Stephan Künne hält auf mehreren Standorten Schweine. Um die Übersicht zu behalten und Leistungspotenziale aufzudecken, setzt er auf digitale Helfer.
Michael Werning, SUS
Schweinehalter Stephan Künne aus dem niedersächsischen Eggermühlen konnte sich schon immer für digitale Helfer begeistern. Seinen Anfang nahm alles zu Beginn der 2000er Jahre mit den Palmrechnern, die damals als „elektronische Sauenplaner für die Westentasche“ bei den ersten Ferkelerzeugern zum Einsatz kamen. „Ich war sofort davon begeistert, meine Daten zu Belegungen oder Geburten noch im Stall in den Sauenplaner einpflegen zu können“, blickt der 37-Jährige zurück.
Schon lange sind die kleinen Palmcomputer von den Smartphones abgelöst worden. Und die Möglichkeiten zur mobilen Datenerfassung sind um ein Vielfaches gewachsen. „Ich versuche immer die neuesten Entwicklungen im Blick zu haben. Da steckt manchmal viel Potenzial drin, das ich nutzen möchte“, so der Landwirt.
Mehrere Betriebsstätten
Sowohl seine rund 1000 Sauen dänischer Genetik als auch die nachgelagerte Aufzucht und Mast verteilen sich auf mehrere Standorte. „Die beiden Sauenbetriebe werden von zwei Betriebsleitern plus Mitarbeiter betreut. Dazu kommt noch jemand, der die Betriebe mit Ferkeln und Mastschweinen täglich abfährt“, erklärt Künne.
Er selbst hat sich aus der täglichen Stallarbeit weitestgehend zurückgezogen. „Ich springe noch regelmäßig ein, wenn es wegen Urlaub oder krankheitsbedingten Ausfällen knapp wird“, erklärt der Landwirtschaftsmeister. Ansonsten sind seine Tage mit der Unternehmensführung ausgefüllt.
Denn der Niedersachse hat sich neben der Schweinehaltung noch weitere Betriebszweige geschaffen. So baut er auf knapp 100 ha Kartoffeln an und betreibt in Kooperation mit einem Berufskollegen mehrere Tannenbaumplantagen.
Überblick durch Kurzberichte
Da er selber immer weniger Zeit findet, um in den Stall zu gehen, ist er darauf angewiesen, über andere Wege die Übersicht über seine Schweineproduktion zu behalten. Eine zentrale Rolle nimmt dabei der Sauenplaner ein. Seit Anfang des Jahres setzt Stephan Künne auf das Programm PigExpert von der Firma AgriSyst.
Jede Woche erstellt der online-basierte Sauenplaner einen Wochenbericht über die wichtigsten Produktionskennzahlen. Außerdem gibt es quartalsweise einen Leistungsbericht, der neben Künnes Daten die anonymisierten Zahlen anderer Betriebe enthält. „Die Vergleichsgruppe umfasst über 300000 Sauen. Es ist für mich immer spannend zu sehen, wo wir uns leistungstechnisch wiederfinden“, so Künne.
Er nutzt die Daten auch dafür, sich auf Gespräche mit Produktionsberatern vorzubereiten. Mit seinen führenden Mitarbeitern geht er die Leistungsdaten ebenfalls durch. „Leider kommen wir derzeit höchstens einmal im Monat dazu. Das möchte ich zukünftig intensivieren“, so der Landwirt.
Spermatuben mit Strichcode
Der digitale Sauenplaner hilft dem Landwirt aber nicht nur dabei, den Überblick zu behalten. „Ein wichtiges Ziel der Digitalisierung ist für mich immer die Einsparung von Arbeitszeit“, erklärt er. In Bezug auf die Ferkelerzeugung geht es dabei vor allem um die Dokumentation von Belegungen oder Geburten.
Alle seine Mitarbeiter haben Diensthandys, mit denen sie auf den mobilen Sauenplaner zugreifen können. Das ist wichtig, um das im Programm hinterlegte Strichcode-System nutzen zu können. „Bei uns hat jede Sau auf ihrer Bestandskarte einen eigenen Strichcode, den wir mit dem Smartphone einlesen können“, so der Betriebsleiter. Auch sind alle Spermatuben, die Künne von seiner Besamungsstation bezieht, mit einem Strichcode versehen.
