In Europa werden dieses Jahr ca. 2,3 % weniger Schweine geschlachtet. Auch die Zahl der tragenden Sauen ist zurückgegangen. Dies könnte sich positiv auf das Preisniveau für Schweine und Ferkel auswirken. Lange mussten die Schweinehalter darauf warten. Doch jetzt mehren sich die positiven Zeichen am Markt. Zwar müssen die Ferkelerzeuger nach der sehr guten Marktlage des ersten Halbjahres 2009 zum Herbst mit den saisonal üblichen Preisschwankungen rechnen. Und langfristig ist sicherlich ein brutaler Verdrängungswettbewerb zu befürchten. Doch dürfte die zweite Hälfte des Jahres 2009 insgesamt für sie und auch für die Mäster auskömmliche Preise mit sich bringen. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob die deutschen Schweinehalter weiter wachsen oder die guten Preise nutzen sollen , um die betriebliche Lage zu konsolidieren. Erholungsphase Für die Sauenhalter war das letzte Wirtschaftsjahr 2008/2009 unterm Strich nicht so schlecht wie noch vor einigen Monaten befürchtet. Dies belegen erste Schätzungen der Erzeugerringe in Weser Ems. Insbesondere das zweite Halbjahr war gekennzeichnet durch eine stabile Markt- und Preissituation. Erzeuger mit durchschnittlichen Leistungen haben jedoch auch im letzten Wirtschaftsjahr keine voll kostendeckenden Ferkelpreise erzielt und können die Finanzlöcher der letzten zwei Jahre noch lange nicht stopfen. Der Durchschnittsbetrieb erreichte Direktkosten freie Leistungen (DKfL) von 450 € je Sau. Für Spitzenbetriebe blieben allerdings mehr als 600 € DKfL je Sau über. Während im letzten Wirtschaftsjahr vielfach noch negative Deckungsbeiträge zu beobachten waren, können im angeschlossenen Wirtschaftsjahr sogar Betriebe im unteren Viertel mit rund 265 € DKfL rechnen (siehe Übersicht 1). Die Situation in der Mast unterscheidet sich insofern von jener der Sauenhalter, dass im letzten Wirtschaftsjahr das Vorjahresergebnis nicht erreicht wird (siehe Übersicht 2). So wird je Mastplatz im Schnitt mit 40 € Direktkosten freie Leistung kalkuliert (Vorjahr: 50 €/Mastplatz). Aber auch hier wird in der Gruppe der erfolgreichen Mäster mit 75 € DKfL je Mastplatz ein Ergebnis erwartet, das nach Abzug der Gebäude- und Arbeitskosten noch Luft für die betriebliche Konsolidierung lässt. Ferkelexporte gen Osten stützen den Preis Die Marktaussichten für die nächsten zwölf Monate sind aus Sicht der Ferkelerzeuger nicht schlecht. Denn der Sauenbestand innerhalb der Europäischen Union hat sich im letzten Jahr weiter um rund 927 000 Stück reduziert. Dies entspricht einem Rückgang um mehr als 6,2 %. Vergleicht man die letzten verfügbaren Schweinezählungen, so hat sich der Sauenbestand der Europäischen Union (EU 27) in den letzten drei Jahren um rund 1,5 Mio. Tiere reduziert. Der Bestandsabbau vollzieht sich vor allen Dingen in osteuropäischen Ländern wie Ungarn, Rumänien, Polen, Tschechien und den Baltischen Staaten. Hiervon hat der bundesdeutsche Ferkelmarkt in den letzten zwölf Monaten eindeutig profitiert. Das sehr stabile Markt- und Preisniveau bis Anfang Juli war nicht zuletzt auch auf gute Exportmöglichkeiten deutscher Ferkelvermarkter zurückzuführen. Marktbeobachter sehen auch weiterhin große Absatzchancen für Ferkel und Schlachtschweine in Osteuropa. Insbesondere niederländische und dänische Ferkelvermarktungsorganisationen haben sich in Polen bereits interessante Absatzkanäle erschlossen. Aber auch baden-württembergische Viehhandelsgesellschaften sind in den Beitrittsstaaten tätig und können hier zunehmend Marktanteile erschließen. Auch wenn aufgrund des saisonal zunehmenden Angebots das dritte Quartal 2009 überwiegend durch Preisrückgänge am Ferkelmarkt gekennzeichnet sein wird, kann spätestens ab Mitte November 2009 wieder mit anziehenden Ferkelpreisen gerechnet werden. Die ersten sechs Monate von 2010 dürften ebenfalls durch eine insgesamt überdurchschnittliche Preisentwicklung gekennzeichnet sein. Keine Einbrüche beim Fleischverzehr Die Prognosen des Statistischen Amtes der europäischen Gemeinschaft (Euro-stat) sagen für das Gesamtjahr 2009 eine Angebotsdrosselung um 5,8 Mio. Schweine oder 2,3 % voraus. Für das jetzt laufende dritte Quartal wird ein Rückgang von 2 %, für das letzte Quartal um 1,6 % erwartet (siehe Übersicht 3, Seite 10). Damit wird der Selbstversorgungsgrad der EU, der für das letzte Jahr schon rückläufig war, in diesem Jahr weiter in Richtung 104 % absinken. Die Exportabhängigkeit der EU, die gerade im letzten Jahr die Preisspielräume begrenzt hat, dürfte sich somit weiter reduzieren. Turbulenzen, die