Felix Kampmann hat seinen neuen Stall auf das Tierwohl ausgerichtet. Mit Großgruppen und Bewegungsbuchten will er für die Zukunft gerüstet sein.
Michael Werning, SUS
Felix Kampmann aus dem sauerländischen Finnentrop ist Sauenhalter durch und durch. Vorbestimmt war sein Weg aber nicht. Denn als er seinem Vater signalisierte, gerne Landwirt werden zu wollen, ließ der ihn erstmal mehrere Praktika in anderen Berufen machen. „Ihm war es wichtig, dass ich noch was anderes außer Landwirtschaft kennenlerne“, blickt der 27-Jährige zurück.
Letztlich entschied sich Kampmann aber für eine landwirtschaftliche Ausbildung und hängte später ein Agrarstudium an der Fachhochschule Soest daran. Als er dann 2016 auf den elterlichen Sauenbetrieb zurückkehrte, hatte er nicht nur viele Ideen, sondern auch einen ganz konkreten Plan im Gepäck. Er wollte einen Stall bauen, der hohen Haltungsvorgaben gerecht wird und über den Tierwohlfaktor förderfähig ist!
Standort mit Hanglage
Eine gute Ausgangslage war gegeben, da sein Vater den Betrieb sukzessive auf 430 Sauen ausgebaut hatte. Allerdings ohne Ferkelaufzucht. Denn diese wurde vor 20 Jahren im Rahmen der arbeitsteiligen Ferkelerzeugung an zwei andere Betriebe abgegeben. „Wir sind mit diesem Konzept immer sehr gut gefahren, weil wir den Fokus voll auf die Sauen legen konnten“, so Felix Kampmann.
An dieser erfolgreichen Arbeitsteilung wollte er nicht rütteln. Daher war schnell klar, dass statt einer eigenen Ferkelaufzucht ein neuer Warte- und Abferkelstall für den Wachstumsschritt auf 559 Sauen gebaut werden sollte. Einen guten Standort für den neuen Stall gab es schon. Denn Kampmanns lagerten vor über 20 Jahren erst den Warte- und später den Deckbereich auf eine zweite Betriebsstätte, nur rund 200 Meter vom Stammbetrieb entfernt, aus.
Auch aufgrund der Alleinlage des Betriebsstandortes dauerte die Genehmigungsphase nur wenige Monate, und im März 2017 konnten die Bauarbeiten beginnen. Dabei musste der Landwirt zunächst ein für das Sauerland typisches Problem lösen. Der alte Stallkomplex war in Hanglage errichtet worden und für den Neubau gab es zunächst keine ausreichende Planfläche.
„Im Gewerbebau werden in unserer Region aber regelmäßig sehr große Mengen Boden abgetragen und die Aufnehmer erhalten sogar einen Obolus“, erzählt Felix Kampmann. Das machte sich der Sauenhalter zunutze, um rund 1700 LKW-Ladungen bzw. 22000 m³ Boden liefern und einbauen zu lassen. Zudem konnte er mit der Aufnahmevergütung die Erschließung des neuen Bauplatzes bezahlen.
Großgruppe auf 700 m²
Deutlich mehr Gedanken musste sich der junge Landwirt um das Innenleben seines neuen Stalles machen. Denn wie soll ein Warte- bzw. Abferkelbereich aussehen, damit dieser rechtlich für die nächsten Jahre Bestand hat? Außerdem wollte er Fördermittel aus dem Agrarinvestitionsförderprogramm (AFP) in Anspruch nehmen, die an zusätzliche Auflagen gekoppelt sind.
Für Kampmann, der diese Fragestellungen auch intensiv in seiner Bachelorarbeit bearbeitete, war schnell klar, dass im Wartebereich kein Weg an der Großgruppenhaltung vorbei geht. „Zu den AFP-Auflagen für den Wartebereich zählen 20% mehr Platz als gesetzlich vorgeschrieben und eine große Komfortliegefläche mit Gummimatten oder Einstreu. Auch der Fress- und Aktivitätsbereich lässt sich am besten in der Großgruppe ausprägen“, erklärt der Ferkelerzeuger.
