Die großen Schweinebetriebe in China wollen ihre Leistungen weiter verbessern. Doch der Weg ist steinig, wie der Betrieb von Xing Chen zeigt.
Die am Rande eines kleinen Dorfes gelegene Schweinefarm von Xing Chen sticht nicht sofort ins Auge. Umgeben von sattgrünen Reisfeldern und einer idyllischen Bergkulisse im Hintergrund lässt der erste Blick kaum erahnen, dass hinter den verwitterten Steinmauern 700 produzierende Sauen im geschlossenen System gehalten werden.
Ein Eindruck wie er in China leicht entstehen kann, da viele große Tierhaltungsbetriebe auf einen eigenen Futteranbau verzichten und lediglich über die Flächen verfügen, auf denen die Wirtschaftsgebäude errichtet sind. Die Flächen in unmittelbarer Nähe zu den Betrieben werden häufig von kleinen Ackerbauern bewirtschaftet oder für den Siedlungsausbau beansprucht.
700 Sauen, 28 Beschäftigte
Die Farm hat der 30-jährige Chen vor zwei Jahren von seinem Vater übernommen. Der hatte den Betrieb zehn Jahre zuvor als Quereinsteiger gekauft. Zu der Zeit war Chen senior noch erfolgreicher Bankberater und wurde erst durch den Kauf des Schweinebetriebes zum Landwirt.
Die Farm der Chens liegt in der Provinz Jiangxi im südöstlichen Teil Chinas. Dort herrschen subtropische Klimabedingungen. Das bedeutet, dass die Sommer besonders heiß und die Winter mild sind. Bei einem Großteil der Stallungen handelt es sich deshalb um einfache Offenfrontställe ohne Zwangsentlüftung und Isolierung.
Lediglich die Abferkelställe sind entsprechend verglast und mit Ventilatoren ausgestattet. Hier wird die Zuluft bei hohen Temperaturen über Coolpads in den Stall gesogen. Wird es andererseits im Winter mit Temperaturen um die 0 °C mal „richtig“ kalt, heizt ein alter Kohleofen die Abferkel- und Aufzuchtställe auf.
Neben den Stallgebäuden gehören ein Büro- und Sozialgebäudekomplex, eine Hygieneschleuse und die Futterstation mit den darüber eingerichteten Mitarbeiterwohnungen zur Farm. Zudem besitzt der Betrieb in rund 5 km Entfernung einen eigenen Quarantänestall, wo 140 Jungsauen gehalten werden.
Weil in den gut 15 Jahre alten Stallungen nur wenige Arbeitsschritte technisiert sind, arbeiten allein 20 der insgesamt 28 Mitarbeiter direkt im Stall. Die anderen Beschäftigten verteilen sich auf die Arbeitsbereiche Buchhaltung und Logistik. Der Chef selbst ist ausschließlich in der Geschäftsführung tätig und verlässt sich, was die Organisation und Durchführung der täglichen Stallarbeit betrifft, auf seinen erfahrenen Betriebsleiter.
Dieser stammt, wie ein Großteil des Teams, aus der Region. Insgesamt ist die Mannschaft bunt zusammengewürfelt, ob alt oder jung, Mann oder Frau, sogar einige Ehepaare sind unter der Belegschaft zu finden.
Mitarbeiter wechseln oft
Arbeitsbeginn im Stall ist morgens um 6.30 Uhr. Da es insbesondere in den Sommermonaten mittags sehr heiß ist, geht es bereits um 11 Uhr in eine ausgedehnte Mittagspause. Daran schließt sich die zweite Arbeitsschicht an, die von 14 bis 19 Uhr geht. Lediglich jeder zweite Sonntag ist frei, und Urlaub kann nur unbezahlt genommen werden. Angesichts des eher ärmlichen Lebensstandards in der Region eine Möglichkeit, die nur selten genutzt wird.
