Damit die Sauen ihre erste Laktation gut überstehen, müssen Sie die Weichen bereits bei den Jungsauen stellen. SUS gibt Tipps zur Vermeidung des Zweiten-Wurf-Syndroms.
Heinrich Niggemeyer, SUS
Läuft es bei Ihnen im Betrieb rund? Um diese Frage zu beantworten, lassen sich erfahrene Berater häufig die Sauen nach ihrer ersten Säugeperiode zeigen und werten die Leistungen nach Wurfnummer aus. Wenn die jungen Sauen abgesäugt sind und die Ferkelzahlen zum zweiten Wurf deutlich schlechter ausfallen als zum dritten, stimmt etwas nicht.
Kritischer zweiter Wurf
Sauen zum zweiten Wurf werden oft als Problemtiere ausgemacht. Typisch sind große Absetz-Rausche-Intervalle, erhöhte Umrauschraten sowie ungenügende Leistungen im zweiten Wurf. Neben den Leistungsdepressionen können auch Totalausfälle auftreten, z. B. wenn die Sau nicht rauscht oder wieder aufnimmt. Ein vorzeitiges Ausscheiden aus der Herde lässt die Remontierungskosten in die Höhe schnellen. Die Fachleute sprechen in diesem Zusammenhang auch vom Zweiten-Wurf-Syndrom.
Die Ursachen für diese Fruchtbarkeitsdepressionen liegen in der vorherigen Säugeperiode. Nicht selten verlieren die Sauen während der ersten Laktation erheblich an Substanz. Ein Grund hierfür ist die im Vergleich zu älteren Sauen begrenzte Futteraufnahmekapazität. Zudem verfügen Erstlingssauen insgesamt über weniger Fettreserven, auch wenn die Rückenspeckdicke im üblichen Bereich liegt.
Sauengewichte prüfen
Somit beeinflusst die Kondition der Erstlingssau beim Absetzen nachhaltig das Ergebnis der zweiten Reproduktionsphase. Um hier gegenzusteuern, sollte der Landwirt bereits bei der Jungsauenbelegung die Kondition der Tiere im Auge behalten.
Wenn alles nach Plan läuft, werden die Jungsauen mit einem Lebendgewicht von ca. 140 kg zum ersten Mal belegt. Doch meist ist das Lebensalter der Zeitgeber und nicht das Gewicht. Viele Betriebe streben eine Besamung zwischen dem 220. und 240. Lebenstag an. Sollten einzelne Jungsauen das Idealgewicht nicht erreicht haben, ist zu überlegen, erst die nächste Rausche für eine Besamung zu nutzen (siehe Übersicht).
Futterzulage nicht vergessen
Auch die Fütterung der Jungsauen nach dem Belegen spielt eine große Rolle. Denn im Vergleich zu früher werden den Tieren heute wesentlich höhere Leistungen abverlangt. Früher wurden im Schnitt neun Ferkel und ein Wurfgewicht von 11,7 kg erreicht. Heute werden mittlere Wurfgewichte von 16,9 kg (1,3 kg Geburtsgewicht x 13 Ferkel) angestrebt. Um dies zu erreichen, müssen über die Sauenration mehr Energie, Protein, Aminosäuren, Mineralstoffe, Spurenelemente, Vitamine etc. zugeführt werden.
Somit ist die Futterkurve den Erfordernissen anzupassen. Auch ist in der Hochträchtigkeitsphase ab dem 85. Tag nach erfolgreicher Besamung eine tägliche Futterzulage von 0,5 kg erforderlich. Auf diese Weise wird dem er-höhten Fötenwachstum Rechnung getragen. Die noch im Wachstum befindlichen Jungsauen sind stärker auf diese Futterzulage angewiesen als erwachsene Muttertiere.
Früh an Abferkelbucht gewöhnen
Jungsauen sollten sieben Tage vor der Geburt in den Abferkelbereich eingestallt werden. Die Tiere kommen in der Regel aus der Gruppenhaltung und müssen sich erst an den Ferkelschutzkorb gewöhnen. Altsauen hingegen kennen bereits diese Art der Aufstallung.
Auch scheint es wichtig zu sein, dass die Jungsauen den Nippel im Trog finden und entsprechend bedienen. Hier ist eine gewissenhafte Kontrolle und möglicherweise eine Extragabe Wasser sinnvoll.
Ein weiterer Tipp: Jungsauen sollten neben bzw. zwischen älteren Sauen eingestallt werden. Denn die Altsauen sind in der Regel ruhiger, was sich dann häufig auch auf die jüngeren Sauen überträgt. Auch das Verhalten der Erstlingssauen nach der Geburt kann dadurch positiv beeinflusst werden.
