Seit September hat China den Import von Schweinefleisch aus Deutschland gestoppt. Welche Länder haben den deutschen Marktanteil übernommen?
Klaus Kessing, ISN Damme
Für das Gleichgewicht im deutschen Schweinemarkt ist es wichtig, dass wir auch Fleischwaren außerhalb des EU-Marktes absetzen. Von Januar bis August 2020 hat Deutschland monatlich etwa 85000 t Schweinefleisch in Drittländer ausgeführt. Allein 60000 t davon gingen nach China (Übersicht).
Der ASP-Fund in Brandenburg im September änderte die Lage schlagartig. Sofort sperrten zahlreiche Drittländer inklusive China die Einfuhr deutschen Schweinefleisches. Von den zehn größten Drittlandsnationen standen nur noch Hongkong und der Kongo zur Verfügung. Deutschland musste seine Fleischausfuhr fast vollständig auf den EU-Markt umschichten. Dies verursachte in den Corona-bedingt angespannten Märkten einen zusätzlichen Preissturz.
Mit Hochdruck wurde daher daran gearbeitet, einige Drittlandsmärkte wieder zu öffnen. Dies gelang teilweise:
- Bosnien-Herzegowina und Kanada erlaubten zeitnah die Einfuhr aus ASP-freien Regionen.
- Mit Brasilien, Argentinien, Südafrika und Südkorea wurden Ausnahmen für verarbeitete Erzeugnisse verhandelt.
- In diesem Frühjahr haben Thailand, Singapur und Vietnam das Regionalisierungsprinzip anerkannt.
Zähe Gespräche mit Peking
Diese Teilerfolge könnten ein Signal für Gespräche mit anderen Ländern sein. Doch mit China bleibt der wichtigste Markt für deutsches Schweinefleisch weiter geschlossen. Bisher liegen noch keine zählbaren Erfolge mit Peking vor.
Zu Beginn des Jahres teilte das Bundesagrarministerium mit, dass ein umfassender Fragenkatalog aus China beantwortet wurde. Darin geht es vor allem um die Maßnahmen, damit sich die ASP bei uns nicht weiterverbreitet. Eine Rückmeldung steht noch aus.
Im März teilte das BMEL mit, dass man alle Wege für Regionalisierungsgespräche mit Peking nutze. Auch das Bundeskanzleramt sei einbezogen. Die nach wie vor auftretenden ASP-Fälle bei Wildschweinen sind dafür nicht förderlich. Aufgrund der eigenen Erfahrung mit der ASP sind die Chinesen sehr vorsichtig.
Nun muss Deutschland jeden Monat für 60000 t Schweinefleisch im Wert von knapp 130 Mio. € neue Abnehmer finden. Für einige Nebenprodukte wie Öhrchen, Pfötchen oder Schwänzen ist das kaum möglich, weil sie in Europa nicht gefragt sind. Dieser Teil der Wertschöpfung ist momentan leider weitgehend verloren.
Fleischabsatz umgeleitet
Immerhin lief das Umleiten der hierzulande gängigen Fleischprodukte in den EU-Markt besser als erwartet. Denn andere europäische Länder konnten ihre Exporte nach China sowie in weitere Drittländer ausbauen. So ergaben sich für die deutschen Unternehmen in Europa neue Absatzwege.
Daneben konnte Deutschland seine Ausfuhren in nicht gesperrte Drittländer wie Hongkong hochschrauben. Auch die Ausfuhren in kleinere Märkte wie Kongo, Norwegen, Chile, die Elfenbeinküste oder Haiti sind etwas gestiegen.
Deshalb schrumpfte unser Drittlandexport nicht so stark, wie befürchtet. Statt 85000 t werden nun rund 40000 bis 50000 t Schweinefleisch pro Monat in Drittländer exportiert. Damit lässt sich die Sperrung des chinesischen Marktes allerdings nur zu einem sehr geringen Anteil kompensieren.
Spanien profitiert
Von der misslichen Lage für Deutschland profitiert insbesondere Spanien. Bereits vor der ASP führte das südeuropäische Land mit den USA die Liste der Schweinefleischexporteure nach China an. Zwischen Januar und August 2020 konnte Spanien seine Ausfuhren gen China von rund 70000 auf 110000 t Schweinefleisch pro Monat steigern.
Mit der Sperrung der deutschen Konkurrenz schossen die Exporte dann richtig in die Höhe. Ab Oktober vergangenen Jahres wurden pro Monat 150000 bis 170000 t Schweinefleisch in Richtung China geliefert. Damit hat Spanien den deutschen Teil der Exporte nach China nahezu vollständig übernommen. In diesem Zuge ist die Zahl der für den Asien-Export zugelassenen Fleischbetriebe stetig auf aktuell 64 gestiegen.
Spaniens Schweinepreis kam dies zu- gute. Fast wöchentlich betonten Marktkenner, dass nur der florierende Export nach China die Preise stabil halten konnte. Zwischenzeitlich erhöhte sich der Vorsprung zur deutschen Notierung auf satte 50 Cent. Aktuell beträgt der Preisabstand gut 40 Cent.
Spaniens Schlachthöfe hatten offiziell kaum Corona-Infektionen. Das sichert den Export nach China. Zum anderen gab es keinen Schweinestau. So gingen die Schweinehalter relativ unbeschadet durch die Krise und stockten 4,6% auf.
