Aufgrund gestiegener Futterkosten und stark gefallener Schweinepreise schreiben viele Betriebe tiefrote Zahlen. Bleibt das Futter teuer? Wann ziehen die Erlöse wieder anDie Schweinehalter stehen mit dem Rücken zur Wand: Die Futterpreise ziehen seit Wochen gnadenlos an. Aktuell liegen sie bereits 50 % über dem Niveau des letzten Frühjahrs. Gleichzeitig stehen die Schlachterlöse seit Jahresbeginn stark unter Druck. Hinzu kommt der Dioxin-Skandal: Dadurch sind die Notierungen Mitte Januar auf einen historischen Tiefstand gefallen. Selbst wenn sich die Preise nach Ende des Skandals auf ein Niveau von 1,30 € erholen, zahlen die Mäster drauf. Denn unter Vollkosten betrachtet, fehlen dann noch mehr als 20 € pro Schwein. Das spüren vor allem Betriebe, die einen Stall abbezahlen müssen. Doch auch die Ferkelerzeuger leiden unter den hohen Futterkosten. Unter derzeitigen Bedingungen ist eine kostendeckende Produktion nicht möglich. Und wie zu befürchten, hat der Preissturz bei den Schlachtschweinen den Druck auf den Ferkelmarkt noch massiv erhöht. Viele Betriebe blicken mit Sorge nach vorn. Sie fragen sich, ob der Kostendruck in den nächsten Monaten bestehen bleibt. Wiederholt sich gar die Preis- und Kostenkrise aus dem Jahr 2007/2008? Um die Frage zu beantworten, werden im Folgenden die Trends am Futtermittel- und Schweinemarkt beleuchtet. Extremes Auf und Abbeim Futterpreis Zunächst zu den Preisen für Futtermittel. Wie Übersicht 1 zeigt, sind hier in jüngster Zeit erhebliche Schwankungen aufgetreten. So kostete Mast-Alleinfutter 2006 knapp 16 €/dt und stieg im Jahr 2007/08 auf rund 27 €/dt im nordwestdeutschen Raum. Im Jahr 2009 fielen die Kurse dann wieder auf ein niedrigeres Niveau. Auch im Frühjahr 2010 war Mastfutter noch für rund 18 € relativ günstig zu beziehen. Doch dann schnellten die Preise binnen weniger Monate auf das jetzige Niveau von deutlich über 25 €/dt hoch. Die spannende Frage ist, wie es im ersten und zweiten Quartal 2011 weitergeht. Fakt ist: In Europa wird die Verfügbarkeit von Getreide immer schlechter. Hauptgründe sind die relativ schwache Ernte 2010 sowie der auf Hochtouren laufende Export. Dieser floriert auch aufgrund der fehlenden russischen Ausfuhren. Hält die Euroschwäche an, wird hiesiges Getreide noch konkurrenzfähiger. Bei ohnehin schwacher EU-Ernte errechnet sich bis zum Ende des Getreide-Wirtschaftsjahres ein Endbestand von rund 25 Mio. t. Das reicht lediglich für die Versorgung über 31 Tage. Normalerweise sollten die Vorräte mehr als doppelt so hoch sein! Auch in Übersee sind die Vorräte an Getreide extrem gering. Gemessen am Verbrauch belaufen sich die weltweiten Bestände zum Ende des Getreidejahres 2010/11 nur noch auf 18,6 %. Das ist deutlich weniger als der langjährige Durchschnitt von 20 %. Getreide: Börse notiert Höchstpreise Neben den Lagerbeständen ist für die Getreidepreise auch relevant, wie Experten die nächste Ernte einschätzen. Erste Prognosen gehen zwar von höheren Ernten 2011 aus, aber niedrige Vorräte und der steigende Verbrauch gleichen die zusätzlichen Mengen wieder aus. Eine grundlegende Verbesserung der Versorgungslage ist nicht erkennbar. Hinzu kommt: Russland braucht nach der miserablen Ernte von nur 60 Mio. t im letzten Jahr dringend eine Ernte von 80 Mio. t. Auch in diesem Jahr wird sich Russland daher beim Getreidexport vermutlich