SUS: Kannibalismus ist in vielen Betrieben ein Problem. Gibt es eine genetische Komponente? Henne: In Betrieben zeigen sich Rassen-unterschiede, die eine genetische Komponente vermuten lassen. Wissenschaftliche Arbeiten behandeln das Thema oft aus Sicht des Opfers, was dem Problem nicht gerecht wird. SUS: Warum? Henne: Während Opferschweine leicht zu identifizieren sind, tut man sich bei den Täterschweinen schwer. Ihre sichere Identifizierung ist aber die Voraussetzung, um Fragen nach Erblichkeiten be-antworten zu können. SUS: Wie müsste ein entsprechender Test aussehen? Henne: Zum Beispiel könnten Vollgeschwister (Würfe) in Flatdeck und Mast zusammen-gehalten werden, so dass beim Auftreten des Schwanzbeißens in der Bucht die Abstammung des nicht identifizier-baren Täters automatisch bekannt wäre. Das erfordert Abteile mit kleinen Buchten. Um eine belastbare Aussage treffen zu können, brauchen wir möglichst große Tierzahlen. SUS: Welche Erkennt-nisse ließen sich darüber hinaus ableiten? Henne: Bei ausreichendem Prüfumfang und guter Datenstruktur können neben Erblichkeitsgraden auch die Beziehungen zu an-deren Selektionsmerkmalen geschätzt wer-den, um diese in der Zuchtplanung zu berücksichtigen. Je nach Ergebnis wird Kannibalismus dann im Zuchtziel verankert. SUS: Stammen fried-liche Masttiere eher von mütterlichen Sauen ab? Henne: Wir brauchen dringend entsprechende Untersuchungen, um auch diese interessante Frage abschließend zu klären. Hier-bei könnten wir zudem prüfen, ob Kannibalismus auch im Zusammenhang mit dem tierindividuellen Fressverhalten steht.