Heribert Breker, LWK Nordrhein-Westfalen, Kreisstelle Herford Fleischexport: EU-Länder müssen in Osteuropa punkten. Das amerikanische Landwirtschaftsministerium hat jetzt seine neue Einschätzung zum Drittlandshandel mit Schweinefleisch vorgestellt. Welche Absatzchancen werden der EU und Deutschland eingeräumt? G ute Schweinepreise und neue Absatzmärkte in Osteuropa und Asien haben die weltweite Schweinefleischproduktion beflügelt. In den europäischen und amerikanischen Schweinehochburgen wurden zahlreiche Ställe gebaut. Mittlerweile drängen die ersten Schweine aus den neuen Ställen auf den Markt. Die Folgen bekommen die Schweinehalter jetzt zu spüren: Die Preise geraten unter Druck. Hinzu kommen hohe Getreide- und damit Futterkosten, die eine rentable Produktion nahezu unmöglich machen. Bei einem Preis von 1,25 Q je kg Schlachtgewicht (SG) werden nicht einmal mehr die variablen Kosten gedeckt. In der EU liegt der Selbstversorgungsgrad aktuell bei rund 104 %. Auch Deutschland ist inzwischen zum Nettoexporteur aufgestiegen. Damit kann das Schweinefleischangebot inzwischen nicht mehr vollständig im Inland bzw. auf dem europäischen Markt abgesetzt werden. Für die Europäer gewinnt daher der Drittlandsexport zunehmend an Bedeutung. Dieser wirkt wie ein Überdruckventil, das sich möglichst weit öffnen sollte, um den Preisdruck aus dem Inlandsmarkt herauszulassen. So einfach die Theorie klingt, so schwer ist die praktische Umsetzung. Denn außer der EU versuchen natürlich auch andere Staaten, ihre wachsenden Schweinefleischmengen auf Drittlandsmärkten abzusetzen. Wer dabei gute Karten hat, zeigt die neueste Einschätzung des amerikanischen Landwirtschaftsministeriums (USDA). Exporte: USA profitieren von Dollarschwäche USA: Die US-Schweinebestände sind nach der im März 2007 durchgeführten Viehzählung gegenüber dem Vorjahr um etwa 1,8 % gestiegen. Der Export wird nach der jüngsten USDA-Schätzung von Anfang Mai 2007 um rund 4 % auf 1,41 Mio. t zulegen (siehe Übersicht 1). Für das Jahr 2008 Eurechnet man mit einem Exportvolumen von rund 1,48 Mio. t. Sollten die Amerikaner diese Exportmenge tatsächlich erreichen, steigen sie zum weltgrößten Schweinefleischexporteur auf. Der aktuell schwache Dollarkurs hilft den US-Amerikanern bei der Umsetzung ihrer Ziele. Ins Visier haben sie vor allem Russland und Südkorea genommen. Hier verspricht man sich aufgrund der währungsbedingten Vorteile bessere Absatzchancen als die EU-Länder. Darüber hinaus bleibt Japan trotz erheblicher Einbrüche im letzten Jahr ein wichtiges Exportgebiet für amerikanisches Schweinefleisch. Anders als in den USA wird Kanadas Export in diesem Jahr um rund 3 % niedriger ausfallen. Gründe sind neben den gestiegenen Futterkosten vor allem der starke kanadische Dollar, der die Wettbewerbsfähigkeit des Exports erheblich beeinträchtigt. Zudem lassen die stark gesunkenen Schweinepreise die Produktion schrumpfen. Die Preise lagen im Durchschnitt des Jahres 2006 bei 1,41 US-Dollar pro kg Schlachtgewicht. Dies ist ein Rückgang um 15 % gegenüber dem fünfjährigen Durchschnitt. Brasiliens Schweinefleischexporte werden voraussichtlich um 2 % zulegen, schätzt man beim USDA. Erste Erfolge bei der Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche helfen den Brasilianern, wieder Fuß auf den Exportmärkten zu fassen. Mit Erzeugerpreisen von 1,15 US-Dollar je kg bzw. 0,85 Q pro kg Schlachtgewicht bleiben die Brasilianer trotz gestiegener Futterkosten die weltweit kostengünstigsten Anbieter. Allerdings werden sich die Südamerikaner intensiv um neue Absatzmärkte bemühen müssen. Auf dem russischen Markt, der traditionell mit brasilianischer Ware beliefert wird, sind andere Länder verstärkt zum Zuge gekommen. Brasilien bleibt wahrscheinlich nicht viel anderes übrig, als auf kleineren, neu erschlossenen Märkten wie z. B. der Ukraine, Georgien und Angola Exportmöglichkeiten zu suchen. Für die 25 EU-Staaten derzeit größter Exporteur mit 1,47 Mio. t Schweinefleisch pro Jahr sagen die Experten des USDA eine 4 %ige Exportsteigerung voraus, wobei Rumänien und Bulgarien noch als Drittländer gezählt werden. So soll der rumänische Schweinefleischimport von aktuell 200 000 t auf mindestens 250 000 t steigen. Die bisherigen amerikanischen und kanadischen Importe in einer Größenordnung von rund 70 000 t in beide Länder werden nach dem EU-Beitritt aus Westeuropa ersetzt