Einige Betriebe versuchen, die Jungsauen einige Tage eher als die Altsauen zu belegen, damit diese dann bei vorgegebenem Absetztermin den einen oder anderen Tag länger säugen können. Dadurch werden die Unterschiede bei den Absetzgewichten etwas gemindert. Im Hinblick auf die Ruhe und das Wohlbefinden der Sauen wirkt dies aber eher störend.
Futterwechsel vor der Geburt
Neben der Wasserversorgung spielt das Futter eine wesentliche Rolle. In der Regel steht mit dem Einstallen der Jungsauen in den Abferkelbereich ein Futterwechsel an (siehe Schaubild). Idealerweise wird für die Zeit vor der Geburt bis einige Tage nach der Geburt ein sogenanntes Geburtsvorbereitungsfutter vorgelegt. Alle namhaften Futtermittelhersteller bieten inzwischen solche Produkte an.
Das Spezialfutter soll den Harn-pH-Wert senken und die Sau durch Traubenzucker etc. stärken, damit sie kräftige Wehen bekommt und rasch ferkelt. Gerade Sauen, die zu Geburtsverzögerugen neigen, dürften sich mit einem solchen Konzept etwas leichter tun.
Wer neben dem Trage- und Laktationsfutter keine dritte Ration einsetzen möchte, kann in der sensiblen Phase vor der Geburt auch Laktationsfutter mit reinem Gerstenschrot mischen. Dies hat ähnliche Effekte wie die Gabe von Geburtsvorbereitungsfutter.
Mehrmals täglich füttern
In der ersten Woche nach der Geburt erfolgt dann der Wechsel auf das Laktationsfutter. Während der Säugephase ist es grundsätzlich schwierig, genügend Kalorien aufzunehmen, um einen großen Wurf mit 12 bis 14 Ferkeln mit Milch zu versorgen und dabei das Sauengewicht zu halten.
Umso mehr ist darauf zu achten, dass das Futter für die laktierenden Sauen einen Energiegehalt von 13,0 bis 13,5 MJ ME/kg aufweist. Außerdem sollte die Mischung 1 % Lysin bei möglichst niedrigem Rohproteingehalt enthalten. Der Rohfasergehalt sollte bei mindestens 4 % liegen.
Während der sensiblen Phase der Säugezeit spielt eine optimierte Futtermischung ihre Stärke erst durch mehrmalige tägliche Vorlagen aus. Ferner sind eine optimale Temperaturführung im Abferkelstall und die freie Verfügbarkeit von qualitativ hochwertigem Tränkewasser weitere Erfolgsfaktoren für stressreduzierte Stoffwechselabläufe.
Magere Sauen schonen
Wichtig: Die Kondition und das Fressverhalten der Erstlingssauen sollte zwei bis drei Tage nach der Geburt bewertet werden (s. Schaubild, S. 40). Bei Zweifeln ist zu prüfen, ob bis zu drei Ferkel versetzt werden können. Viele Betriebe arbeiten mit Ammen und haben die Möglichkeit, diese Ferkel abseits der Mutter großzuziehen.
Die Konditionsbeurteilung sollte etwa drei Wochen nach der Geburt wiederholt werden. Wird die Kondition der Sau mit „gut“ bewertet, steht einer vollen Säugezeit von bis zu vier Wochen nichts im Wege. Erstlingssauen, deren Kondition schlecht ist, sollten hingegen geschont werden. In diesem Falle ist über eine verkürzte Säugezeit nachzudenken. Auch das partielle Absetzen wird diskutiert. Bei diesem Verfahren werden nur die größten und kräftigsten Ferkel vorzeitig abgesetzt. Allerdings besteht dann die Gefahr, dass die Sau bereits während der Säugezeit in Rausche kommt.
Auch nach dem Absetzen müssen die Erstlingssauen intensiv betreut werden. Damit sie pünktlich in Rausche kommen, ist eine gezielte Stimulation durch einen Eber unverzichtbar. Die Duldungskontrollen sind gerade bei Erstlingssauen sorgfältig durchzuführen, um eventuell schwach ausgeprägte Rauschen zu erkennen.
Einige Sauenhalter stallen die stark abgesäugten Sauen im Deckzentrum nebeneinander auf. Oft werden sie am Anfang der Kastenstandreihe platziert, um sie besser im Blick zu haben. Dies kann auch im Hinblick auf die Stimulierung durch den Probiereber von Vorteil sein.
Fazit
Eine gut entwickelte Jungsau kann im ersten Wurf bis zu 14 Ferkel großziehen. Ob sie dazu in der Lage ist, sollte an der Körperkondition beim Abferkeln und während der ersten drei Laktationswochen festgemacht werden.
Bei Defiziten sind gleich zu Beginn der Säugephase zwei bis drei Ferkel an andere Sauen um- oder entsprechend früher abzusetzen.
Bei vermehrten Problemen sind das Alter und die Entwicklung der Jungsauen bei der Erstbelegung zu prüfen und ggfs. das Beleg-Management sowie die Jungsauen-Fütterung zu korrigieren.