stark zurückhalten. Bei überschlägiger Kalkulation müsste die weltweite Ernte 2011 um mehr als 5 % zulegen, um die abgebauten Vorräte und den steigenden Bedarf zu decken. Dies wird selbst bei optimalen Wetterbedingungen schwer erreichbar sein. Eine erste Prognose für die Weltweizenernte kommt auf 3 % Zuwachs. Die angespannte Lage an den Getreidemärkten spiegelt sich auch in den Börsenkursen wider. Hier werden für den Rest des Getreidejahres meist gleichbleibend hohe Terminkurse von über 20 € je dt Weizen notiert. Der Getreidemarkt 2011/12 steht also aus Sicht der Veredlungsbetriebe unter ungünstigen Vorzeichen. Leider spricht vieles dafür, dass das hohe Getreidepreisniveau auch im laufenden Jahr weiterhin erhalten bleibt. Futtereiweiß bleibt teuer Dem Preiseinfluss am Getreidemarkt können sich die Eiweißfutter nicht entziehen. Der Eiweißmarkt wird auf der Angebotsseite im Wesentlichen bestimmt durch die nord- und südamerikanischen Sojaernten. Fakt ist: Die im Herbst 2010 eingebrachte gute US-Ernte ist so gut wie vermarktet. In Südamerika erwartet man im Frühjahr 2011 eine recht sichere Sojaernte. In Brasilien wird die Erntemenge auf 67,5 Mio. t geschätzt (Vorjahr 69 Mio. t). Zum Jahreswechsel war bereits ein Drittel der bevorstehenden Ernte vorverkauft. In Argentinien lässt ein Niederschlagsdefizit beträchtliche Ertragseinbußen befürchten. Die geschätzte Erntemenge von 52 Mio. t wird bereits jetzt auf 43 bis 47 Mio. t heruntergestuft. Wie sich die Preise für Eiweißträger im neuen Jahr weiterentwickeln, hängt auch von der kommenden Soja-Anbaufläche in den USA ab. Viele US-Farmer wollen ihre Soja-Flächen deutlich reduzieren. Sie bauen stattdessen mehr Mais an, der aufgrund der relativ günstigeren Preisrelation mehr Rendite verspricht. Selbst bei guten Erträgen wird das Soja-Angebot die wachsende Nachfrage nur knapp decken können. Die chinesischen Einfuhren sind in den zurückliegenden Jahren um 15 % je Jahr gestiegen. Jüngst hat Peking mit den USA millionenschwere Lieferkontrakte vereinbart. Das heißt: Auf dem Eiweißsektor ist ein Preisrückgang wenig wahrscheinlich. Eher drohen weitere Preisanstiege, wenn ungünstiges Wetter die Erträge beeinträchtigt. Wann ziehen dieSchlachterlöse wieder an? Die Hoffnung auf eine Entspannung des Kostendrucks ruht daher auf dem Schweinemarkt. Allerdings haben hier saisonale Einflüsse sowie der Dioxin-Skandal zu einem massiven Einbruch der Notierung auf 1,12 € geführt. Ob und wie zügig sich der aktuell niedrige Schweinepreis erholen kann, hängt vor allem vom weiteren Verlauf der Dioxin-Krise ab. Denn ein ungehinderter Export ist derzeit besonders wichtig für unseren Markt. Im weiteren Jahresverlauf nehmen die Entwicklung der Schweinebestände und der Fleischnachfrage eine Schlüsselfunktion ein. Nach Einschätzung des EU-Prognose-Ausschusses wird die deutsche Erzeugung 2011 weiter um knapp 2 % zulegen (siehe Übersicht 2). Hierdurch soll unser Selbstversorgungsgrad im laufenden Jahr auf rund 114 % steigen. Leichte Zuwächse sind außerdem in Polen und den Niederlanden zu erwarten. In den übrigen EU-Ländern dürften sich die Bestände 2011 eher rückläufig entwickeln. Unter dem Strich bleibt die Bruttoeigenerzeugung der EU-27-Länder mit 258 Mio. Schweinen konstant. Die Inlandsnachfrage ist im Zuge des Dioxin-Skandals deutlich gesunken. Allerdings dürften die