Innerhalb kürzester Zeit sind die Daten zu einer Beleggruppe eingelesen. „Dadurch sparen wir einerseits die Doppelerfassung, weil die Daten nicht erst im Stall handschriftlich dokumentiert und später am Computer erneut eingegeben werden müssen. Zum anderen gibt es keine Übertragungsfehler“, erklärt der Ferkelerzeuger. Denn das Programm prüft direkt bei der Erfassung am Tier die Daten auf Plausibilität.
Eine weitere Stärke des mobilen Sauenplaners ist der schnelle Zugriff auf sämtliche Daten zu den Sauen oder Ebern. „Treten beispielsweise in einer Abferkelgruppe eine größere Anzahl von Binnenebern oder andere Auffälligkeiten auf, kann man direkt im Stall nachschauen, ob sich eine Verbindung zu einem bestimmten Eber herstellen lässt“, erklärt Künne.
Es fehlen noch Schnittstellen
Auch die Mast ist in dem Programm integriert. „Wir tragen Verluste ein und machen die Meldungen für HIT und TAM über das Programm“, erläutert Künne. Das er nicht in allen Pachtställen eine gute Internetverbindung hat, ist kein Problem. Die Daten können offline eingegeben werden. Sobald wieder eine Verbindung besteht, findet automatisch eine Synchronisierung statt.
Der Schweinehalter fährt zudem über das Programm Auswertungen zu den Tageszunahmen, Tierarztkosten und zum Futterverbrauch. Dafür hat jeder Standort seine eigene VVO-Nummer. „In der Monatsabrechnung der Futterhersteller sind die Lieferungen den Nummern zugeordnet. So behalte ich bei den vielen Futtersilos den Überblick“, so der Unternehmer.
Hier taucht aber ein Problem auf, das Künne immer wieder begegnet: fehlende Schnittstellen für die Datenübertragung. „Ich muss jede Monatsabrechnung noch händisch in den Sauenplaner einpflegen. Dafür brauche ich eine knappe Stunde“, erklärt er.
Auch mit dem Ziel, die Erstellung der betrieblichen Stoffstrombilanz zu vereinfachen, baut Künne darauf, dass seine Futterlieferanten bald mit dem Anbieter des Sauenplaners eine Schnittstelle einrichten und die Lieferungen automatisch in das Programm einfliessen. Gleiches wünscht er sich für den Datenaustausch mit dem Tierarzt und dem Schlachtunternehmen.
Lohnt jeder Pachtstall?
Verzichten möchte er auf diese Kennzahlen nicht. „Aktuell sind die Erlöse gut. Wir haben aber immer wieder Marktlagen, wo es für eine wirtschaftliche Schweinehaltung um jeden Cent geht“, so seine Erfahrung.
Dann kalkuliert der Landwirt auch genau durch, ob sich jeder gepachtete Maststall wirklich rechnet. Über den Sauenplaner hat der Landwirt die Möglichkeit, die verschiedenen Standorte miteinander zu vergleichen. „Es spielen da zwar immer noch andere Faktoren mit rein. Beispielsweise ob die Gülle vor Ort verwertet werden kann oder der Verpächter eines weit entfernten Stalles die Tierkontrolle übernimmt. Im Zweifelsfall trenne ich mich aber von einem unwirtschaftlichen Pachtstall“, so die klare Marschrichtung.
Analyse der Schlachtdaten
Ein anderes wichtiges Tool, welches der Niedersachse seit rund anderthalb Jahren intensiv nutzt, ist das IQ Agrarportal. Über diese ebenfalls mobile Anwendung kann er in der Regel bereits 36 Stunden nach der Schlachtung die wichtigsten Ergebnisse einsehen. Der erste Blick geht immer auf das Schlachtgewicht, um die nächsten Verkaufstermine zu planen.
Einmal im Monat setzt sich der Landwirt intensiv mit den Schlachtdaten auseinander. Dazu greift er auf verschiedene Auswertungsfilter zurück, wie den Lieferzeitraum oder die Aufteilung nach Sauen und Kastraten.
