Die Ödemkrankheit wird durch bestimmte Colibakterien ausgelöst. Bei hohen Verlustraten kann unter Umständen eine Ferkelimpfung helfen.
Dr. Ines Spiekermeier, SGD Niedersachsen
Coli-Keime sind extrem anpassungs- und auch wandlungsfähig. Die meisten leben als harmlose Mitesser im Darmtrakt. Andere verfügen über zusätzliche Eigenschaften, durch die sie ihren Wirt schädigen können.
Zu den krankmachenden E.coli-Bakterien beim Schwein zählen die sogenannten EDEC-Stämme (Endema Disease E.coli). Mit ihren F18-Fimbrien schafft es der Keim, sich an der Darmwand anzuheften und das gefäßschädigende Shiga-Toxin Stx2e freizusetzen. Bei einer explosionsartigen Vermehrung dieser E.coli-Stämme im Darm kommt es zu einem schweren Krankheitsverlauf und die Tiere verenden.
Die wichtigsten Punkte
- Alter: Betroffen sind hauptsächlich Tiere in den ersten ein bis zwei Wochen nach dem Absetzen, also 5 bis 10 kg schwere Ferkel. Meist sind gut genährte Tiere betroffen. In den letzten Jahren werden aber auch immer häufiger Ausbrüche bei älteren Tieren und Läufern beobachtet. Bei Saugferkeln tritt die Ödemkrankheit nur äußerst selten auf.
- Symptome: Das Shiga-Toxin ist ein hochpotentes Gift, das die Blutgefäßwände angreift, sodass Flüssigkeit austritt und Ödeme entstehen. Die Ödeme zeigen sich häufig als geschwollene Augenlider oder Nasenrücken. Die begleitenden Symptome können sehr unterschiedlich sein. In einigen Fällen findet man verendete Ferkel, die in einer Robbenstellung mit nach hinten gestreckten Vordergliedmaßen liegen. Erkrankte Tiere sind häufig teilnahmslos. Zum Teil werden zentralnervöse Störungen wie bei einer Streptokokkenerkrankung beobachtet. Durchfall kann ebenfalls als Begleitsymptom auftreten.
- Diagnose: Einige Labore können Shiga-Toxin bildende E.coli-Bakterien nachweisen. Dazu benötigen sie Kottupfer oder native Kotproben. Man kann auch Dünndarminhalt von frisch verstorbenen oder eingeschläferten Ferkeln als Untersuchungsmaterial verwenden. Auch eine Sektion ganzer Tiere kann zielführend sein, vor allen Dingen um Streptokokken auszuschließen.
- Behandlung: Therapeutisch lässt sich gegen die Ödemkrankheit wenig ausrichten. Denn die Zeitspanne zwischen dem Auftreten erster Symptome und dem Tod der Tiere beträgt oftmals nur 24 bis 48 Stunden. Treten erste Symptome auf, ist es für eine antibiotische Behandlung in der Regel schon zu spät. Bei einer E.coli-wirksamen Antibiose kann es sogar zu einer Erstverschlimmerung kommen, da durch das Absterben der Bakterien weitere Toxine frei werden und dies zu einem Anstieg der Verluste führen kann.
- Schutzmaßnahmen: Neben einer therapeutischen Behandlung kommt diätetischen Maßnahmen eine besondere Bedeutung zu. Eine Erhöhung der Fütterungsfrequenz mit kleineren Portionen ist eine Option. Hierbei ist allerdings ein 1:1-Fressplatzverhältnis nötig. Gut umsetzbar ist auch eine Absenkung des Proteinanteils auf unter 18% und eine Erhöhung des Rohfaseranteils auf über 6%. Auch der Zusatz organischer Säuren kann zur Stabilisierung des Magen-Darm-Traktes beitragen.
- Impfung: Problembetriebe können Saugferkelimpfungen in Erwägung ziehen. Dabei stehen zurzeit zwei verschiedene Impfstoffe zur Verfügung. Es werden Antikörper gebildet, welche die Toxine neutralisieren und somit die Ausbildung klinischer Symptome verhindern. Den One-Shot-Impfstoff können Sie ab vierten Lebenstag einsetzen.
- Resistente Zuchttiere: Resistente Tiere haben keine F18-Rezeptoren. Das heißt, die Colis können sich nicht anheften und die Tiere sind geschützt. Die Verfügbarkeit dieser Zucht ist heute noch begrenzt, zumal die resistente Genvariante von beiden Elternteilen weitergegeben werden muss. Daher spielt dieser Aspekt noch eine untergeordnete Rolle.
Wir halten fest
Die Ödemkrankheit ist eine weltweit verbreitete und verlustreiche Infektionskrankheit. Sie geht mit der Bildung von Ödemen auf dem Nasenrücken bzw. geschwollenen Augenlidern einher. Dies wird durch das sogenannte Shiga-Toxin verursacht, welches von einer spezifischen Coli-Variante gebildet wird. Begleitsymptome können Teilnahmslosigkeit oder zentralnervöse Störungen sein. In Problembetrieben kann eine Saugferkelimpfung helfen.