günstige Wirtschaftsentwicklung mittelfristig für eine Stabilisierung des Verbrauchs sorgen. Beim Exportgeschäft ist eine separate Betrachtung unserer wichtigsten Absatzmärkte zweckmäßig: Die größten Abnehmer für deutsches Schweinefleisch sind die alten EU-15-Länder. Im ersten Halbjahr 2010 wurden hier Steigerungsraten von bis zu 14 % erreicht. Angesichts der Schweinebestands- und Einkommensentwicklung dürfte es 2011 in diesen Ländern keinen großen Einbruch geben. Eine weiterhin große Dynamik zeigen unsere Absatzmärkte in Mittel- und Osteuropa. Einige neue EU-Mitgliedsstaaten haben ihre Einfuhr von Schweinefleisch in der jüngsten Vergangenheit um bis zu 30 % pro Jahr hochfahren müssen. Hintergrund ist die schwache Wettbewerbskraft des gesamten Sektors der Schweinefleischerzeugung in diesen Ländern. Ob Deutschland 2011 erneut mehr Schweinefleisch in Osteuropa platzieren kann, hängt vor allem von der Entwicklung der dortigen Schweinebestände ab. Die jüngste Viehzählung aus dem Sommer 2010 zeigt in den meisten Ländern Osteuropas weitere Abstockungen. Zudem reagiert die Produktion in den mittel- und osteuropäischen Ländern sehr anfällig auf steigende Futtermittelpreise. Das gilt insbesondere für Polen. Hoffnung ruht auf Russland Bei den Drittlandsexporten hat Russland für uns die größte Bedeutung. In den letzten Jahren hat Moskau rund 850 000 t Schweinefleisch jährlich importiert – den Großteil aus Deutschland. Aufgrund der Jahrhundertdürre mit einer dramatischen Verteuerung der Futtermittel wird die Schweineproduktion in Russland erheblich gebremst. Bei mindestens gleich bleibendem Verbrauch ist zu vermuten, dass die Einfuhren 2011 wieder zunehmen. Nach Überwindung des Futtermittelskandals sind unsere Perspektiven für den Export nach Russland durchaus gut. So stärken der relativ schwache Euro und unser Transportkostenvorteil von 30 Cent je kg unsere Wettbewerbskraft gegenüber den USA und Brasilien. Zudem sollte der russische Beitritt zur WTO verlässlichere Importregelungen bringen. Dennoch: Der Dioxin-Skandal zeigt, wie sensibel unsere Abnehmer bei Marktstörungen z. B. mit einem Importstopp reagieren. Trotz recht guter Aussichten beim Export dürfte die Luft für deutliche Anhebungen beim Schlachterlös im ersten Halbjahr 2011 dünn bleiben. Denn EU-weit trifft eine konstante Erzeugung auf eine eher stagnierende Nachfrage. Mit dem Dioxin-Skandal kommt für Deutschland ein weiteres Problem hinzu: Nach dem Preissturz werden sich die Notierungen nur mühsam auf alte Stände bewegen. Denn in den Kühlhäusern lagern jetzt erhebliche Fleischmengen. Bei jeder Angebotsverknappung können diese ausgelagert werden. Wir halten fest Die Margen in der Mast sind insbesondere vom Schlachterlös und den Futterkosten abhängig. Leider ist zu erwarten, dass Futtermittel teuer bleiben. Denn am Markt für Getreide und Eiweißträger trifft auch 2011 eine hohe Nachfrage auf ein stagnierendes Angebot. Ob höhere Schlachterlöse die Rentabilität verbessern können, hängt vor allem vom Export ab. Denn in Deutschland nimmt die Erzeugung von Schweinefleisch bei konstantem Konsum leicht zu. Die Chancen für den wichtigen Absatzmarkt Russland stehen nicht schlecht. Eine nachhaltige Anhebung der Schlachterlöse ist aber vermutlich erst möglich, wenn die hohen Futterkosten zu einem weltweit spürbaren Abbau der Schweinebestände führen.