Das kostet uns Tierwohl

Mehr Tierwohl erfordert höhere Investitions- und laufende Kosten sowie zusätzliche Arbeit. Wie hoch müssen die Erlöse sein, damit die Rechnung aufgeht?

Stefan Leuer, Landwirtschaftskammer NRW

Der Druck auf die Schweinehalter nimmt zu. Erlösschwankungen und lange Preistiefs zehren an den Nerven. Die aktuelle Marktlage entspannt zwar die Liquidität, doch insbesondere die Sorge vor künftigen Haltungsanforderungen drückt die Stimmung in der Branche.

Gesellschaft und Politik wollen mehr Tierschutz. Im Blick haben sie nicht nur Neubauten, sondern auch bestehende Ställe. Vorschläge, wie sich das Tierwohl erhöhen ließe, gibt es jede Menge. Deren praktische Umsetzung verteuert in der Regel Bau und Betrieb des Stalles. Leistungsverbesserungen gehen damit nur selten einher.

Sechs Maßnahmen im Fokus

Wer also mit regionalen Produkten und hohen Tierschutzbedingungen punkten will, muss zunächst investieren. Damit es sich für den Landwirt rechnet, sind Markenfleischprogramme, Brancheninitiativen oder eine staatliche Förderung notwendig.

Wie hoch die Kosten konkret für einzelne Maßnahmen ausfallen, soll eine Kalkulation am Beispiel eines 2000er-Mastbetriebes zeigen. Dabei werden ausgewählte Kriterien aus dem Programm Hofglück der Edeka Südwest unter die Lupe genommen. Die Kriterien im Einzelnen:

  • Größeres Flächenangebot (1 m² Buchtenfläche je Tier inklusive 0,6 m² geschlossene Liegefläche);
  • Einstreu auf Liegefläche (Langstroh);
  • Zusätzliche Luftkühlungseinrichtungen;
  • Verzicht auf gentechnisch veränderte Futtermittel (Sojaschrot);
  • Betäubung der männlichen Ferkel während der Kastration;
  • Verzicht auf das Schwanzkupieren.

[1] Mehr Platz und Teilspalten

Zunächst geht es um den Platzbedarf von 1 m² je Tier bis 120 kg Lebendgewicht. Davon sollen 0,6 m² je Tier als feste Liegefläche vorhanden sein.

Kann der Betrieb den zusätzlichen Platz nicht durch eine Erweiterung seiner Ställe realisieren, muss er von 2000 auf 1500 Mastplätze abstocken. Bei einem durchschnittlichen Deckungsbeitrag von 65 € je Mastplatz ergibt sich ein Verlust von 32500 €. Aufgeteilt auf die verbleibende Jahreserzeugung von etwa 4200 Tieren entspricht das rund 7,70 € Verlust je Tier.

Kann der Betrieb den Stallraum neu errichten, ist bei Nutzung vorhandener Technik mit Baukosten von 350 €/m² zu rechnen. Bei 500 m² neuer Stallfläche errechnet sich ein Investitionsvolumen von rund 175000 €.

Zu der Liegefläche: Sie könnte relativ günstig durch das Vergießen der Spalten geschaffen werden, was mit Kosten von 15000 € zu veranschlagen ist. In der Summe wären das 190000 € Investitionskosten. Dies hätte bei 15-jähriger Abschreibung, 3% Zinsansatz und 2% Reparaturkosten rund 22000 € Jahreskosten zur Folge. Aufgeteilt auf die Jahresproduktion von rund 5600 Mastschweinen entspricht das Mehrkosten von etwa 3,90 € je Tier.

Im Vergleich zur Variante „Abstockung“ ist die Neuerrichtung von Stallraum somit kostengünstiger. Allerdings wird in vielen Betrieben eine Erweiterung aufgrund baurechtlicher Anforderungen nicht möglich sein.

Weitere Kosten sind für das Säubern der Liegeflächen einzuplanen. Insbesondere bei starker Verkotung ist ein tägliches Reinigen nötig. Erfahrungswerte zeigen hierzu eine weite Spanne auf. Denn die Lage und Beschaffenheit der Liegefläche hat maßgeblichen Einfluss. Rechnet man mit durchschnittlich 0,15 Stunden je Platz und Jahr zusätzlicher Arbeit...