Können Mykoplasmen auch bei geimpften Tieren Husten hervorrufen? Lungenspülungen bei betroffenen Tieren brachten Klarheit.
Dr. Torsten Pabst, Dülmen
Atemwegsinfektionen sind gerade im Herbst und Winter eine große Herausforderung. Sie können durch Lüftungsfehler begünstigt werden, wobei Luftgeschwindigkeit, -feuchte, Temperaturschwankungen, Staub und Schadgase eine Rolle spielen können. Oft sind verschiedene Viren und Bakterien beteiligt, die gemeinsam auftreten können. Der Krankheitskomplex wird als PRDC (porcines respiratory disease complex) bezeichnet.
Als Viren spielen vor allem Influenza, PRRSV und PCV2 eine Rolle. Ausgangspunkt bakterieller Infektionen sind die Mykoplasmen (M.hyopeumoniae, M.hyorhinis), Bordetellen, Pasteurellen, Streptokokken, Haemophilus parasuis und APP. Die Diagnostik spielt eine wesentliche Rolle bei der Bekämpfung von Atemwegsinfektionen.
Plötzlicher Brüllhusten
Bei dem vorliegenden Praxisfall handelt es sich um einen Betrieb mit 600 Sauen, der drei verschiedene Mäster beliefert. Die Lieferbeziehung ist seit vielen Jahren stabil.
Die Leistungen im Sauenbetrieb sind gut. Insgesamt werden 31,4 Ferkel abgesetzt, und in der Aufzucht liegen die Verluste bei unter 2%. Auch die Tageszunahmen in der Ferkelaufzucht sind mit 450 g im oberen Bereich.
Alle Ferkel werden in der ersten und dritten Lebenswoche gegen Mykoplasmen geimpft und in der dritten Lebenswoche zusätzlich gegen PRRS und PCV2. Der Sauenbetrieb fährt einen modifizierten zwei Wochen Rhythmus mit 23-tägiger Säugezeit. Die nachgelagerten Betriebe stallen jeweils Mastgruppen zwischen 500 und 800 Tieren ein.
Die Mast verlief über Jahre stabil. Doch dann trat plötzlich im Herbst vor allem in der Mittelmast trockener Brüllhusten auf. Die Tageszunahmen konnten zwar mit bis zu 900 g weiterhin auf einem hohen Niveau gehalten werden. Doch die Verluste stiegen auf bis zu 4%. Betroffene Gruppen mussten bis zu drei Mal antibiotisch behandelt werden.
Auf allen drei Betrieben wurde eine intensive Diagnostik eingeleitet. Diese umfasste unter anderem Klimachecks, die allerdings keine wesentlichen Auffälligkeiten hervorbrachten. Zur Infektionsdiagnostik wurden von frisch erkrankten Schweinen Lungenspülungen genommen und Lungenchecks am Schlachthof durchgeführt. Auch wurden klinisch erkrankte Schweine seziert.
Lungenspülproben
Lungenspülungen sind eine gute Möglichkeit, Erreger direkt am Ort der Infektion nachzuweisen. Der Vorteil ist, dass das Schwein nicht euthanasiert werden muss. Mit vorhandenen Methoden können allerdings nur Schweine bis ca. 25 kg beprobt werden. Mit einer neu modifizierten Methode werden sterile Katheter genutzt, welche dann beim narkotisierten Schwein in die Luftröhre unter Sichtkontrolle eingeführt werden.
Hierdurch kann auch bei älteren Tieren auf verschiedene Bakterien und Viren untersucht werden. Ein Erregernachweis von der Lunge kann genutzt werden, damit Resistenztests als Grundlage für eine antibiotische Behandlung erstellt werden. Des Weiteren können hierdurch auch Erreger isoliert werden, um diese für einen stallspezifischen Impfstoff zu verwenden.