Zum anderen wollte er die Tiere bereits drei Tage nach der Belegung wieder in Gruppen halten. Das setzt voraus, dass kontinuierlich einzelne Tiere in eine bestehende Gruppe nachgestallt werden können. „In einer Gruppe von mehreren hundert Tieren fällt eine dazugestallte Sau kaum auf und sie wird nicht sofort in Rangkämpfe verwickelt“, so Kampmann.
Aus diesen Vorstellungen hervorgegangen ist letztlich eine Großgruppe mit 273 tragenden Sauen. Jedem Tier stehen abzüglich der Fläche für die Aufstallung 2,46 m² Netto-Buchtenfläche zur Verfügung. „Dieses Platzangebot ist optimal für ein ruhiges Laufverhalten. Auch die großen, eingestreuten Liegekessel werden gut angenommen“, erläutert der Sauenexperte.
Versorgt werden die Tiere über insgesamt sechs Abrufstationen. Das bedeutet, auf eine Station kommen rund 45 Sauen. Eine höhere Belegdichte hält Kampmann für kontraproduktiv. „In der Erweiterungsphase liefen in der Spitze 330 Sauen zusammen. Da war viel mehr Unruhe im Stall, weil die Stationen fast 24 Stunden am Tag frequentiert wurden“, so seine Erfahrung.
Satte Sauen aufstallen
Für eine reibungslose Integration in die Gruppe wendet der Sauerländer zudem noch einen kleinen Trick an. Er erhöht vor dem Umstallen der fertig belegten Tiere in den Wartestall die Futtermenge, und auch die erste Mahlzeit an der Abrufstation fällt reichlich aus. „In der Regel haben die frisch aufgestallten Sauen dann kein Interesse an Rangkämpfen, sondern suchen sich für ein Verdauungsschläfchen einen ruhigen Platz in den Liegekesseln“, schmunzelt der Junglandwirt.
Dass er mit dieser Strategie die frühe Gruppenhaltung sehr gut meistert, beweist eine Umrauscherquote von lediglich 7%. Da war es für den Sauerländer nur konsequent, auch den alten Wartestall mit Fress-Liege-Buchten umzubauen. Hier laufen jetzt in einer Gruppe 146 Jung- und Erstlingssauen.
Buchtengestaltung nach Maß
Ähnlich wie beim Wartebereich hatte sich Kampmann für die Gestaltung der Abferkelung zunächst die AFP-Auflagen genau angeschaut. Vorgeschrieben sind hier mindestens 6 m² große Abferkelbuchten. Außerdem muss der Ferkelschutzkorb so ausgelegt sein, dass er nach der Geburt der Ferkel dauerhaft geöffnet werden kann und die Sau die Möglichkeit erhält, sich ungehindert umzudrehen.
Mit diesen Vorgaben und eigenen Ideen kam der Ferkelerzeuger auf der vorletzten EuroTier mit dem österreichischen Hersteller Stallprofi ins Gespräch. „Deren Buchtenkonzept bot für die Sau eine sehr große Bewegungsfläche, und man stand meinen Anpassungswünschen offen gegenüber“, blickt Kampmann zurück.
So war ihm unter anderem wichtig, dass die gangseitigen Buchtenwände nur 50cm hoch sind, um ein körperschonendes Einsteigen in die Bucht zu ermöglichen. Außerdem war Familie Kampmann aus der alten Abferkelung eine gerade Aufstallung gewohnt. „Wir sehen hier Vorteile bei der Geburtshilfe, dem Kotentfernen und der Tierbeobachtung“, erläutert der Agraringenieur.
Jungsauen ferkeln frei
Das Hauptaugenmerk lag aber auf der Buchtengröße. „Im Zuge einer Projektarbeit an der Fachhochschule habe ich die Körpermaße von 240 Sauen erfasst. Die Unterschiede zwischen den Tieren waren enorm“, schildert der Sauenhalter. Abgeleitet von diesen Ergebnissen entschied er sich dazu, die insgesamt 88 Abferkelbuchten in drei verschiedenen Größen auszuführen. Den Anfang machen die Buchten für die Erstlingssauen, die mit den Maßen (LxB) 2,75 mx2,4 m auf eine Bruttofläche von 6,6 m² kommen. Danach folgen mit 6,8 m² (2,75 mx2,5 m) bzw. 7,1 m² (2,75 mx2,6 m) Bruttofläche die Buchten für die älteren Muttertiere.
