Wie meistern die Betriebe das Preistal? Welche Möglichkeiten bieten Pacht und Kauf von Ställen, um sich breiter aufzustellen?
Ruth Beverborg, LWK Niedersachsen
Die Lage in Schweine haltenden Betrieben ist geprägt von den desaströsen Erlösen. Hinzu kommen schärfere Rahmenbedingungen sowie neue Ansprüche der Gesellschaft an die Tierhaltung.
All dies führt zu großer Verunsicherung. Weder Landwirte noch Berater wissen, wie ein zukunftsfähiger Stall aussieht. Das Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung beantwortet die Frage auch nicht.
Controlling aufbauen
Wachstumsschritte werden immer komplizierter und teurer. Neben der Novelle des Baugesetzbuches sind insbesondere die Filtererlasse etlicher Bundesländer zu nennen. Die anstehende Novelle der Düngeverordnung wird die Güllekosten weiter anheizen. Zudem müssen die Praktiker immer mehr Zeit für die Dokumentation aufbringen.
Vor dem Hintergrund des anhaltenden Preistiefs sehen viele Schweinehalter ihre betriebliche Existenz bedroht. Doch mit welchen Strategien können die Betriebsleiter reagieren?
Zunächst hat die Sicherung der Liquidität Priorität. Liquiditätspläne sind hier sehr hilfreich. Mittel- und langfristig gilt es, die Risiken zu minimieren. Ausreichend Eigenkapital sowie hohe biologische Leistungen sind die beste Absicherung. Wachstum, ohne größer zu werden, heißt die Devise.
Hier zeigen Betriebszweigabrechnungen und der Vergleich mit Berufskollegen Leistungsreserven auf. Im zehnjährigen Schnitt liegen bei den Mästern die Unterschiede in der Direktkostenfreien Leistung (DkfL) zwischen dem oberen und unteren Viertel bei über 40 € je Mastplatz. Bei 1500 Plätzen beträgt der Unterschied jährlich 60000 €!
Vollkosten ermitteln
Die DkfL ist gut geeignet, um die produktionstechnische Effizienz zu beurteilen. Doch nur anhand der Vollkosten lässt sich die Rentabilität der Sauen oder Mast vollständig beurteilen. Übersicht 1 zeigt die Ergebnisse aus dem Arbeitskreis Unternehmensführung Hannover seit 2012. Im letzten Wirtschaftsjahr lag die DkfL mit 19,48 € je 100 kg Zuwachs am niedrigsten. Nach Abzug der Gemeinkosten betrug das Betriebszweigergebnis (BzE) bzw. der Gewinn 5,58 €/100 kg Zuwachs.
Im nächsten Schritt werden vom Betriebszweigergebnis die kalkulatorischen Kosten für Arbeit, Boden und Kapital abgezogen. So erhält man das kalkulatorische Betriebszweigergebnis (kBzE) bzw. den Unternehmergewinn. Erst diese Kenngröße ist geeignet, um sich mit anderen Betrieben zu vergleichen. Denn dieses Ergebnis der Vollkostenrechnung stellt sicher, dass sich die Wirtschaftlichkeitsrechnung auf alle Leistungen und Kosten bezieht.
Das kalkulatorische Betriebszweigergebnis lag im WJ 2014/2015 mit 0,64 € gerade noch im Positiven. Dabei ist zu beachten, dass die Betriebe in dieser Auswertung steuerrechtlich landwirtschaftlich arbeiten und den Pauschalierungsvorteil haben. Zudem müssen diese Betriebe weder Zusatzkosten für Gülleverwertung noch für die Abluftreinigung tragen. Andernfalls wäre das kalkulatorische Betriebszweigergebnis 2014/2015 deutlich negativ.
Neben der Optimierung der Leistungen wird es immer wichtiger, die Wirtschaftskraft des Betriebes exakt zu beurteilen. Dies ist in den vergangenen Jahren erheblich komplexer geworden. Denn viele Schweine haltende Betriebe sind insbesondere aufgrund der Vieheinheitenregelung in mehrere Gesellschaften und Unternehmen aufgespalten. Hinzu kommen Baugesellschaften und gewerbliche Energiebetriebe wie Photovoltaik, Biogas oder Wind.
Abschluss für ganzen Betrieb
Übersicht 2 zeigt ein landwirtschaftlich geprägtes Unternehmen mit fünf Betrieben. In der Beratung ist dies noch ein recht einfaches Organigramm. Doch durch die Aufgliederung wird es für die Unternehmerfamilie und für Dritte wie Berater und Banker zunehmend schwieriger, einen Überblick über die wirtschaftliche Situation des gesamten Unternehmens zu erhalten.
Hier kann ein sogenannter Konzernabschluss oder konsolidierter Abschluss mehr Übersicht schaffen. Denn dieser bereinigt die internen Verflechtungen, die unterschiedlichen Bilanzstichtage sowie die unterschiedlichen Umsatzsteuersysteme für alle beteiligten Be-triebe. Das ermöglicht einen Überblick über die Gewinnsituation, die Vermögenslage und die Verbindlichkeiten.
Dies ist gerade in der aktuellen Preiskrise wichtig. Viele Banken fordern daher auch den konsolidierten Jahresabschluss. Das Rating der Bank und damit die Zinskonditionen verbessern sich in den meisten Fällen, wenn der Landwirt einen Konzernabschluss statt vieler Einzelabschlüsse vorlegt.
Stall pachten oder kaufen?