über Änderungen der Wechselkursverhältnisse den Export in einigen Ländern stark beeinträchtigt haben, verlieren damit an Bedeutung. Vieles wird davon abhängen, wie schnell die globale Wirtschafts- und Finanzkrise überwunden werden kann. Die deutsche Fleischwirtschaft hat sich vor dem Hintergrund der bisher anstehenden Probleme noch relativ gut behaupten können. Experten sagen jedoch, dass die Finanzkrise bislang in Deutschland beim privaten Konsum noch gar nicht angekommen sei. Allerdings zeigt sich die deutsche Ernährungsbranche gegenüber anderen Industriezweigen weitaus krisenresistenter. Einbrüche beim Pro-Kopf-Verbrauch von Schweinefleisch sind wohl nicht zu erwarten. Stabile Futterpreise? Die Rohstoffmärkte haben sich bereits deutlich erholt. Die Liquiditätsengpässe, die phasenweise zum Jahreswechsel 2008/2009 zu beobachten waren, haben sich vielfach wieder entspannt. Deutschland hat in den ersten Monaten weitaus mehr Schweinefleisch exportiert als in 2008. Sollte sich die Zahlungsbereitschaft in den Exportmärkten wieder verbessern, könnte der Exportboom fortgesetzt werden, was den Preis stützt. Bleibt die Frage, wie sich die Futterpreise entwickeln werden, die gerade in der Mast maßgeblich die Wirtschaftlichkeit beeinflussen. Die Preisfindung zur Getreideernte 2009 zeigt deutlich, dass die Erträge sich oberhalb des langjährigen Mittels stabilisieren. Vielfach erreichen die Brot- und Qualitätsweizenbestände in diesem Jahr nicht die erforderlichen Qualitätskriterien und können nur als Futterware vermarktet werden. Infolgedessen wird insbesondere im vor uns liegenden Wirtschaftsjahr EU-weit genügend Futtergetreide erwartet, so dass sich zumindest zeitweilig ein erntebedingter Preisdruck abzeichnet. In marktfernen Regionen bietet das Interventionspreisniveau eine Basis für die Verhandlungen. Der Proteinmarkt ist schwieriger zu bewerten. Doch zeichnen sich auch hier Entspannungstendenzen ab. Insgesamt kann also von einer spürbaren Entlastung bei den Futtermittelkosten ausgegangen werden. Die Rahmenbedingungen für die nächsten zwölf Monate sind nicht schlecht. Preisschwankungen bleiben Auch wenn die Prognosen für die Ferkel- und Schlachtschweineproduktion etwas freundlicher sind und die besten 25 % der Betriebe Chancen haben, betriebswirtschaftlich sinnvolle Wachstumsschritte zu gehen, bleibt es dennoch eng. Gerade die Schweinehaltung in den Hochburgen Deutschlands befindet sich in einer schwierigen Situation. Angesichts der krassen Preisschwankungen sowohl auf den Bezugs- als auch auf den Absatzmärkten sind die Zeiten mit mittelfristig guten stabilen Preisen wie sie in den 70er- und 80er-Jahren vorherrschten, endgültig vorbei. Planungen zur betrieblichen Weiterentwicklung werden immer schwieriger, da die ökonomischen Planungsgrundlagen mit sehr viel Unsicherheit verbunden sind. Dazu gesellen sich andere Probleme. Vielen Betrieben fehlt die Fläche, um ihre Bestände vergrößern zu können. Ein tendenziell nach wie vor steigendes Pachtpreisniveau bzw. angesichts sinkender Düngemittelpreise wieder steigende Abgabepreise an Güllebörsen belasten die Rentabilität der Schweinehaltung. Damit ist klar: Auf der Produzentenseite, sowohl für Mastschweine als auch für Ferkel, liefern sich zunehmend spezialisierte Schweinehalter einen gnadenlosen Verdrängungswettbewerb. Darüber muss sich jeder Betriebsleiter im Klaren sein. Wachstum bedeutet in jedem Fall, man muss sich langfristig gegen immer professioneller arbeitende Wettbewerber durchsetzen. Damit dürfte sich der Strukturwandel in den nächsten Jahren weiter beschleunigen. Die Märkte verändern sich rasant bei gleichzeitig erheblich zunehmenden Preisschwankungen. Die Produktionskapazitäten in den Haupterwerbsbetrieben werden analog der technischen Entwicklung permanent größer. Damit steigen auch die Produktionsrisiken. Wachstumsschritte, die ohne zwischenzeitliche Konsolidierungsphasen erfolgen, gefährden dann die betriebliche Stabilität. Fazit Europas Schlachtereien werden dieses Jahr 2,3 % weniger Schlachttiere verarbeiten. Der Selbstversorgungsgrad der EU könnte unter 105 % fallen, was Entlastung bringen würde. Sollte das Exportgeschäft in Drittländern, welches in den ersten Monaten 2009 für deutsche Schlachtbetriebe gut angelaufen ist, weiter forciert werden können, werden für das zweite Halbjahr 2009 auskömmliche Preise erwartet. Aufgrund gravierender Sauenrückgänge in vielen osteuropäischen Ländern dürfte der Ferkelexport dorthin an Bedeutung gewinnen und den inländischen Markt entlasten.