Drei Wochen nach Ankunft waren die Ferkel stark auseinandergewachsen. Eine über Jahre gut funktionierende Ferkelerzeuger-Mäster-Ehe drohte zu zerbrechen.
Dr. Josef Schulte-Wülwer, Meppen
Mäster Friedhelm Meier bezieht seit einigen Jahren Ferkel von Erzeuger Frank Schulte (Namen geändert). Alle drei Wochen werden ca. 400 Tiere in jeweils zwei leere und gereinigte Mastabteile eingestallt.
Meier und Schulte vereinbarten, dass alle Ferkel im Alter von drei Wochen gegen Mykoplasmen und Circo geimpft werden. Mit dieser Abmachung waren beide Seiten sehr zufrieden. Doch in den letzten Monaten knirscht es zunehmend. Ursache dafür ist, dass die bei Ankunft sich noch gut präsentierenden Ferkel etwa drei Wochen nach Ankunft stark auseinanderwachsen und teilweise anfangen zu husten.
Damit nicht genug: Einige Tiere fangen an zu fiebern und müssen antibiotisch behandelt werden. Zudem stellt Meier fest, dass die Lungenbefunde bei seinen Schlachtschweinen stark angestiegen sind. Inzwischen weist jedes vierte Tier Schäden an der Lunge auf. Auch die Tierverluste in der Mast sind etwas angestiegen.
Anfangsverdacht APP
Meiers Hoftierarzt untersuchte den Bestand. Sein Anfangsverdacht zielte in Richtung unterschwellige APP-Infektion. Deshalb brachte er ein gerade verendetes und ein akut erkranktes Schwein zum Untersuchungslabor. Außerdem wurden zehn Blutproben sowie fünf Nasentupfer zur Untersuchung eingesandt.
Das Untersuchungsergebnis war ernüchternd. Denn weder der anfängliche APP-Verdacht konnte bestätigt werden noch gab es Hinweise auf Influenza oder PRRS. Allerdings wurden in den Blutproben der älteren Mastschweine hohe Mykoplasmen-Antikörpertiter nachgewiesen.
Zudem fanden sich bei dem tot angelieferten Schwein herdförmige Verdichtungen in den Lungenspitzenlappen. Bei der bakteriologischen Ge-webeuntersuchung konnten Streptokokken nachgewiesen werden. Diese Befunde sprechen dafür, dass eine Enzootische Pneumonie (Mykoplasmen-Infektion) mit anschließender Streptokokken-Besiedlung der Grund für das Auseinanderwachsen der Masttiere ist.
Erklärung nicht akzeptiert
Nachdem Meier seinen Ferkellieferanten mit dieser Diagnose konfrontierte, stellte dieser auf stur. Schulte argumentierte, dass seine Ferkel bei Verkauf gesund und alle ordnungsgemäß gegen Mykoplasmen geimpft seien.
Als auch ein direktes Gespräch der beiden Haustierärzte nicht weiterhalf, wurde der SGD-Tierarzt gebeten, hier zu vermitteln. Zumal es zwischen den beiden Parteien bislang immer gut funktioniert hatte und die Lieferbeziehung erhalten bleiben sollte.
Beim ersten SGD-Besuch im Mästerstall, der zusammen mit Meiers Tierarzt erfolgte, bestätigte sich das beschriebene Bild. Die neu ankommenden Ferkel machten generell einen guten Eindruck. Allerdings zeigten einige Tiere bei genauem Hinsehen einen etwas größeren Kopf bzw. ein längeres Gesicht. Das kann ein Hinweis dafür sein, dass sich in der Partie auch ältere, etwas langsamer gewachsene Ferkel befinden.
In den Mastabteilen der Mittelmast fanden sich dann zunehmend ungleiche Gruppen. Auffallend war ein voll belegtes Reste- bzw. Nachmastabteil. Bei Sichtung der Mastleistungen zeigte sich, dass die ersten Schweine zwar mit 90 Tagen schlachtreif waren, einige aber auch mehr als 135 Tage dafür brauchten.
Beim Besuch im Ferkelerzeugerbetrieb zeigte sich ebenfalls ein recht gutes Hygiene- und Gesundheitsbild. Der Hoftierarzt des Sauenhalters bestätigte, dass alle zugesagten Impfungen sorgfältig durchgeführt wurden und großen Wert auf Hygiene- und Vorbeugemaßnahmen gelegt wird. Der Betrieb hatte die biologische Leistung in den letzten drei Jahren auf annähernd 30 abgesetzte Ferkel pro Jahr steigern können. Sauen und Saugferkel präsentierten sich sehr gut.
Problem Resteabteil
Im Aufzuchtbereich war das Bild aber etwas differenzierter. Seitdem es vor ca. zehn Jahren verstärkte Circo-Probleme gab, wird beim Absetzen versucht, nach Möglichkeit zwei komplette Würfe in eine Bucht einzustallen. Dadurch finden sich in den Buchten immer schwerere und etwas leichtere Ferkel. Auch die früher durchgeführte antibiotische Eingangs-Metaphylaxe wurde vor knapp zwei Jahren im Rahmen der Antibiotika-Diskussion eingestellt. Soweit erforderlich, werden einzelne Ferkel per Spritze behandelt.
Die meisten Ferkel haben nach rund sechs Aufzuchtwochen das Verkaufsgewicht erreicht. Die noch untergewichtigen Ferkel kommen dann in ein Resteabteil und werden drei Wochen später mit der nächst jüngeren Gruppe abgeliefert. Einige wenige Ferkel müssen als Spanferkel verkauft werden.
Nach Sichtung der vorliegenden Diagnostikdaten kommen SGD-, Hoftierarzt sowie Landwirt zu folgender Feststellung: Das an sich gute Gesundheitsbild kommt in der Aufzucht ins Wanken. Durch die früher durchgeführte antibiotische Metaphylaxe nach dem Absetzen konnten aufkommende Infektionen weitgehend im Keim erstickt werden. Erschwerend kommt hinzu, dass bedingt durch die Leistungssteigerung das Flatdeck stärker belegt werden muss. Die nach sechs Wochen nicht verkaufsfertigen Ferkel blockieren zudem wertvolle Plätze.
Maßnahmenplan festgelegt
Bei dem anschließenden, gemeinsamen Treffen werden dann folgende Maßnahmen besprochen:
- Der Ferkelerzeuger trennt künftig die sehr leichten Absetzferkel (unter 4,5 kg) in zwei Extrabuchten im Flatdeckabteil ab. Diese bekommen dann noch etwas länger ein Starterfutter.
- Gegebenenfalls werden diese in der Gruppe gezielt nach Maßgabe des Tierarztes mediziniert. Soweit in den nächsten Tagen in den anderen Buchten Ferkel auffällig werden, müssen auch diese ausgesondert und in eine freie Bucht bzw. zu den kleineren Schweinen gestallt werden.
- Um dem Mäster die Sortierung der Tiere zu erleichtern, werden künftig alle Ferkel, die nicht mit der Hauptpartie abgeliefert werden können, extra gekennzeichnet bzw. beim Transport abgeschottet. Diese Tiere werden dann in gesonderte Mastbuchten eingestallt, um so die anderen Gruppen gleichmäßiger zu halten. Einen möglichen Schaden wegen nicht erreichter Schlachtgewichte bei den Schweinen der Extrabuchten werden sich Mäster und Ferkelerzeuger teilen.
- Aufgrund der Hinweise auf Mykoplasmeninfektionen wird der Ferkelerzeuger zumindest vorübergehend alle Ferkel zweimalig gegen Mykoplasmen impfen.