Besonders zu schätzen weiß der Schweinehalter auch hier die Möglichkeit, sich in anonymen Vergleichen mit den anderen Lieferbetrieben des Danish Crown-Schlachthofes in Essen-Oldenburg zu messen. „So wurde mir anhand unserer Auswertungen aus dem ersten Halbjahr 2019 klar, dass wir beim Fleischmaß mit 66 mm zu den besten Betrieben gehören, aber beim Speckmaß mit fast 16 mm zu hoch liegen“, schildert der Schweinehalter.
Also setzte er sich mit seinem Futtermittelberater zusammen, um konkrete Verbesserungsmaßnahmen zu besprechen. Rausgekommen ist dabei, dass Künne von drei auf vier Futterphasen umstellte. „Ab einem Lebendgewicht von 100 kg senken wir den Rohproteingehalt nochmals von 14 auf 12%. Auch bei der Energie sind wir weiter runtergegangen“, erklärt der Landwirt. Die ersten Schweine, die nach neuer Futterkonzeption versorgt wurden, kommen gerade an den Haken und weisen tendenziell niedrigere Speckmaße auf.
Ein ähnliches Aha-Erlebnis hatte er bei der Auswertung der Befunddaten. Auch hier schnitt er im überbetrieblichen Vergleich eigentlich sehr gut ab. Einzig die Anzahl an Leberbefunden lag über einen längeren Betrachtungszeitraum merklich über dem Schnitt. „Auf vielen untersuchten Lungen waren Milkspots bonitiert worden. Ein klares Zeichen, dass etwas bei unserer Entwurmung nicht passte“, so Künne.
Kurzerhand änderte er in Absprache mit seinem Tierarzt die Strategie von einer oralen Gabe des Wurmmittels Flubenol zur Mitte von Aufzucht bzw. Mast zu einer zweimaligen Gabe in der Vor- bzw. Mittelmast. „Seit der Umstellung bewegt sich die Befundquote in einem unauffälligen Bereich“, ist der Betriebsleiter zufrieden.
Wechsel zum digitalen Büro
Nachdem er im Stall schon länger auf digitale Helfer zurückgreift, will er nun auch sein Büro smarter machen. Sein Steuerberater hatte ihm dazu das Programm top farmplan empfohlen. Die ebenfalls mobil anwendbare Büro-App bietet zahlreiche Funktionen, wie eine E-Mail-Synchronisation, einen Kalender oder einen Markt-Ticker mit aktuellen Erzeugerpreisen.
Am intensivsten arbeitet Künne mit dem digitalen Aktenschrank. Als er sich vor wenigen Monaten auf seinem Betrieb ein neues Büro einrichtete, fiel gleichzeitig der Startschuss, eingehende Rechnungen, Bescheide und andere Unterlagen fortan digital zu erfassen. „Unsere Bürokraft scannt die Dokumente ein und hinterlegt diese mit Schlagwörtern im Ordnersystem von top farmplan. Das Papier heften wir als Sicherheit ab“, erklärt der Sauenhalter das System. Diese Doppelablage will er mittelfristig einstellen und sein Büro deutlich papierärmer machen.
Den größten Vorteil sieht er bei der Digitaliserung darin, dass er Unterlagen schnell wiederfindet. Über die OCR-Texterkennung lassen sich in Sekundenschnelle Dokumente über ihren Inhalt heraussuchen. Das Programm liest sogar sauber handschriftlich geschriebene Vermerke. „Ich hatte auf einem Jungsauen-Lieferschein notiert, dass die Tiere von einem neuen Viehtransporteur gefahren wurden. Mit den passenden Suchbegriffen habe ich das Dokument sofort gefunden“, erzählt der Landwirt begeistert.
Fazit
Stephan Künne managt seine Schweinehaltung auf mehreren Standorten mit digitalen Helfern. Über den mobilen Sauenplaner können er und seine Mitarbeiter Ereignisse im Stall direkt dokumentieren. Auch die Mast ist integriert und Künne nimmt darüber detailreiche Auswertungen zu den Produktionskosten jedes Standortes vor.
Mithilfe des IQ Agrarportals hat er immer die Schlachtleistungen im Blick. Anhand der umfangreichen Auswertungen hat er seine Produktion angepasst. Mit top farmplan macht er jetzt den Schritt zum papierarmen Büro.