Doch das Auffinden von Erregern allein sagt wenig über entsprechende pathologische Veränderungen aus. Somit sollte eine solche Methode immer durch andere diagnostische Verfahren wie Sektionen oder Lungenchecks ergänzt werden.
Mykoplasmen nachgewiesen
In dem ersten Mastbetrieb wurden zweimal je vier Lungenspülungen von frisch erkrankten 50 kg schweren Mastschweinen entnommen. In allen Lungenspülungen konnten mittels PCR-Untersuchung M.hyopneumoniae nachgewiesen werden. Die Untersuchungen auf PPRSV und Influenza verliefen negativ.
Des Weiteren wurden zwei klinisch erkrankte Tiere seziert, bei denen eine hochgradige Spitzenlappenpneumoniae mit dem Nachweis von M.hyopneumoniae nachgewiesen werden konnte. Die weitere histologische Untersuchung zeigte deutliche Veränderungen einer M.hyopneumoniae-Infektion.
Im zweiten Mastbetrieb wurden Lungenspülungen bei fünf klinisch erkrankten Schweinen mit 65 kg LG durchgeführt. Hierbei konnten in vier Lungenspülungen M.hyopneumonaie nachgewiesen werden. Des Weiteren waren in den Lungenspülungen noch alpha-hämolysierende Streptokokken nachweisbar. Die Untersuchung auf PRRS und Influenza blieb negativ. Eine Sektion wurde in diesem Betrieb nicht durchgeführt.
Der dritte Mäster impft die Ferkel bei Einstallung mit einer kommerziellen Vakzine gegen Influenza. Dennoch trat auch hier der Husten in der Mittelmast auf. Neben dem Erregernachweis in Lungenspülproben von erkrankten Tieren wurden beim Schlachtlungencheck bei einem Großteil der Tiere deutliche Spitzenlappen-Pneumonien gefunden.
Impfstoff gewechselt
Die Ergebnisse bei allen drei Mästern zeigten als Ursache für die Atemwegsproblematik eine Infektion mit M.hyopneumoniae trotz einer Impfung gegen Mykoplasmen. Wie kann so etwas zustande kommen? Eine nicht zufriedenstellende Wirkung einer Impfung kann unterschiedliche Ursachen haben. Zum einen können Co-Infektionen am Krankheitsbild beteiligt sein, was in diesem Fall ausgeschlossen werden konnte, bzw. eine zusätzliche Impfung gegen Influenza auf dem dritten Mastbetrieb hatte keinen Erfolg.
Des Weiteren könnten die Ferkel zum Zeitpunkt der Impfung geschwächt sein aufgrund anderer Infektionen oder immunsuppressiver Faktoren z.B. durch Mykotoxine im Futter. Auch dieses wurde in dem hier vorliegenden Fall ausgeschlossen.
Gemeinsam wurde ein Wechsel des Mykoplasmenimpfstoffes beschlossen. Hierbei wurde darauf geachtet, dass es sich um eine Vakzine mit einem anderen Antigen handelt. Mykoplasmen können sich wie jeder andere Erreger auch durch Mutationen verändern. Hierdurch können neue Erregervariationen entstehen. Bisher wurde bei den Mykoplasmenimpfstoffen immer der gleiche sogenannte J-Stamm verwendet. In neueren Impfstoffen werden Mykoplasmenisolate berücksichtigt, welche sich von dem J-Stamm unterscheiden. Dieses ist eine Möglichkeit, bei Nichtwirksamkeit eines Impfstoffes Vakzine mit einer anderen Antigenvariante einzusetzen, um eine bessere Wirksamkeit gegen den Felderreger zu haben.
Dieser neue Impfstoff wurde einmalig in der dritten Lebenswoche zusammen mit der PRRS- und PCV2-Impfung verabreicht. Mit dem Wechsel des Impfstoffes tauchten keine klinischen Atemwegserkrankungen mit 50 bis 60 kg LG in den Gruppen mehr auf. Auch der antibiotische Einsatz in der Mast konnte massiv gesenkt werden.