Durch die Größenstaffelung kann Kampmann den Erstlingssauen einen Bewegungsbereich von 3,2 m² anbieten, während die schweren und großen Altsauen auf 3,4 m² bzw. 3,7 m² kommen. „Bei soviel Platz hat die Sau die Möglichkeit vom warmen Ferkelnest wegzurücken oder sich an eine Buchtenwand zu legen“, erklärt Kampmann.
Allerdings ist nicht jede Sau freilauftauglich. Während er nach einem Jahr Praxiserfahrung fast alle Jungsauen frei abferkeln lässt, werden die Boxen der Altsauen erst zehn Tage nach der Geburt geöffnet. Bei einigen Tieren auch gar nicht. „Öffnet man den Korb zu früh oder ist die Sau ohnehin schon sehr unruhig, können die Saugferkelverluste stark ansteigen“, musste der Sauenhalter feststellen.
Großen Einfluss hat nach Ansicht des Sauerländers auch die Vitalität der Ferkel. Nicht allein wegen der Erdrückungsgefahr. „Bei einer so großen Bucht verlaufen sich die Ferkel auch schnell. Für untergewichtige Neugeborene kann das in einer tödlichen Unterkühlung enden“, gibt er zu Bedenken.
Mehrarbeit vertretbar
Folgerichtig zählt auch eine sehr intensive Geburtsbetreuung zum Mehraufwand, den Kampmann den Bewegungsbuchten zurechnet. „Außerdem dauert die Reinigung aufgrund der Buchtengrößen länger und das Auf- und Zuklappen der Boxen kostet Zeit“, so Kampmann. Zumal hier besondere Vorsicht gilt, da die Sau einen deutlich größeren Bewegungsradius hat als in einer normalen Bucht. Leichter von der Hand geht dagegen das Absetzen, da seine Topigs-Sauen sehr lauffreudig sind und gut auf den Beinen stehen.
Eine Einschätzung, wie sich die Bewegungsbuchten auf die Leistung auswirken, fällt aktuell schwer. Denn durch die Bauphase und die Bestandsaufstockung ist diese auch in den alten Abferkelställen von 30 auf 29 abgesetzte Ferkel pro Sau und Jahr gesunken. „Ich bin mir sicher, dass wir das alte Niveau bald wieder erreichen. Für den Augenblick ist es aber gut, dass der Einstieg in das neue Haltungskonzept durch die Teilnahme an der Initiative Tierwohl mitgetragen wird“, gibt Kampmann zu.
Die Entscheidung für die Bewegungsbuchten bereut der 27-Jährige dennoch nicht. Richtig geärgert hat er sich aber über den kürzlich vorgestellten Entwurf des Landwirtschaftsministeriums zur geplanten Novellierung der Haltungsverordnung. Darin heißt es in Bezug auf den Abferkelstall, dass der Sau in einer Bewegungsbucht eine Nettofläche von 5 m² zugestanden werden soll. „Abgesehen davon, ob solch eine Platzvorgabe fachlich zu begründen ist, wäre mein mit Förderung gebauter Neubau bereits überholt“, kritisiert der Agraringenieur.
Losgelöst von diesen politischen Querelen hat der ambitionierte Sauenhalter bereits das nächste Projekt im Blick. Er will einen Teil der alten 8er-Abferkelabteile auf dem Stammbetrieb für den Einstieg in die Eigenremontierung umbauen. „Damit legen wir in Bezug auf die Tiergesundheit nochmal einen drauf“, ist der Sauerländer überzeugt.
Fazit
Felix Kampmann hat mit AFP-Fördermitteln einen Sauenstall gebaut. Im Wartebereich hat er die Großgruppenhaltung an Abrufstationen eingeführt. Hier schätzt er sehr, dass die Sauen viel Bewegungsraum haben und sich Einzeltiere ohne großes Auftreten von Rangkämpfen integrieren lassen.
Die Bewegungsbuchten in der Abferkelung sind in drei verschiedenen Maßen ausgeführt, um sowohl Erstlings- als auch Altsauen platztechnisch gerecht zu werden. Der Mehraufwand in der Betreuung hält sich in Grenzen.