Das Gehalt eines normalen Mitarbeiters ist nach Produktionsbereichen gestaffelt. So verdient ein im Abferkelstall tätiger Mitarbeiter monatlich rund 2 600 Yuan, umgerechnet circa 370 Euro, ein Arbeiter aus der Mast gut 350 Yuan weniger. Obwohl das Gehaltsniveau damit in Verbindung mit der kostenlos vom Betrieb bereitgestellten Wohnung und Verpflegung dem oberen Durchschnitt der Region entspricht, ist die Mitarbeiterfluktuation hoch.
„Neben der schweren körperlichen Arbeit ist es vor allem das schlechte gesellschaftliche Ansehen, welches insbesondere junge Leute zu einem Arbeitsplatzwechsel außerhalb der Schweinehaltung bewegt“, kennt Chen die Hintergründe.
Füttern und Reinigen per Hand
Aufgrund des geringen Technisierungsgrades im Stall nimmt bereits das Füttern der Tiere viel Zeit in Anspruch. So wird das als Sackware angelieferte Futter zunächst per Handkarren von der Futterstation zu den Stallungen gefahren. Dort angekommen, wird das mehlförmige Futter in kleinere und wendigere Karren umgeladen. Während die Trockenfutterautomaten der Aufzucht und Mast einmal täglich befüllt werden, wird den Sauen viermal täglich von Hand Futter vorgelegt.
Neben dem Füttern ist das Reinigen der belegten Buchten fest im Arbeitsplan verankert. Zum Teil trocken mit Schüppe und Besen oder mit Wasserschlauch werden, mit Ausnahme des Abferkelstalles, alle Buchten täglich gereinigt. Das ist auch notwendig, da zwar der Großteil des Urins aufgrund des eingebauten Bodengefälles in ein Rinnensystem fließt. Der feste Kot hingegen sammelt sich auf der vollständig geschlossenen Bodenfläche an.
Da das Absetzen konsequent nach 23 Säugetagen erfolgt, arbeitet der Betrieb nur auf dem Papier im Ein-Wochenrhythmus. Eine strikte Rein-Raus-Belegung der Abteile ist somit nicht möglich. Außerdem stehen neben den Routinearbeiten jeden Tag Stallreinigungen, Ferkelbehandlungen und Belegungen auf dem Programm.
Das tägliche Umtreiben geht dafür schnell und vor allem sehr ruhig über die Bühne. Dabei merkt man speziell beim Umgang mit den älteren Sauen, wie stark sich die Tiere durch den intensiven täglichen Kontakt an den Menschen gewöhnen.
Enormer Krankheitsdruck
Trotz intensiver Betreuung kämpft man mit großen gesundheitlichen Problemen. Klassische Schweinepest, Maul- und Klauenseuche, Aujeszyksche Krankheit, PED, Parvo- und Circovirus, PRRS und Mykoplasmen − was bei jedem hiesigen Schweinehalter eine Katastrophe darstellt, ist Xing Chen höchstens ein Achselzucken wert. „Was die Amerikaner letztes Jahr mit PED erlebt haben, liegt lange hinter uns“, erklärt er seine Gelassenheit und macht deutlich, wie vertraut man im Land der Mitte mit schweren Krankheitsausbrüchen und hohen Verlustraten ist.
Um den Krankheiten Herr zu werden, setzt Chen, wie viele seiner Berufskollegen, vor allem auf breit gefächerte Impfprogramme. So erhalten die Sauen in seinem Betrieb viermal im Jahr eine Impfung gegen MKS, KSP, AK und PRRS. Einmal jährlich wird gegen Parvovirose geimpft. Noch umfangreicher fällt das Impfprogramm für die Ferkel und Mastschweine aus.
Trotz der weitreichenden Impfungen ist der Erregerdruck groß und drückt auf die Leistungen. Momentan liegt die Wurfleistung bei nur 10 lebend geborenen Ferkeln und das, obwohl eine moderne, leistungsstarke Sauengenetik eingesetzt wird.
