Aufgebläht, Darm gedreht

Tod durch Blähungen ist oft auf das Enterohämorrhagische Syndrom (EHS) zurückzuführen. Wie komplex die Ursachenforschung sein kann, zeigt ein Praxisfall.

Dr. Jörg Tenhündfeld, Tierarzt aus Vreden

Das Enterohämorrhagische Syndrom (EHS), landläufig auch als „Molkesyndrom“ bekannt, führt meist ohne Vorankündigung und klinischen Symptomen zu Todesfällen. Vornehmlich trifft es gesunde und gut entwickelte Mastschweine, seltener Sauen. In den meisten Fällen sind nur einzelne bzw. wenige Tiere betroffen.

Werden die erkrankten Schweine noch lebend vorgefunden, weisen sie Krämpfe und tonnenförmig aufgetriebene Bäuche auf. Mitunter zeigen sich bei sehr blasser Hautfarbe blutiger Durchfall und Erbrechen. Einige Tiere wälzen sich vor Schmerz, bei anderen sind vor dem Festliegen Bewegungsstörungen mit Untertemperatur zu beobachten. Eine Behandlung mit dem Ziel der Rettung dieser Tiere ist aussichtslos.

EHS: Ursache nicht geklärt

Die Ursache für die weltweit auftretende und seit den 60er-Jahren bekannte Erkrankung ist bis heute nicht vollständig geklärt. Es besteht aber ein enger Zusammenhang mit der Verfütterung von gärenden oder zur Gärung neigenden, zuckerreichen bzw. leicht fermentierbaren Komponenten. Hierzu gehört neben Back- und Süßwaren insbesondere Molke, daher auch die Bezeichnung „Molkesyndrom“.

Auslöser können auch abrupte Futterwechsel oder die Aufnahme großer, protein-/oder kohlenhydratreicher Futtermengen in kurzer Zeit sein. Stress durch Rangkämpfe am Trog sowie mangelnde Hygiene, insbesondere bei Flüssigfütterungen, werden ebenfalls diskutiert.

Gerät die Darmflora aus dem Gleichgewicht, können Hefen und/oder Clostridium perfringens eine übermäßige Gasbildung im Dickdarm auslösen. Diese führt dann zu einer halben bis vollständigen Drehung des Dünn- und Dickdarmes um die eigene, auch zur Blutversorgung dienenden Aufhängung. Der Blutfluss kommt zum Erliegen. Während sich in den Gefäßen eine Thrombose aufbaut, beginnt innerhalb weniger Minuten die Nekrose, d.h. der Darm stirbt ab.

In den Blutkreislauf gelangende Toxine und Botenstoffe lösen im nächsten Schritt einen Schock durch Kreislaufversagen aus, welches sich in der zunehmend blassen Hautfarbe, angestrengter Atmung und Festliegen zeigt.

Drehungsbedingt folgt nun eine noch exzessivere Vermehrung der Gasbildner, wobei der Druck aus dem Bauchraum Richtung Zwerchfell die Funktion der Lungen und des Herzens zunehmend einschränkt. Alles in allem tritt der Tod binnen weniger Stunden ein.

Sektion und Gastest

Nach klinischem Verdacht kann der Pathologe die Diagnose EHS im Rahmen einer Sektion absichern: Große Teile des Dünn- und...