Die Schweinehalter fordern mehr Tempo beim Zaunbau und der Wildschweinebejagung in den ASP-Krisengebieten an der polnischen Grenze.
Lea Möhle, BRS
Mit dem Stand vom 26. Juli 2021 wurden in Brandenburg insgesamt 1370 Fälle der Afrikanischen Schweinepest (ASP) vom Friedrich-Loeffler-Institut bestätigt; darunter befinden sich drei Fälle bei Hausschweinen. In Sachsen sind es 322 Fälle bei Wildschweinen.
Insgesamt weist Brandenburg fünf Kernzonen aus, die mit Umzäunungen gesichert sind. Denn die ASP soll sich nicht weiter nach Westen ausbreiten. Zudem gibt es in Ostsachsen an der Grenze zu Polen eine größere Kernzone.
Zweiter Grenzzaun geplant
Der Ursprung der ASP sind immigrierende Wildschweine aus Polen. Aufgrund des anhaltenden Seuchendrucks aus Polen und verstärkt positiven Funden in der Nähe zu Brandenburg und Sachsen wurde ein Grenzzaun errichtet. Das letzte Teilstück der festen Wildschweinbarriere an der Oder-Neiße-Grenze ist vor Kurzem fertiggestellt worden.
Der 1,20 m hohe Maschendrahtzaun allein gibt noch keine 100%ige Sicherheit. Denn Straßendurchlässe lassen sich nicht ausreichend absichern. Auch haben offenstehende Tore und Vandalismus am Zaun immer wieder zu Lücken geführt.
Deshalb hat der Brandenburger Krisenstab Ende Juni beschlossen, einen zweiten Zaun entlang der deutsch-polnischen Grenze zu errichten und somit einen Schutzkorridor zu schaffen. Der Abstand zum ersten Zaun sollte etwa 500 bis 1000 m betragen (siehe Skizze). Auch Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen haben angekündigt, die Etablierung eines solchen Schutzkorridors durch einen zweiten Zaun schnellstmöglich umzusetzen. Konkrete Zeitpläne gibt es jedoch noch nicht.
Innerhalb der Schutzzone soll die Schwarzwilddichte durch jagdliche Maßnahmen maximal reduziert werden, heißt es in einem ersten Bericht. Zudem gilt es, die intensive Bejagung vor dem ersten Zaun, dem sogenannten Hochsicherheitskorridor, fortzuführen.
Zur Umsetzung haben Brandenburg, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern ein gemeinsames Konzept erarbeitet, welches derzeit von der EU-Kommission geprüft wird. Das Konzept enthält u.a. den Antrag auf eine Ko-Finanzierung durch die EU. Sollte der Antrag nicht genehmigt werden, sollen die Kosten – zumindest in Brandenburg – durch das Land getragen werden.
Kritik an Umsetzung
Seit den ersten ASP-Fällen bei Wildschweinen in Westpolen im Jahr 2019 ist der wildschweinsichere Grenzzaun im Gespräch. Doch die rechtliche Grundlage zum präventiven Zaunbau wurde erst mit dem ersten ASP-Fall in Deutschland geschaffen. Die betroffenen Schweinehalter kritisieren, dass die Schutzbarriere schon viel früher hätte errichtet werden müssen.
Auch bei anderen Maßnahmen wird eine zu langsame Umsetzung bemängelt, was auf zahlreiche bürokratische Hürden zurückzuführen ist. So fehlt z.B. ein eindeutiges Verbot der Freilandhaltung innerhalb der gefährdeten Gebiete (Zone II) und die Allgemeinverfügungen der Landkreise weisen große Unterschiede auf. Dazu kommen Absatz- und Vermarktungsschwierigkeiten, die die Betriebe finanziell stark belasten.
Die Schweinehalter vor Ort fühlen sich alleine gelassen. Derzeit sind selbst bei einem angeordneten Besamungsverbot im Landkreis Oder-Spree keine Entschädigungen vorgesehen. Das Veterinäramt zieht das Verbot zwar in Ausnahmefällen zurück; allerdings nur, wenn der Absatz der Schweine gesichert ist. Das kommt einem Berufsverbot gleich.
Ausstieg als Option
Abhilfe könnte eine Empfehlung des Bundesrates vom 25. Juni 2021 bieten. Darin heißt es, dass Betriebe bei einem seuchenbedingten temporären Ausstieg oder Teilausstieg aus der Erzeugung über ein Förderprogramm zu unterstützen sind. Es wäre ein wichtiges Signal an die Landwirte, wenn die Bundesregierung diese Empfehlung vor der Wahl aufgreift und schnell umsetzt. Der Ausstieg ist nicht nur eine Empfehlung an die vielen Kleinst- und direkt in den Kernzonen ansässigen Schweinebetriebe. Auch für die 68 Schweinehaltungen mit insgesamt 24000 Tieren im geplanten Schutzkorridor entlang der deutsch-polnischen Grenze stellt sich diese Frage.
Für alle anderen Betriebe bleibt die Biosicherheit die wichtigste Maßnahme zum Schutz vor der hochansteckenden Seuche. Hierfür wurde u.a. die ASP-Statusuntersuchung etabliert.
Allerdings scheint die Akzeptanz hierfür bei den Schweinehaltern zu sinken. Als Gründe werden die unterschiedlichen Modelle zur finanziellen Unterstützung in den Bundesländern, der hohe Arbeitsaufwand und ein Ausbleiben der erhofften Marktsignale in China und anderen Drittländern genannt. Das ist keine gute Entwicklung. Abhilfe könnte eine Delegation der Probenentnahme, zum Beispiel an die Hoftierärzte oder die Landwirte sein.