Trotz der Preiskrise wollen sich einige Betriebsleiter nicht allein auf die Verbesserung der Leistungen und die Konsolidierung konzentrieren. Insbesondere, wenn die nächste Generation in den Betrieb einsteigt, geht es in der langfristigen Entwicklungsstrategie oft auch um Kapazitätserweiterungen. Allerdings sind klassische Stallbauten am Stammbetrieb vor allem seit der Verschärfung des Baurechts im Jahr 2013 kaum noch realisierbar.
Somit werden die Zupacht und der Kauf von Ställen interessanter. Der Strukturwandel läuft und es kommen zunehmend Ställe auf den Markt. Doch wer in einen fremden Stall einsteigt, sollte einige Aspekte beachten:
- Erfüllt der Stall den QS-Standard und die Haltungsverordnung?
- Benötigt der Stall einen Abluftfilter?
- Kann das Objekt steuerlich landwirtschaftlich betrieben werden?
- Wie lässt sich der Wirtschaftsdünger kostengünstig verwerten?
- Wie hoch darf der Pacht- oder Kaufpreis sein? Dies ist für jeden Betrieb individuell zu ermitteln.
Wie sich die Pacht berechnen lässt, zeigt das Beispiel in Übersicht 3. Basis ist ein 1000er-Maststall aus dem Jahr 2007, der 10 km entfernt vom Betrieb des potenziellen Pächters liegt. Bei unterstellten sehr guten Leistungen setzt der Betrieb eine DkfL von 80 € je Stallplatz und Jahr an. Würde der Stall steuerrechtlich gewerblich betrieben, wären es bei sonst gleichen Eckdaten nur 62 € je Stallplatz.
Die Aufwendungen für Unterhaltung, Versicherung und Sonstiges werden mit 4000 € veranschlagt. Des Weiteren spielt die Entfernung vom Wohnsitz des Betriebsleiters eine Rolle. Je km wurden für den Sach- und Personalaufwand 1 € angesetzt. Die anfallende Gülle wird in diesem Fall für 10 € je m3 (brutto) überbetrieblich verwertet. Für mögliche Risiken sind 10 % der DkfL angesetzt. Außerdem veranschlagt der Unternehmer einen Gewinnanspruch in Höhe von 10000 €.
Unter diesen Annahmen beträgt der maximale Pachtpreis je Platz und Jahr etwa 29 €. Bei durchschnittlicher Leistung oder gewerblicher Mast kann der Betrieb unter sonst gleichen Annahmen nur rund 15 € je Platz bezahlen.
Kaufpreis sachlich ermitteln
Auch richtet sich der Marktpreis für Pachtställe nach dem Angebot und der Nachfrage. Doch der Pächter sollte den maximalen Preis stets mit den eigenen Leistungen und Gegebenheiten ermitteln. Wenn der Nachbar z.B. 25 € je Mastplatz zahlen kann, heißt das nicht, dass dies übertragbar ist.
Die bei der Stallpacht zu berücksichtigenden Aspekte sind auch beim Kauf zu beachten. Allerdings kommen weitere Gesichtspunkte hinzu:
- Der Käufer sollte sich das Umfeld des Stalles und die Immissionslage genau ansehen. Wie ist der Abstand zu Wald-, Wohn-, Gewerbe- oder FFH-Gebieten?
- Wie sieht die Baugenehmigung aus, vor allem die Platz- bzw. Tierzahlen?
- Ist die Baugenehmigung an Auflagen geknüpft, z.B. Rückbau bei Aufgabe?
- Stehen in den nächsten Jahren kostenintensive Renovierungen an?
Ein Weg zur Ermittlung des Kaufpreises ist in Übersicht 4 dargestellt. Die Rechnung ist ähnlich wie beim Pachtpreis. Letztlich wird der maximal zahlbare Pachtpreis auf die unterstellte Restnutzungsdauer kapitalisiert. In diesem Beispiel gehen wir von zwölf Jahren Restnutzung sowie einem Zinssatz von 2 % aus. Vom Kapitalwert sind die Renovierungskosten abzuziehen.
Im Ergebnis ergibt sich ein erster Anhaltswert für anstehende Kaufpreisverhandlungen. Die Berechnung zeigt deutlich, dass der mögliche Kaufpreis bei einem gewerblich betriebenen Stall rund 50 % niedriger ausfällt.
Soziale Kompetenz stärken
Neben der fachlichen Qualifikation der Betriebsleiter sind zukünftig verstärkt soziale Kompetenzen und der Blick für das Tier gefragt. Persönliche Fähigkeiten in der Kommunikation, der Kreativität, der Innovation, dem Veränderungs- und Risikomanagement werden immer wichtiger. Hinzu kommen Unternehmereigenschaften wie Kritikfähigkeit und Belastbarkeit.
Hier können Unternehmerschulungen und Arbeitskreise einen Blick über den Tellerrand ermöglichen. Gleichzeitig helfen sie, kreative Ideen und wichtige Impulse für die persönliche und betriebliche Entwicklung zu geben. Dabei kann die gut geplante Betriebsaufgabe genauso eine unternehmerische und richtige Entscheidung sein wie der Kauf eines Stalles.
Fazit
Aufgrund der angespannten Preissituation sowie Verschärfungen beim Tierschutz und Baurecht sind neue Wachstumsstrategien gefragt:
- Derzeit stehen die Konsolidierung und Liquiditätssicherung im Fokus.
- Wachstum in viehintensiven Regionen erfolgt künftig vorwiegend qualitativ. Controlling mit Liquiditätsplanung, Kostenrechnung und Konzernabschlüssen ist dafür notwendig!
- Wachstumschancen bieten auch die Pacht und der Kauf von Betrieben.
- Persönliche Fähigkeiten in der Kommunikation sowie dem Veränderungs- und Risikomanagement sind gefragt.