Bei Husten wird häufig das Impfverfahren gegen Mykoplasmen infrage gestellt. Dabei sollte zunächst der Erregerdruck genau bestimmt werden.
Mag. med. vet. Maximiliane Dippel, Universitätsklinik für Schweine, Wien
Mycoplasma hyopneumoniae (M.hyo.) ist der Haupterreger der Enzootischen Pneumonie (EP) bei Schweinen. Dies ist eine Atemwegserkrankung, die Tiere aller Altersgruppen betrifft und zu großen wirtschaftlichen Verlusten beitragen kann.
Neben anderen Pathogenen wie dem PCV2, PRRSV und APP zählt M.hyo. zu den wichtigen Primärerregern von Atemwegserkrankungen mit sogenannter Wegbereiterfunktion.
Eine zentrale Rolle bei der Immunabwehr spielt das Flimmerepithel, welches bis in die Bronchiolen der unteren Atemwege reicht. Eine Infektion mit M.hyo. bewirkt nicht nur die Zerstörung dieses Flimmerepithels, sondern unterdrückt auch weitere Mechanismen der Immunabwehr.
Bellender Husten und Fieber
Fälle von EP verlaufen in der Regel mild und sind von trockenem Husten gekennzeichnet. Der Verlauf wird aber wesentlich durch Umweltbedingungen wie Stallklima, Belegdichte und Hygiene beeinflusst und daher auch als Faktorenerkrankung bezeichnet. Kommen Infektionen mit weiteren viralen oder bakteriellen Sekundärerregern hinzu, wird die Erkrankung in vielen Fällen klinisch relevant.
Sehr oft bestimmen dann feuchter, bellender Husten und Fieber das klinische Bild. Die ökonomischen Folgen einer Infektion mit M.hyo. können durch Leistungseinbußen, z.B. geringere Tageszunahmen und Kümmern, erheblich sein.
Vor allem aus diesem Grund zählen die Impfungen gegen M.hyo. zusammen mit PCV2 zu den Standardimpfungen in Deutschland und Österreich. Sie werden fast ausschließlich im Saugferkelalter durchgeführt. Die Entscheidung für ein Impfkonzept wird in der Regel von Tierarzt und Landwirt gemeinsam auf Basis entsprechender Diagnostik und/oder etwaiger früherer Bestandsprobleme getroffen.
Für den Nachweis von M.hyo. steht eine Vielzahl verschiedener Verfahren zur Verfügung (siehe Kasten, Seite 26). In welchen Altersabschnitten der Erregerdruck wie hoch ist, lässt sich durch die Kombination verschiedener diagnostischer Ansätze herausfinden.
Ein- oder Zweifachimpfung?
Die Kontrolle von M.hyo.-Infektionen ist ähnlich komplex wie ihre multifaktoriellen Ursachen. Die Beseitigung von Managementmängeln ist mindestens ebenso wichtig wie die Auswahl des Impfstoffs und das angewandte Impfschema.
Prophylaktische Impfmaßnahmen haben in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen, da sie die Entstehung von Erkrankungen vermeiden helfen und damit die Reduktion antibiotischer Therapien unterstützen.
Neben der Effektivität der Impfmaßnahme spielen bei der Auswahl der Vakzine aber auch der Arbeitsaufwand sowie die Belastung für das Tier eine Rolle. Dies hat insgesamt zu einer erhöhten Nachfrage nach gebrauchsfertigen Kombinationsimpfstoffen und Mehrfachimpfungen geführt.
Auch gibt es bei M.hyo. die Möglichkeit, nur ein- statt zweimal zu impfen. Seit der Einführung der Einfachimpfung 2002 wird jedoch deren Effektivität im Vergleich zur Zweifachimpfung infrage gestellt. Vor allem in Betrieben mit Atemwegsproblemen über mehrere Produktionszyklen gelten Zweimalimpfungen gegen M.hyo. als Mittel der Wahl für den Aufbau einer erfolgreichen Schutzwirkung. Dabei belegen zahlreiche Studien eine vergleichbare Effektivität von Einmal- und Zweimalimpfstoffen.
Feldstudie im Sauenbetrieb
Genau diese Frage war die Ausgangsbasis für eine aufwendige Feldstudie in Österreich. In einem konventionellen Ferkelerzeugerbetrieb mit 210 Sauen und einem nachgeschalteten Mastbetrieb wurden in drei Durchgängen parallel zwei Impfverfahren getestet.
Die Ferkel aus den Würfen wurden individuell gekennzeichnet und gleichmäßig auf die Gruppen A und B verteilt. Die Impfung der 386 Ferkel der Gruppe A erfolgte am 7. und 28. Lebenstag gegen M.hyo. sowie am 21. Lebenstag gegen PCV2. Den 390 Ferkeln der Gruppe B hingegen wurde am 21. Lebenstag eine gebrauchsfertig kombinierte Einmalimpfung gegen M.hyo. und PCV2 verabreicht.
