Während des Besamens spielt Klaus Scheele ein Video von einem aktiven Eber ab. Die Sauen reagieren so, als ob der Eber live vor ihnen steht.In modernen Deckställen befinden sich vor den Sauenkastenständen so genannte Eberlaufgänge. Auf diesen stolziert der Eber von einer zur nächsten Sau. Der Eberkontakt ist wichtig, um die Sauen nach dem Absetzen pünktlich in Rausche zu bringen. Der Eber sollte aber auch während der Besamung vor den Sauen fixiert werden. Denn werden die Sauen in Anwesenheit eines Ebers besamt, fallen die Fruchtbarkeitsergebnisse oftmals besser aus als bei Sauen, die ohne Eberkontakt besamt werden. „Ohne einen aktiven Eber ist es schwierig, den optimalen Besamungszeitpunkt zu finden“, weiß auch Klaus Scheele aus eigener Erfahrung. Der Landwirt aus dem ostwestfälischen Werther bewirtschaftet zusammen mit seiner Frau Dorle einen Betrieb mit 110 Sauen im geschlossenen System. Seitdem die Herde im Dreiwochen-Rhythmus geführt wird, werden nur noch wenige Sauen im Natursprung belegt. Dennoch befinden sich zwei Eber auf dem Betrieb. Oft werden diese nur zur Stimulation und zur Rauschekontrolle eingesetzt. Altes Deckzentrum ohne Eberlaufgang Die Sauen sind in Altgebäuden untergebracht. Im Deckzentrum befinden sich zwei Reihen Kastenstände, wobei die Sauen mit dem Kopf vor der Wand stehen. Einen Laufgang vor jeder Kastenstandreihe sucht man vergebens. Um die Sauen in Anwesenheit eines Ebers zu besamen, mussten sie früher aus den Kastenständen getrieben und einzeln vor eine der zwei Eberbuchten platziert werden. „Diese Prozedur war mir auf Dauer zu zeitaufwendig. Zudem berichteten mir einige Berufskollegen, dass sie mehrere Sauen gleichzeitig besamen. Dies wollte ich ebenfalls auf meinem Betrieb umsetzen. So habe ich nach einer Lösung gesucht, die es mir erlaubt, die Sauen im Kastenstand zu belassen“, fährt der Betriebsleiter fort. Da der Landwirt auf keinen Fall auf die Stimulation durch den Eber verzichten wollte, ist er auf folgende Lösung gekommen: Vor der eigentlichen Besamung hängt Scheele einen Flachbildschirm vor die Sauen und lässt ein spezielles Video ablaufen, welches einen jungen, besonders agilen Eber zeigt. Die Filmsequenzen hat der Betriebsleiter selbst mit einer lichtempfindlichen Videokamera aufgezeichnet. Agilen Jungeber gefilmt Der Landwirt erinnert sich: „Der besagte Jungeber war sehr lebendig. Ich habe die Kamera auf ein Stativ gesetzt und mehrere kleinere Filme gedreht. Sie zeigen, wie der Eber vor dem Gitter steht, sich abwendet und wieder zurückkommt. Dabei macht er ein Mordsgetöse.“ Damit die Aufnahmen möglichst authentisch wirken, hat Scheele die Videos weder mit dem PC bearbeitet noch zusammengeschnitten. Mal ist nur der Kopf des Ebers zu sehen, mal das ganze Tier. „Unsere Sauen verfolgen die Aufnahmen aufmerksam, auch weil immer etwas in Bewegung ist. Rauschige Sauen zeigen schnell den Duldungsreflex“, hat der Landwirt beobachtet. Allerdings sollte der Fernseher möglichst auf Augenhöhe der jeweiligen Sau platziert werden. In dieser Position reagieren selbst die Nachbarsauen auf die Filmsequenzen. Die Tiere könnten das Gerät mit der Schnauze berühren, tun dies in der Regel aber nicht. Um den Fernseher dennoch vor Dreck zu schützen, wird er vor jedem Einsatz in eine durchsichtige Schutzhülle gesteckt, die mit Klebeband verschlossen wird. Zudem sprüht der Landwirt etwas Eberspray auf die Folie, um die Sauen zusätzlich zu stimulieren. Fernseher kostete 300 € Der im Stall eingesetzte LCD-Fernseher mit DVD-Player hat den Landwirt gut 300 € gekostet. Für Scheele war die Tonqualität ein entscheidendes Kaufkriterium. Der 22-Zoll-Bildschirm ist nicht sehr groß. Dafür ist der Fernseher aber handlich und leicht. Für den praktischen Einsatz musste Scheele noch ein Gestänge bauen. Dabei wurden die Bohrungen für die Wandaufhängung auf der Rückseite des Fernsehers genutzt, um einen Rahmen aus flachem Eisen an dem Fernseher zu schrauben. Daran wird ein 2 m langes Gestänge befestigt. Das Eisen und die benötigten Materialien haben zusammen rund 50 € gekostet. Für das Anfertigen der speziellen Konstruktion hat der Landwirt rund eine Stunde benötigt. Die Länge des Gestänges reicht, um den Fernseher von hinten über den Kastenstand vor die Sau zu platzieren. Damit der Bildschirm hierbei nicht vor die Wand schlägt, sind Abstandshalter am Rahmen aus Flacheisen angebracht. Die Stange mit dem Bildschirm wird einfach auf den Kastenstand gelegt. Das Gerät kann aber auch an die Leitung der Warmwasserheizung gehängt werden. Umrauschrate liegt bei 8 % Inzwischen hat Scheele den Flachbildschirm und die DVD mehrere Monate im Einsatz. Seitdem braucht er für das Besamen nur noch die halbe Zeit. Denn im Gegensatz zu früher besamt der Landwirt nun mehrere Sauen gleichzeitig. Etwas aufwendiger sind allerdings die Vorbereitungen für das Besamen. So muss zunächst der Bildschirm präpariert werden. Dazu gehört, dass das Stromkabel des Gerätes sorgfältig mit Klebeband am Gestänge befestigt wird, damit es beim Besamen nicht stört oder auf dem Spaltenboden verdreckt. Nach dem Besamen wird der Fernseher aus der Schutzhülle geholt und gesäubert. Die Umrauschrate liegt aktuell bei 8 %. Dies zeigt, dass das Besamungsmanagement funktioniert. Eine Umgestaltung des Deckzentrums ist aus Sicht des Landwirtes nun nicht mehr nötig. „Jetzt müssen wir nur noch die alten Kastenstände durch moderne Besamungsstände ersetzen. Dank der Idee mit dem Flachbildschirm können wir nun auf den Eberlaufgang verzichten“, meint Scheele. Kurios ist, dass der vom Landwirt gefilmte Jungeber wegen Unfruchtbarkeit reklamiert werden musste. „Der Eber war nur ein guter Schauspieler und nicht für den Deckeinsatz zu gebrauchen. Wir mussten ihn vorzeitig zum Schlachten geben“, erinnert sich Scheele. Fazit Das Deckzentrum von Landwirt Scheele verfügt nicht über so genannte Eberlaufgänge. Um dennoch die Besamungen der Sauen in den Kastenständen durchführen zu können, hängt der Landwirt einen Flachbildschirm vor den Köpfen der zu besamenden Sauen auf und spielt eine DVD von einem agilen Eber ab. Die Sauen reagieren erstaunlich gut darauf. „Ein träger Eber vor den Sauen ist nicht so wirksam wie ein agiler Eber auf Video“, findet der Landwirt.