USA kämpfen mit Strafzöllen
Auch die USA weisen ein beachtliches Exportgeschäft mit Asien auf. Schon vor dem ASP-Ausbruch in Deutschland lieferten sie 90000 t Schweinefleisch pro Monat nach China. Das ist besonders beindruckend, weil auf einige US-Produkte zusätzliche Strafzölle anfallen, die im Zuge des Handelskonfliktes mit China entstanden sind. Zwar wurde ein Teil dieser Zusatzabgaben Anfang 2020 beseitigt, auf einige Produkte fallen aber weiterhin 25% Strafzölle an. Nur durch ihr geringes Preisniveau sind die US-Betriebe in China konkurrenzfähig.
Im Laufe des Jahres nahmen die Liefermengen nach China etwas ab und pendelten sich zwischen 60000 und 80000 t pro Monat ein. Der ASP-Fund in Deutschland schien keine Rolle zu spielen. Vor allem die schwache Inlandsnachfrage führte 2020 zu schwachen Preisen.
Seit Anfang 2021 starten die US-Preise eine Aufholjagd. Dennoch wurden zum Jahreswechsel knapp 1% weniger Tiere in den amerikanischen Ställen gezählt.
Dänemark festigt Exporte
Die dänischen Schweinefleischausfuhren nach China bewegten sich vor dem deutschen ASP-Fund und danach um 45000 t pro Monat. Im November 2020 lagen sie mit rund 35000 t etwas niedriger. Dass keine Steigerung erzielt werden konnte, hängt mit Corona-Ausbrüchen in Schlachthöfen zusammen.
Die großen Fleischbetriebe von Danish Crown in Horsens und Sæby sowie der zu Tönnies gehörende Tican-Standord in Brørup waren zeitweise für den Export nach China gesperrt. Die übrigen Standorte steigerten ihre Exportmengen und hielten die Gesamtexporte nach China mehr oder weniger konstant.
Die dänischen Schweinepreise fielen dadurch weniger dramatisch als die deutschen. Schon vor dem ASP-Ausbruch bei uns lag der dänische Preis um 14 Cent über dem deutschen. Mit der erneuten Verschlechterung der Corona-Situation sowie der Sperrung einiger Schlachtstandorte für den China-Export rutschte er dann ab. Ein so starker Preissturz wie in Deutschland konnte aber verhindert werden. Zeitweise erhöhte sich die Differenz zwischen deutschem und dänischem Preis auf 31 Cent. Durch das Preisgefälle wurden vermehrt Ferkel in Dänemark gemästet, statt sie zu exportieren.
Brasilien: Problem Corona
Im Gegensatz zu Dänemark zeigen Brasiliens Fleischausfuhren gen Asien eine erhebliche Dynamik. Mit etwa 40000 t pro Monat hat Brasilien die China-Ausfuhren 2020 im Vergleich zum Vorjahr etwa verdoppelt. Durch den Wegfall der deutschen Konkurrenz ergab sich aber keine weitere Steigerung. Auch Brasiliens Schlachthöfe hatten stark mit Corona-Infekten zu kämpfen und waren teils für China gesperrt.
Die Erzeugererlöse in Brasilien sind sehr volatil. In der ersten Corona-Welle brachen die Preise auf etwa 0,80 €/kg SG ein. Auch der stark sinkende Wechselkurs des Real trug dazu bei. Bis November legte der Preis dann einen Höhenflug auf kurzzeitig 1,90 €/kg SG hin. Dieser wurde jedoch von der zweiten Corona-Welle gestoppt. Auch wegen der Preisschwankungen nahmen die Schweinebestände im vergangenen Jahr um 1,3% ab.
Große Nachfrage aus China
Unabhängig von der Lage im Ausland bleibt das Hauptziel für Deutschland, den Markt nach China wieder zu öffnen. Doch Belgien zeigt, dass dies für Länder mit ASP-Geschehen schwer ist. Belgien wurde erst ein Jahr nach dem letzten Fund wieder als ASP-frei erklärt.
Eine längere China-Sperre hätte letztlich auch negative Folgen für die Strukturen in der deutschen Schweinehaltung. Deshalb darf Berlin in den Gesprächen mit Peking nicht lockerlassen.
Die Nachfrage an Schweinefleisch aus China dürfte jedenfalls hoch bleiben. Dies bestätigen die regen Anfragen chinesischer Importeure in Europa sowie die weiterhin hohen Schweinepreise dort.
Zwar erwartet Peking, dass seine Bestände im Frühjahr 2021 wieder auf 90% des Niveaus vor der ASP wachsen. Allerdings gibt es auch andere Meldungen. So sollen sich aktuell ASP-Varianten verbreiten, die einen milderen Verlauf zeigen und damit schwieriger zu erkennen und zu bekämpfen sind.
So erwartet das US-Landwirtschaftsministerium zwar einen signifikanten Bestandsanstieg in China. Dieser dürfte aber nicht so zügig ablaufen, wie Peking erhofft. Zudem sieht das USDA eine stark steigende Nachfrage durch die wirtschaftliche Erholung nach Corona. Insgesamt dürfte der Importbedarf in diesem Jahr nur 0,8 Mio. t. Schweinefleisch geringer sein als im Vorjahr. Mit 4,5 Mio. t bleibt Chinas Einfuhrbedarf riesig.