werden. Deutschlands Anteil am Import nach Rumänien beträgt heute über 25 %. Der Exportzuwachs Chinas in Höhe von 2,5 % begründet sich allein durch die Ausfuhren nach Hongkong. In der Statistik werden die Fleischlieferungen zwar weiter als Exporte erfasst, tatsächlich bleiben die Mengen jedoch im eigenen Land, da Hongkong von den Engländern vor Jahren wieder an China zurückgegeben worden ist. Importe: Südkoreaner essen mehr Schweinefleisch Hinsichtlich der Schweinefleischimporte wird es ebenfalls zu deutlichen Verschiebungen kommen, so die Statistiker des US-Landwirtschaftsministeriums. Südkorea wird laut USDA seine Importe in diesem Jahr um insgesamt 28 % das sind rund 110 000 t mehr steigern (siehe Übersicht 2). Fortgesetzte Behinderungen beim Rindfleischimport ersetzen die Koreaner durch eine steigende Schweinefleischnachfrage. Die USA glauben, dass sie den Löwenanteil des koreanischen Importzuwachses für sich vereinnahmen werden. Das liegt daran, dass die Amerikaner ihre Rindfleischexporte lediglich gegen Schweinefleischexporte austauschen. Die Importe Japans werden auch in diesem Jahr auf einem relativ schwachen Niveau bleiben. Die Japaner, die weltgrößtes Importland sind, haben erhebliche Lagerbestände aufgebaut, so dass die Einfuhren bereits im letzten Jahr rückläufig waren. Eine Steigerung der diesjährigen Importe gegenüber dem schwachen Vorjahr wird zwar erwartet, jedoch wird das Niveau von 2005 um fast 100 000 t verfehlt. Problematisch ist die Entwicklung in erster Linie für die Dänen, die verloren gegangenes Terrain kaum zurückgewinnen werden. Unter dem Strich wird Dänemark rund 100 000 t Schweinefleisch auf anderen Märkten absetzen müssen. Russlands Importe werden entgegen der Schätzung vom Oktober 2006 mit 850 000 t auf annähernd gleichem Niveau bleiben. Das USDA geht davon aus, dass zentrale Produktionsgebiete Brasiliens aufgrund MKS-bedingter Importsperren noch für längere Zeit vom russischen Markt ausgeschlossen werden. Die Mengen werden durch amerikanisches und europäisches Fleisch ersetzt. Die Anstrengungen Russlands, mit Unterstützung der Erdgas- und Öleinnahmen die eigene Schweinefleischproduktion anzukurbeln, wird sich in diesem Jahr vorerst nur begrenzt bemerkbar machen. Glaubt man den verschiedentlich geäußerten Regierungserklärungen, soll die russische Schweineproduktion in den nächsten fünf bis sechs Jahren verdoppelt und damit die russische Föderation importunabhängig werden. Zweifel an der schnellen Umsetzbarkeit mögen zwar angebracht, die Richtung aber scheint eindeutig vorgegeben zu sein. Auf längere Sicht wird der russische Markt mit Sicherheit immer weniger für Schweinefleischexporte zur Verfügung stehen. Für weitere Verunsicherung sorgen die anhaltenden Querelen um die polnischen Fleischexporte nach Russland. Beim Gipfeltreffen der Europäischen Union mit Russlands Präsident Putin Mitte Mai hat es im Fleischstreit keine konkreten Fortschritte gegeben. Der russische Staatspräsident bemängelt, dass Polen landwirtschaftliche Erzeugnisse von niedriger Qualität nach Russland vermarkten wolle. Das könne und wolle Russland nicht akzeptieren. So wird der Streit zu weiteren Verunsicherungen im Exportgeschäft führen. Fazit In allen Erzeugungsgebieten der Welt bereiten die gestiegenen und voraussichtlich hoch bleibenden Futterkosten erhebliche Probleme für eine rentable Schweinehaltung. Die Aussichten auf das Jahr 2008 sehen daher nur noch sehr geringe Produktionszuwächse vor. Beim Export profitieren die USA vom aktuell niedrigen Dollarkurs. Durch hohe Zuwachsraten im Asien- und Russlandgeschäft wollen die Amerikaner 2008 zum weltgrößten Schweinefleischexporteur aufsteigen. In diesem Jahr sorgt der Osteuropa- und Russland-Export für eine spürbare Entlastung des deutschen bzw. westeuropäischen Marktes. Der Mengenabsatz bleibt jedoch begrenzt. Günstigere Schweinepreise müssen von einem gut laufenden Inlandsabsatz gestützt werden. Für die westeuropäischen Überschußländer heißt das künftige Absatzventil in erster Linie Osteuropa bzw. Russland. Auf Jahre gesehen muss dabei mit einem Rückgang des Russlandsgeschäftes gerechnet werden. Ersatzmärkte zu finden, wird bei anhaltend währungsbedingten Wettbewerbsnachteilen der EU sehr schwierig. In ihrer längerfristigen Vorausschau bis 2015 geht die EUKommission von einem rückläufigen Schweinefleischexport der 25 EU-Staaten aus. - Breker,Heribert -