Westfleisch hat Schulungen zur Transportfähigkeit und zum Nottöten organisiert. Die wichtigsten Fragen aus den Praktiker-Seminaren.
Fred Schnippe, SUS
Warum greift Westfleisch die Themen Transportfähigkeit und Nottöten auf?
Antwort: Die Tagespresse berichtet wiederholt von Verstößen bei Tiertransporten. Noch sensibler ist das Nottöten. Als landwirtschaftliche Genossenschaft möchten wir unsere Mitglieder und deren Hoftierärzte bei diesem schwierigen Feld unterstützen. Daher haben wir unsere Vertragslandwirte in Seminaren mit Tierärzten des Schweine- gesundheitsdienstes NRW und der GFS zur Transportfähigkeit von Tieren sowie zur Euthanasie geschult. Die Teilnahme von mehr als 450 Praktikern zeigt, wie groß das Interesse am Thema ist.
Wie ist die Transportfähigkeit von Schweinen rechtlich geregelt?
Antwort: Maßgeblich ist vor allem die EU-Verordnung Nr. 1/2005. Sie schreibt u.a. vor, dass Tiere nur befördert werden dürfen, wenn sie transportfähig sind und ihnen unnötige Verletzungen und Leiden erspart bleiben. Weitere Regelungen finden sich in der Nutztierhaltungs-VO und im Tierschutzgesetz.
Was ist mit Tieren, die beim Laufen leicht eingeschränkt sind?
Antwort: Selbst bei kleinen Verletzungen, erkennbarer Schwäche oder geringgradigen Krankheiten ist die Transportfähigkeit zu prüfen. Liegt z.B. nur eine Schleimbeutelentzündung vor, kann das Tier zum Schlachthof. Auch bei leichter Lahmheit sollte das Tier u.U. sofort zur Schlachtung und nicht bis zum Mastendgewicht gefüttert werden. Denn Verzögerungen können zur Verschlechterung des Allgemeinbefindens führen. Im Zweifel ist immer ein Tierarzt hinzuzuziehen.
Was ist mit hundesitzigen Tieren?
Antwort: Kann ein Tier nur mit Unterstützung stehen oder ist es nur durch Manipulation zum Aufstehen zu bewegen, ist es nicht transportfähig. Diese Tiere können Knochenbrüche oder Lähmungen haben. Hier stellt sich die Frage der Nottötung.
Sind leicht verletzte Tiere beim Transport separat unterzubringen?
Antwort: Dies kann in Einzelfällen eine gute und praktikable Alternative sein, z.B. bei leichten Organvorfällen. Befragen Sie dazu Ihren Tierarzt. Rät er zum Transport, kontaktieren Sie den Schlachthof, um den Transport zu planen. Doch es gibt hier keine gesetzliche Grundlage! Die separate Unterbringung garantiert nicht, dass der Schlachthofveterinär das Tier akzeptiert.
Was ist mit offenen Wunden?
Antwort: Offene oder blutende Wunden können die Transportfähigkeit einschränken. Das sind z.B. offene Schulterläsionen oder angebissene Schwänze. Tiere mit Schnittwunden, die länger als 4 cm sind oder unter die Haut reichen, dürfen ebenfalls nicht zum Schlachthof.
Benötige ich einen gesonderten Sachkundenachweis zur Nottötung?
Antwort: Man benötigt theoretische und praktische Fähigkeiten. Aufgrund ihrer Ausbildung brauchen Tierärzte und Metzger keinen zusätzlichen Sachkundenachweis. Auch bei Land- und Tierwirten wird der Nachweis in der Regel durch eine abgeschlossene Berufsausbildung erbracht. Die Behörde kann einen Nachweis fordern, falls es sich in großen Betrieben nicht um Einzelfälle handelt oder Zweifel an den Kenntnissen bestehen.
Wie fixiere ich Tiere beim Bolzenschuss?
Antwort: Wenn möglich sollte man auf eine Fixierung verzichten, weil dies weiteren Stress bedeutet. Bei Bedarf kann das Tier in der Genesungsbucht oder im Gang per Treibbrett oder in einer Waage in der Bewegung eingeschränkt werden. Lässt sich der richtige Ansatzpunkt zum Bolzenschuss nicht sicher treffen, muss das Tier mit der Oberkieferschlinge oder mit Hilfe einer zweiten Person fixiert werden.
Was ist, wenn ein 100 kg-Tier nach dem Bolzenschuss stark krampft?
