Erzeugeringe für tierische Veredlung in Bayern (LKV). Derzeit sind das in der Ferkelerzeugung 25,6 verkaufte Ferkel pro Sau und Jahr bei 12% Saugferkel- und 2% Aufzuchtverlusten.
Variable Kosten Sauenhaltung
Für die Kosten der Bestandsergänzung ermitteln wir einen Durchschnittspreis für deckfähige bayerische Jungsauen der Rassen DL und DLxDE. Hinzu kommen Aufzuchtkosten von derzeit 37 € netto für die Zeit bis zum Decken. Bei der Remontierungsrate orientieren wir uns ebenfalls an den Werten des letzten LKV-Berichts.
Typische Rationen
Für die Futterkosten sind typische Rationen hinterlegt, die vom Institut für Tierernährung der LfL stammen. Die Zukaufpreise für Futtermittel und der Erzeugerverkaufspreis für Getreide basieren auf den Marktberichten des Bayerischen Bauernverbandes. Eigenerzeugtes Ge-treide erhält einen Aufschlag für das Umschlagen und die Handelsspanne der Lagerhäuser.
Die Daten für Tierarzt, Medikamente und Hygiene entnehmen wir jeweils dem letzten LKV-Bericht und ergänzen sie vorsorglich um die neue Gebührenordnung. Bei Strom, Wasser und Heizstoffen ermitteln wir die Verbräuche nach Stallsystemen laut KTBL und verrechnen sie mit den bayerischen Durchschnittspreisen des letzten halben Jahres.
In der Mast handelt sich um eine dreiphasige NP-reduzierte Futterration. Dabei werden klassische Komponenten wie Gerste, Weizen, genfreies Soja und Mineralfutter unterstellt. Ausgehend von den aktuellen LKV-Werten gehen wir in der Mast von 816 g Tageszunahmen und 2,7% Verlusten aus. Das Lebendgewicht am Ende der Mast liegt bei 123,1 kg, das Schlachtgewicht bei 98,2 kg.
Die Investitionskosten für die Ställe und davon abgeleitet die Abschreibung, Zinsen und Unterhalt stammen aus der aktuellen KTBL-Datensammlung.
30 € Stundenlohn
Beim Arbeitszeitbedarf greifen wir auf Erfahrungswerte aus bayerischen Schweinebetrieben zurück. In der Ferkelerzeugung unter ITW-Bedingungen unterstellen wir 1,0 Akh/Sau und Jahr mehr als in der konventionellen Sauenhaltung. In der Schweinemast zeigen unsere Untersuchungen, dass der Mäster bei Haltungsform Stufe 3 etwa 0,8 Akh/Platz mehr aufwenden muss als in der konventionellen Schweinemast.
Die Lohnkosten werden vom Tarifvertrag der Länder für Landwirtschaft abgeleitet. Dabei unterstellen wir eine Mischung aus Tätigkeiten für den Betriebsleiter und für Beschäftigte. Aktuell leiten wir daraus einen Lohnansatz von 30 €/Akh ab.
102,20 € Vollkosten pro Ferkel
In der Summe errechnen sich unter diesen Annahmen aktuell Vollkosten von 2.931 €/Sau. Zieht man davon die anteiligen Erlöse für die Altsau und Spanferkel ab, bleiben noch 2.535 €/Sau. Daraus ergeben sich Vollkosten von 102,7 € für ein Qualitätsferkel mit 30,3 kg, was dem durchschnittlichen Verkaufsgewicht bayerischer Ferkel entspricht. Dieser Wert enthält die Zuschläge für Gewicht, Qualität, Partiengröße, Kastration und Impfungen.
Das entspricht einem vollkostendeckende Grundpreis von 93,90 €, Dieser Wert lässt sich mit der Notierung eines 28 kg-Ferkels vergleichen.
2,77 € pro kg Schlachtgewicht
Die Vollkosten je kg Schlachtgewicht (SG) belaufen sich auf 2,61 €. Der Wert ergibt sich aus der Summe aller Kosten geteilt durch das Schlachtgewicht. Bereinigt man dieses Ergebnis um die Verluste und rechnet die Vorkosten hinzu, ergibt das aktuell einen vollkostendeckenden Preis je kg SG von 2,77 €/kg SG bei 57% Magerfleischanteil.
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Norbert Schneider, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft