Sind Jungsauen mit Mängeln behaftet, wenn der Dysenterie-Erreger Brachyspira hyodysenteriae nachgewiesen wird? Diese Frage wurde vor Gericht geklärt.
Dr. Robert Krüger und Steffen Wenzel, Rechtsanwälte aus Rostock
Vor dem Landgericht Hannover und dem Oberlandesgericht Celle wurde ein Rechtsstreit geführt. Im Kern ging es um die Frage, ob bereits das Vorhandensein des Keims Brachyspira hyodysenteriae einen Mangel im Sinne des §434 BGB darstellt. Der Erreger kann bei Schweinen bekanntermaßen die Dysenterie hervorrufen.
Ziel: Hochgesunde Herde
Der Käufer hatte von der Beklagten eine größere Gruppe Jungsauen erworben. Das Ziel war, eine Herde mit hochgesunden Tieren aufzubauen. Der abgebende Betrieb warb mit einem hohen Gesundheitsstatus und damit, die gesundheitliche Absicherung der Kundenbetriebe sicherzustellen. Nach ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen übernahm der Betrieb jedoch keine Garantie für das Fehlen jeglicher pathogenen Keime oder Krankheiten bei Lieferung.
Etwa drei Wochen nach der Einstallung stellte der Abnehmer der Jungsauen fest, dass einige Tiere an Durchfall litten. Die Laboruntersuchung einer daraufhin genommenen Sammelkotprobe wies den Keim Brachyspira hyodysenteriae nach. Aufgrund dieses Befundes und der Klinik ging die Klägerin davon aus, der Bestand sei mit der Schweinedysenterie infiziert, und gab die Tiere zum Schlachten.
In dem sich anschließenden vor dem Landgericht ausgetragenen Rechtsstreit machte sie Gewährleistungsansprüche wegen des Vorliegens eines Mangels geltend. Die Beklagte wandte hiergegen ein, der im Bestand der Klägerin gefundene Subtyp Brachyspira hyodysenteriae stelle keinen Mangel dar, weil er nicht in der Lage gewesen sei, die Schweinedysenterie tatsächlich hervorzurufen. Das Gericht folgte der Argumentation.
Subtyp nicht krankmachend
Dieses Urteil der ersten Instanz sollte im Wege der Berufung überprüft werden. Doch auch das Oberlandesgericht Celle kam aufgrund eines in dem Verfahren eingeholten Gutachtens zu gleichem Schluss. Bei den im Bestand der Klägerin gefundenen Stämmen des Keims Brachyspira hyodysenteriae handelte es um eine schwach-toxische Variante. Diese wäre mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht in der Lage gewesen, eine Dysenterie auszulösen. Auch formal würden schwach-hämolysierende Brachyspiren derzeit nicht zu den Dysenterie-Erregern zählen.
Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht gingen daher davon aus, dass das Vorhandensein der gefundenen Keime keinen Mangel darstelle. Der Verkäufer eines Tieres habe lediglich dafür einzustehen, dass das Tier bei Übergabe nicht krank ist. Gleichzeitig sollte das Tier sich nicht in einem Zustand befinden, aufgrund dessen eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass es alsbald erkranken wird. In dem geschilderten Fall waren die Tiere bei Übergabe nicht krank.
Für das Gericht war also maßgeblich, ob die gefundenen Keime überhaupt in der Lage waren, die Dysenterie hervorzurufen. Den Vertragsparteien kann somit nur geraten werden, im Kaufvertrag eine klare und eindeutige Beschaffenheit zu vereinbaren. Dies könnte etwa die Freiheit von wirtschaftlich relevanten Infektionskrankheiten und deren Erregern sein, die konkret benannt werden sollten.
Bei Anlieferung infiziert?
Bei einer solchen Beschaffenheitsvereinbarung läge ein Mangel schon dann vor, wenn die gelieferten Tiere bei Übergang mit einem der genannten Erreger infiziert sind. Doch auch dies ist zu beweisen.
Die Klägerin hatte in dem Verfahren umfangreich vorgetragen, dass die Anlage über einen sehr hohen Bio-Sicherheitsstand verfüge und durch ihre Lage und die Betriebsweise das Risiko für eine Infizierung des Tierbestands von außen, sei es durch Menschen, Tiere oder über den Luftweg, nahezu ausgeschlossen werde.
Das Oberlandesgericht Celle meinte gleichwohl, es sei dem Käufer nicht gelungen nachzuweisen, dass der festgestellte Bakterienbefall bereits bei Anlieferung der Tiere vorhanden oder angelegt war. Hierfür war die Klägerin beweisbelastet.
Es half ihr auch nicht, dass der vom Gericht beauftragte Sachverständige eine genetische Übereinstimmung zwischen den Isolaten im Herkunftsbetrieb der Beklagten und im Empfängerbetrieb der Klägerin feststellte. Somit hielt er es für sehr unwahrscheinlich, dass genau der genetische Fingerabdruck im Nachbarbetrieb vorhanden sei.
Da es der Sachverständige jedoch ablehnte, eine definitive Aussage zu der Frage zu treffen, ob die Tiere sich erst nach der Anlieferung bei der Klägerin infiziert haben könnten, reichten dem Gericht die vorstehenden Ausführungen nicht.
Beweislast beim Käufer
Die Beweislast für einen Sachmangel bei Übergang trifft den Käufer. Das heißt: Ein Unternehmer kann die ihn als Käufer treffende Beweislast für einen Mangel zum Zeitpunkt der Anlieferung nicht auf den Verkäufer abwälzen.
Deshalb sollte der Käufer jedenfalls die einzelnen Schritte der Anlieferung der Tiere sowie die von ihm getroffenen Vorkehrungen, um eine Infektion mit Keimen auszuschließen, so umfassend wie möglich dokumentieren. Die Anforderungen an den Beweis des negativen Umstands, dass sich die Tiere nicht erst nach der Anlieferung im Betrieb des Käufers infiziert haben, sind als sehr hoch anzusehen.