Antwort: Hier ist es wichtig, dass alles gut vorbereitet ist. Für die Entblutung muss ein scharfes Messer bereitliegen. Wenn der Ansatz des Bolzenschussgerätes richtig war, sackt das Tier zusammen und ist bewusstlos. Dann bleiben nur wenige Sekunden für den Entblutungsschnitt bis zum Auftreten von Krämpfen oder Ruderbewegungen. Diese lassen sich nicht vermeiden. Falls der Bolzen nicht richtig getroffen hat, muss noch einmal nachbetäubt werden. Schafft man es nicht, das Tier vor den Ruderbewegungen zu entbluten oder nachzubetäuben, dann steht der Personenschutz vor dem Tierschutz. Bei mangelnder Betäubung gilt es, mögliche Ursachen zu beheben.
Wie fange ich das Blut nach dem Kehlschnitt am besten auf?
Antwort: Saugferkel müssen nach der Betäubung mit einem Kehlschnitt entblutet werden. Es empfiehlt sich das Ferkel direkt in einen Maisstärkebeutel zu verbringen, der das austretende Blut auffängt. Größere Schweine sollten möglichst an einer Stelle getötet werden, die gut gereinigt und desinfiziert werden kann.
Welche „blutlosen“ Alternativen gibt es?
Antwort: Bei der Nottötung von Saugferkeln bis 5 kg Gewicht in der CO2-Box ist keine Entblutung erforderlich. Dazu müssen die Ferkel mindestens zehn Minuten in 80% CO2 verbleiben.
Was ist mit schweren Tieren?
Antwort: Ein praktikables Verfahren ohne Blutentzug bei schwereren Tieren ist die Herzdurchströmung mit der Elektrozange. Sie löst Kammerflimmern aus, nachdem die Tiere mittels Hirndurchströmung betäubt wurden. Eine weitere Alternative nach dem Bolzenschuss ist der Rückenmarkszerstörer. Er wird in die Schussöffnung bis zum Rückenmark eingeführt. Hierfür muss der Bolzenschuss zwingend richtig positioniert sein.
Wann sollte der Tierarzt euthanasieren?
Antwort: Fühlt man sich unsicher, sollte man unbedingt den Tierarzt hinzuziehen. Er nimmt die Euthanasie per Injektion vor. Zu empfehlen ist dies bei Altsauen und Ebern, da die Größe des Schädelknochens und der Stirnhöhlen eine ausreichende Wirkung durch den Bolzenschuss verhindern können. Auch gefährden starke Abwehrbewegungen alter Tiere den Anwender.
Besteht die Gefahr, dass ich mich mit der Elektro-Zange selbst verletze?
Antwort: Bei sachgemäßer Anwendung ist ein Stromschlag in der Regel auszuschließen. Denn der Strom kann wegen der unterschiedlichen Oberflächenspannung von Mensch und Schwein nicht fließen. Die größte Gefahr besteht durch plötzliche Abwehrbewegungen der Tiere. Daher sollte man die Elektrozange erst nach einer Einweisung benutzen.
Wo finde ich weitere Informationen?
Antwort: Das Veterinäramt Cloppenburg hat mit dem Schweinegesundheitsdienst Niedersachsen, der Kreis- stelle der Tierärzte in Cloppenburg, dem Landvolkverband Cloppenburg in Abstimmung mit der Landwirtschaftskammer NRW einen Leitfaden zum Nottöten erstellt. Für 3,50 € zzgl. Versand und MwSt. kann dieser un-ter nicole.nagel@lwk-niedersachsen.de oder 0441/801641 bestellt werden. Alternativ steht auf der Kammerseite ein kostenloser PDF-Download bereit.
Kann die Behörde prüfen, ob die Nottötung sachgerecht erfolgt?
Antwort: Ja, die Behörde kann sich zeigen lassen, wie eine Nottötung erfolgt und ob die Geräte einsatzbereit sind. Im Zweifel prüft sie, wer verantwortlich ist. Eine Sektion zeigt, ob die Tiere korrekt behandelt wurden. Die Schusslöcher und Strommarken zeigen, ob die Ansatzpunkte richtig waren.
Die Zerstörung des Gehirns lässt Rückschlüsse auf die Betäubung zu. Zudem lassen sich die Entblutung und die Zerstörung des Rückenmarks prüfen. Feststellbar ist, ob die Entblutung zum Zeitpunkt der Betäubung stattfand, oder nur nachträglich ein Kehlschnitt erfolgte. Bei Verstößen drohen Bußgelder.