Durch den Klimawandel wird es im Stall immer heißer. Daher ist es wichtig, dass Schweinehalter belastete Tiere schnell erkennen und gezielt reagieren.
Dr. Theodor Schulze-Horsel, LWK Nordrhein-Westfalen
Wie baut sich im Stall Hitzestress auf?
Schweine können nicht schwitzen, weil ihnen Schweißdrüsen in der Haut fehlen. Steigt die Temperatur über die Wohlfühltemperatur der Tiere, muss die überschüssige Wärme anderweitig abgegeben werden.
Zum Teil geschieht das durch eine verstärkte Durchblutung der Körperoberfläche. Die meiste Wärme geben die Tiere jedoch in Form von Verdunstungskälte ab. Hierbei geben sie über die Innenoberfläche der Nase Feuchtigkeit an die Atemluft ab.
Funktioniert das bei feuchter Witterung?
Deutlich schlechter! Je feuchter die Stallluft, umso weniger zusätzliche Feuchtigkeit kann sie aufnehmen. Eine schwüle Witterung ist eine besondere Belastung für die Tiere.
Was sind die physiologischen Folgen?
Zunächst suchen die Schweine kühle Plätze auf, sie saufen mehr, sie lassen sich von kühlem Wasser aus der Tränke berieseln und nutzen Suhlmöglichkeiten.
Wenn das nicht reicht, reduzieren sie die Futteraufnahme, weil bei der Verdauung viel Wärme entsteht. Weniger Futteraufnahme bedeutet in Aufzucht und Mast weniger tägliche Zunahme. Bei Sauen sinkt die Milchproduktion und die Krankheitsanfälligkeit steigt.
Welche Tiersignale zeigen Hitzestress an?
Die Schweine suchen gezielt kühle, feuchte Ecken und suhlen sich zur Abkühlung in ihren Exkrementen. Man sieht vermehrt dreckige Tiere und die Stallluft wird schlechter. Außerdem nehmen die Tiere ausgestreckte Liegepositionen ein und meiden Körperkontakt.
Ein eindeutiges Warnsignal ist ein schnelles Atmen bzw. Hecheln mit geöffnetem Maul. Normalerweise liegt die Atemfrequenz bei Sauen und Mastschweinen bei 10 bis 15 Zügen pro Minute.
Wo liegen die Wohlfühltemperaturen in den einzelnen Produktionsbereichen?
Die thermoneutrale Zone beschreibt eine Umgebung, bei der sich die Körpertemperatur der Tiere ohne zusätzlichen Energieaufwand im Idealbereich befindet. Steigt die Umgebungstemperatur über diese Zone hinaus an, bekommen die Tiere Probleme bei der Wärmeabfuhr.
Diese Temperaturzone liegt bei tragenden Sauen bei ca. 18 bis 20°C, in der Abferkelung können es auch 23°C sein. Saugferkel brauchen im Liegebereich zwischen 32 und 40°C. In der Aufzucht sinkt das Wärmebedürfnis und es haben sich Temperaturspannen von 24 bis 30°C bewährt. Für Mastschweine empfehlen sich circa 20°C Stalltemperatur.
Welche Tiergruppen sind bei Hitze besonders gefährdet?
Hochtragende Sauen und Ferkel in den ersten Lebenstagen. Während die trächtigen Sauen zu Herz- und Kreislaufproblemen neigen, leiden die Ferkel darunter, dass die Sauen die Milchproduktion drosseln. Zudem übt das Nest aufgrund der hohen Umgebungstemperaturen wenig Anziehungskraft auf die Jungtiere aus. Mit der Folge, dass sie sich verstreut in der Bucht hinlegen und Gefahr laufen, von der Sau erdrückt zu werden.
Bei Absetzferkeln, die ein relativ großes Wärmebedürfnis haben, wird man erst unter sehr extremen Bedingungen Hitzestress sehen. Anders in der Mittel- und Endmast, wo die Tiere bei hohen Temperaturen schnell mehrere Hundert Gramm Futter weniger am Tag aufnehmen.
Welche Rolle spielt das Stallklima bei der Haltung unkupierter Tiere?
Hitzestress belastet und frustriert die Tiere, was zu aggressivem Verhalten führen kann. Auch aus dem Kampf um begrenzte Ressourcen, wie kühle Liegeplätze, entwickelt sich Schwanzbeißen.
Zudem kann es bei Hitzestress zu einer Minderdurchblutung des Verdauungstraktes kommen. Wird die Darmbarriere geschädigt, können Endotoxine in die Blutbahn gelangen und Ohrrand- und Schwanznekrosen auslösen.
Welche baulichen Maßnahmen verhindern bzw. reduzieren Hitzestress?
Eine Reihe hoher Bäume auf der Sonnenseite des Stalles kappt merklich die Temperaturspitzen. Die Zuführung der Zuluft von der Schattenseite des Gebäudes ist ein weiterer Punkt. Idealerweise kann zwischen Winterbetrieb mit Zuluft aus dem Dachraum und Sommerbetrieb mit Zuluft von außen gewechselt werden.
Bei neuen Ställen empfiehlt sich ein Erdwärmetauscher, der im Sommer kühlt und im Winter die Zuluft anwärmt. Verdunstungskälte produzieren z.B. Kühlpads oder Hochdruck-Sprühkühlungen. Alle Kühlungen, die Wasser in der Zuluft verdunsten, sind bei schwüler Witterung vorsichtig einzusetzen. Sie schränken die Möglichkeiten der Tiere ein, Verdunstungskälte zu erzeugen.
Welchen Beitrag kann hier die Fütterung leisten?
Zunächst sollte die Futtermenge auf kleinere und häufigere Mahlzeiten verteilt werden. Außerdem empfiehlt es sich mit der Fütterung um circa 3 Uhr zu starten.
Die Energiekonzentration kann wegen der geringeren Futteraufnahme erhöht werden. Zudem ist es sinnvoll, den Rohproteingehalt zu senken und Stärke durch Fett als Energiequelle zu ersetzen. Fett ist besser verdaulich und erzeugt weniger Stoffwechselwärme. An heißen Tagen empfiehlt es sich, die Menge an Ballaststoffen in der Ration herunterzufahren, da die Verstoffwechselung von Rohfaser ebenfalls die Wärmeabgabe erhöht. Außerdem sollte frisches und sauberes Wasser zur Verfügung stehen.