FLI-Präsident: Tierseuchen sind reale Bedrohung

Von einer anhaltend hohen Bedrohungslage durch Tierseuchenerreger geht der Präsident des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI), Prof. Thomas Mettenleiter, aus. In Zeiten des globalen Güter- und Reiseverkehrs könnten Erreger innerhalb von einem Tag aus jeder Region der Erde Deutschland erreichen, sagt Mettenleiter in einem Gespräch mit dem Presse- und Informationsdienst Agra-Europe.
Mit Nachdruck warnte der FLI-Präsident vor einer Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest (ASP). Mit den in diesem Jahr aufgetretenen Fällen in Litauen, Polen und Lettland sei die ASP ein Stück näher an Deutschland herangerückt. Der Leiter des FLI-Instituts für molekulare Virologie und Zellbiologie schätzt das Risiko einer Einschleppung dieser Tierseuche durch illegales Verbringen und Entsorgen von kontaminiertem Material als hoch ein, ebenso das Eintragsrisiko durch kontaminiertes Schweinefleisch oder daraus hergestellte Produkte. Mettenleiter: „Wachsamkeit ist angezeigt“; dies gelte für Tierhalter ebenso wie für Tierärzte und Jäger.
Der FLI-Präsident sprach von einer Reihe von Faktoren, die das Ausbreiten neuer Tierseuchen begünstigten. Dazu zähle beispielsweise der Klimawandel. Wichtiger sei aber derzeit aus seiner Sicht der globale Warenverkehr. Das Auftreten der Blauzungenkrankheit 2006 und des Schmallenberg-Virus 2011 habe eindrucksvoll gezeigt, dass sich „neue“ Erreger bei günstigen Bedingungen auch in Mitteleuropa schnell ausbreiten könnten. Beide Erreger seien von Gnitzen übertragen worden. Die heimischen Gnitzen hätten sich als kompetente Vektoren erwiesen. Das sei vorher so nicht bekannt gewesen. Ein größeres Augenmerk werde man künftig auch auf Infektionen legen, die durch Insekten und Spinnentiere übertragen werden.
Eine besondere Rolle in der Tierseuchenabwehr misst Mettenleiter den Landwirten bei. Der Tierhalter kenne seinen Bestand am besten und sehe als erster, wenn mit den Tieren etwas nicht stimme. Daher sollte er dem FLI-Präsidenten zufolge Hinweise auf ein Infektionsgeschehen erkennen und frühzeitig den betreuenden Tierarzt hinzuziehen. Dann dürfe man auch keine Scheu haben, die notwendigen Untersuchungen schnell einzuleiten. Mettenleiter: „Wir sind heute in der Lage, eine extrem schnelle Diagnostik durchzuführen.“ Dazu müssten die Proben allerdings erst einmal ins Labor geschickt werden.Dem FLI-Präsidenten zufolge ist Deutschland durch sein umfangreiches Netz an Einrichtungen der Tierseuchenüberwachung und -diagnostik in den Bundesländern sehr gut aufgestellt. Problematisch werde es allerdings immer dann, „wenn verantwortliche Behörden zu klein oder nicht effizient genug sind, um mit den zum Teil erheblichen Anforderungen eines Tierseuchenausbruchs fertig zu werden“.