Die Tiere der beiden Impfgruppen wurden gemeinsam aufgestallt und bis zur 24. Lebenswoche gemästet. Es erfolgten regelmäßige Wiegungen in der Lebenswoche 1, 4, 11 und 24 sowie Blutentnahmen in der Lebenswoche 11, 13, 16 und 24.
Von 50 ausgewählten Beprobungstieren wurden zusätzlich TBS-Proben genommen. Die Entnahmen der Abstriche von der Schleimhaut der oberen Atemwege erfolgten in der Lebenswoche 5, 11 und 13. ▶
Am Schlachthof wurde jede Lunge einzeln untersucht und von den 50 Fokustieren Proben für weitergehende Laboruntersuchungen entnommen.
Impfverfahren ebenbürtig
Die Mastleistungen sind in der Übersicht 1 aufgeführt. Die Tageszunahmen der beiden Impfgruppen sind mit 872 g (Gruppe A) und 878 g (Gruppe B) nahezu gleich. Auch in puncto Mastdauer und Tageszunahmen in der Ferkelaufzucht gab es keine statistisch belegbaren Unterschiede.
Der direkte Erregernachweis mittels immunhistochemischer Untersuchung (IHC) ergab für 16,7% (Gruppe A) bzw. 19,2% (Gruppe B) der Proben ein positives, durch die typischen feingeweblichen Veränderungen histologisch bestätigtes Ergebnis.
Der Erregernachweis im Lungengewebe erfolgte u.a. über den Nachweis von Genmaterial mittels Polymerase-Kettenreaktion (PCR). Das Ergebnis der RT-PCR überraschte, da nur eine Gewebeprobe positiv auf M.hyo. getestet wurde. Die nPCR dagegen war bei 54,2% (Gruppe A) bzw. 57,7% (Gruppe B) der Proben positiv.
Zu den TBS-Proben: Hier verlief die RT-PCR ausnahmslos negativ. Die Ergebnisse der nPCR waren dagegen bei 21,7% (Gruppe A) und 8% (Gruppe B) der TBS-Proben positiv für die 13. LW.
Beim indirekten Erregernachweis mittels ELISA war der Anteil an positiven Tieren mit 45,8% (Gruppe A) und 42,3% (Gruppe B) in Lebenswoche 11 am höchsten. Diese Tiere wiesen also Antikörper auf. Bis zur Schlachtung in der 24. Lebenswoche nahm der Anteil positiver Tiere in der Gruppe A auf 4,2% und in der Gruppe B auf 3,9% ab (siehe Übersicht 2).
Niedriger Erregerdruck
Der Abfall der Antikörpertiter im Verlauf der Aufzucht- und Mastperiode spricht eigentlich nicht dafür, dass es während der Studie zu einer relevanten Feldinfektion gekommen ist.
Dass es in der Mast aber eben doch zu einer Feldinfektion gekommen ist, zeigen dagegen die PCR- und IHC-Ergebnisse. Die Resultate der nPCR lassen den Schluss zu, dass zu Beginn der Hauptmast eine Feldinfektion mit einem wenig pathogenen Erregerstamm und/oder niedrigem Erregerdruck erfolgt ist. Letzteres bestätigen die Ergebnisse der RT-PCR.
Schlussendlich konnte mit dieser Studie gezeigt werden, dass die kombinierte Einmalimpfung am 21. Lebenstag den getrennten Impfungen am 7., 21. und 28. Lebenstag in keinem der untersuchten Parameter unterlegen war. Lungengesundheit und Mastleistungen waren ebenbürtig, wobei in diesem Fall der Erregerdruck in der Ferkelaufzucht sowie in der anschließenden Mast als eher niedrig eingestuft wurde.
Wir fassen zusammen
- Bei der EP handelt es sich um eine Faktorenkrankheit. Die M.hyo.-Impfung trägt entscheidend zur Lungengesundheit im Bestand bei.
- Um die Bedeutung des Erregers bei Auftreten von Atemwegserkrankungen abschätzen zu können, ist eine fundierte Diagnostik unumgänglich. Die Kombination unterschiedlicher diagnostischer Nachweisverfahren beugt Fehlinterpretationen vor.
- Welches Impfkonzept im Betrieb am erfolgreichsten ist, wird von Faktoren wie Erregerdruck, Infektions- und Impfzeitpunkt, Sekundärinfektionen, sonstige Impfungen sowie nicht zuletzt durch die konsequente und fachgerechte Durchführung der Impfung beeinflusst.
- Welches Impfkonzept im Betrieb am erfolgreichsten ist, wird von Faktoren wie Erregerdruck, Infektions- und Impfzeitpunkt, Sekundärinfektionen, sonstige Impfungen sowie nicht zuletzt durch die konsequente und fachgerechte Durchführung der Impfung beeinflusst.
Hinweis: Der Artikel entstand in Zusammenarbeit mit Kollegen der Vetmeduni Vienna, der TiHo Hannover (Bakum); Kollegen der IVD GmbH sowie mit Unterstützung von MSD-Tiergesundheit. Literatur ist bei der Autorin erhältlich.