Wann bietet sich eine Sektion an und welche Erkenntnisse lassen sich gewinnen? Antworten von Dr. Philipp Könighoff, TiHo Hannover, Außenstelle Bakum.
Michael Werning, SUS
1.Welche diagnostischen Möglichkeiten bietet eine Sektion?
Könighoff: Durch eine Sektion können ungeklärte klinische Symptomatiken aufgearbeitet und die Erkrankungsursache festgestellt werden. Nur die Sektion ist diagnostisch vollständig und daher am ehesten geeignet, Erregernachweise zu interpretieren. Außerdem kann steriles Probenmaterial für die Isolierung eines Erregers gewonnen werden. Das ist die Basis, um anti-mikrobielle Resistenzmuster oder bestandsspezifische Impfstoffe herzustellen. Nicht zuletzt dient die Sektion der Früherkennung von Zoonosen und Tierseuchen. Jedes Tier wird routinemäßig auf die Europäische und Afrikanische Schweinepest sowie die Aujeszkysche Krankheit untersucht.
2.In welchen Fällen bzw. bei welchen Krankheitssymptomen wird eine Sektion durchgeführt?
Könighoff: Es wird auf die Sektion zurückgegriffen, wenn die Krankheitsursache nicht über die klinische Diagnose sicher ermittelt werden kann. Durchfall- bzw. Atemwegserkrankungen oder Fruchtbarkeitsprobleme kommen häufig vor und können viele unterschiedliche Ursachen haben. Daher sollte die Sektion als weiterführendes Diagnostikum in Anspruch genommen werden. Es gibt keine bestimmten Krankheitssymptome, die mehr oder weniger Sinn machen für eine Sektion.
3.Nach welchen Kriterien ist ein Tier für die Sektion auszuwählen?
Könighoff: Die Tiere sollten akut erkrankt sein und das Krankheitsbild deutlich zeigen. Sie können lebend oder frisch verendet an der Außenstelle angeliefert werden und sollten nicht vorbehandelt sein.
Eine bessere diagnostische Trefferquote ergibt sich, wenn mehrere, typisch erkrankte Tiere untersucht werden. Wir empfehlen die Untersuchung von drei bis fünf Schweinen. Damit lässt sich nahezu ausschließen, dass Einzeltierbefunde überbewertet werden.
Schweine, die das akute Krankheitsstadium bereits überwunden haben, sind aufgrund möglicher Sekundärerkrankungen für die Sektion weniger geeignet. Das wäre zum Beispiel die Erkennung viraler Infektionen als Wegbereiter für andere Erkrankungen.
4.Wie sollte ein für die Sektion bestimmter Kadaver zum Labor transportiert werden?
Könighoff: Der Tierkörper sollte gekühlt und so schnell wie möglich angeliefert werden. Für den Transport sind auslaufsichere Boxen bzw. Wannen zu verwenden, damit die Erreger nicht weiter verbreitet werden. Es gibt auch Fahrdienste, die sich auf den Transport von Kadavern für die Sektion spezialisiert haben. Für den Transport lebender Tiere gelten die Vorgaben der Tierschutztransportverordnung.
5.Welche Informationen sollten vom Landwirt und Tierarzt im Untersuchungsauftrag/Vorbericht übermittelt werden?
Könighoff: Neben den Kontaktdaten benötigen wir Informationen zum Krankheitsverlauf, zum Anteil erkrankter wie verstorbener Tiere, zu bereits getätigten Behandlungen sowie zum Ziel der Untersuchung. Zudem sind Managementanpassungen, wie Futterumstellungen oder ein Wechsel der Impfstrategie, wichtige Informationen. Auf unserer Internetseite können Untersuchungsaufträge heruntergeladen werden, die alle relevanten Fragen beinhalten.
6.Unterscheidet sich der Untersuchungsaufwand je nach Vorkenntnissen?
Könighoff: Die Sektion kann je nach Vorbericht, Zielstellung und beteiligten Akteuren von zielorientiert bis umfassend dargestellt werden. Der tatsächliche Untersuchungsaufwand ist im Regelfall allerdings erst während der Sektion zu erkennen. Die Probenentnahme kann im Vorfeld besprochen und weiterführende Untersuchungen können dank Rückstellproben nachträglich eingeleitet werden.
7.Wie wird ein 50kg-Läufer mit Atemwegsproblematik untersucht?
Könighoff: Wir konzentrieren uns bei der Diagnostik immer erst auf weit verbreitete Erkrankungen, bevor wir beispielsweise auf Vergiftungen oder Infektionen mit seltenen Erregern untersuchen. Auf diese Weise lassen sich die Kosten reduzieren. Die Untersuchung einer Atemwegsproblematik bei Läufern fußt auf drei Säulen. Dazu zählen neben einer pathologisch-anatomischen Untersuchung die Mikrobiologie sowie die Molekularbiologie, um bakterielle wie virale Infektionserreger zu isolieren bzw. nachzuweisen. Liegen dann noch keine aussagekräftigen Ergebnisse vor, folgen weiterführende Schritte, wie eine histologische Untersuchung des Lungengewebes. In den meisten Fällen besteht die Schwierigkeit nicht darin, Erreger nachzuweisen. Die eigentliche Herausforderung ist, die vielfältigen Ergebnisse mit dem betreuenden Tierarzt richtig zu interpretieren und daraus Therapiemaßnahmen abzuleiten.
8.Wann kann der Tierarzt/Landwirt mit einem Bericht rechnen?
Könighoff: Den ersten Befund bekommt der Tierarzt direkt nach der Sektion am Tag der Anlieferung. Die weiteren Untersuchungsergebnisse werden in den folgenden Tagen fortlaufend per E-Mail an die Tierarztpraxis geschickt. So ist der Veterinär immer auf dem aktuellen Kenntnisstand und kann zusammen mit dem Landwirt Maßnahmen umsetzen. Im Normalfall liegt innerhalb einer Woche ein Abschlussbefund mit sämtlichen Ergebnissen vor. Einige Spezialuntersuchungen, z.B. die Anzucht von Gelenksmykoplasmen, können sich allerdings über mehrere Wochen ziehen.
9.Wie hoch sind die durchschnittlichen Untersuchungskosten?
Könighoff: Beim Beispiel 50kg-Läufer mit Atemwegsproblematik und zielorientierter Untersuchung haben wir vier Kostenpunkte. Für die makroskopische Untersuchung inklusive Probenentnahme und vorläufiger Beurteilung sind 50€ zu veranschlagen. Die bakteriologische Untersuchung von zwei Lokalisationen inkl. Resistenztest und ein Pneumonie-Screening auf vier Atemwegserreger kostet 53 bzw. 75€. Zuzüglich der Verwaltungspauschale von 10€ belaufen sich in diesem Fall die Gesamtkosten auf 188€ plus MwSt. Das kommt den durchschnittlichen Untersuchungskosten schon nahe. Bei Bedarf lassen sich die Kosten auch im Vorfeld grob abschätzen.
10.Wie stark nutzen Tierärzte/Landwirte diese Diagnostikart?
Könighoff: Sehr regelmäßig. Durch die Sektion werden die Proben für die Entwicklung bestandsspezifischer Impfstoffe gewonnen, die immer häufiger auf den Betrieben eingesetzt werden. Außerdem können auf Basis der Sektionsergebnisse aussagekräftige und zielführende Antibiogramme erstellt werden, die durch die neue Verordnung über tierärztliche Hausapotheken (TÄHAV) gefordert werden. Die Sektion ist somit ein wichtiger Baustein der modernen tiermedizinischen Bestandsbetreuung und unterstützt die Arbeit der Tierärzte im Feld.