Fokus auf Fortbildung
Xing Chen ist sich bewusst, dass er neben dem Impfprogramm die Betriebshygiene verbessern muss. In seiner alten, zum Teil sehr einfach und kostengünstig konzipierten Produktionsanlage scheitert es jedoch häufig schon an den notwendigsten Rahmenbedingungen für eine konsequente Umsetzung.
Weiter verschärft wird die Krankheitssituation durch die unzureichende Dokumentation von Leistungsdaten, Auffälligkeiten und Arbeitsschritten. Ein typisches Problem chinesischer Großbetriebe, die größtenteils bei der Datenerfassung auf Papierkartensysteme setzen. Denn häufig vernachlässigen die Angestellten die Dokumentation, weil sie sich der Wichtigkeit einer sorgfältigen Datenaufzeichnung nicht bewusst sind. Impflücken und unbemerkte Krankheitsausbrüche sind die logischen Konsequenzen. Auch die niedrige Abferkelquote von nur 80 % führt Chen zum großen Teil auf Dokumentations-Defizite zurück.
„Ich werde versuchen, in meinem Betrieb ein nachhaltiges Fortbildungssystem, insbesondere zu den Bereichen Hygiene, Tiergesundheit und Dokumentation, einzuführen. Nur so werden wir die Produktionsleistungen steigern können“, ist sich Chen sicher.
Umsiedlung geplant
Auf dem jetzigen Leistungsniveau erzeugt Chens Farm jährlich rund 12 000 Mastschweine. Verkauft werden die Tiere mit ca. 130 kg Lebendgewicht. Danach wird auch abgerechnet, und die Bezahlung erfolgt sofort. Ein Großteil der Tiere wird in die Großstädte transportiert, um dort geschlachtet und zerlegt zu werden. So wird beispielsweise ein Teil von Chens Tieren nach Hongkong geliefert.
Der Betrieb hat wirtschaftlich schwere Zeiten hinter sich. Über anderthalb Jahre konnten für die Schlachtschweine nur Preise von knapp über 10 Yuan, umgerechnet rund 1,40 Euro, je kg Lebendgewicht erlöst werden. Angesichts der im Vergleich zu Europa höheren Produktionskosten ein ruinöses Preisniveau.
Das blieb nicht ohne Folgen. Viele kleine und mittelgroße Betriebe stellten die Schweineproduktion ein. Dass Chen zu denen gehört, die durchgehalten haben, sollte sich jetzt bezahlt machen. Denn der Schweinepreis erholte sich wieder und erreichte mit umgerechnet knapp 2,60 € im Juli diesen Jahres Spitzenniveau.
Mit guten Preisen im Rücken will Chen den jetzigen Betrieb aufgeben und an einem anderen Standort neue Ställe bauen. In seinen Plänen unterstützt wird er dabei von der Provinzregierung. Die möchte ihn und andere Schweinehalter in größerer Entfernung zum Yuanshui-Fluss wieder ansiedeln.
„Wie groß die neue Anlage wird, weiß ich noch nicht genau. Ganz sicher wird sie aber mit deutlich mehr Technik und einem schlüssigen Hygienekonzept ausgestattet sein!“, blickt der junge Unternehmer nach vorn.
Fazit
Xing Chen bewirtschaftet einen Betrieb mit 700 Sauen im geschlossenen System. Aufgrund der einfachen Bauweise der Ställe sind viele Arbeiten sehr zeitaufwendig, und die Tiergesundheit ist verbesserungswürdig.
Um die Leistungen zu verbessern und der hohen Mitarbeiterfluktuation entgegenzuwirken, soll zukünftig verstärkt die Weiterbildung der Angestellten gefördert werden. Angesichts günstiger Erlösprognosen plant Chen mittelfristig den alten Betrieb aufzugeben und an anderer Stelle neu zu bauen.