Freilauf im Deckstall?

Kritiker des Kastenstandes fordern auch im Besamungsstall die Gruppenhaltung. Welche Nachteile wären damit verbunden? Lassen sich ältere Ställe überhaupt umrüsten?

Prof. Steffen Hoy, Universität Gießen

Ein optimal gestaltetes Deckzentrum ist die Basis für eine hohe Fruchtbarkeitsleistung so-wie ein effektives Belegmanagement. Auch große Sauengruppen sollen zügig und mit sehr gutem Erfolg besamt werden können. Dies ist am ehesten mit sogenannten Besamungskastenständen zu realisieren.

Die Sauen verbleiben in der Regel bis zur fünften Woche nach der Besamung in den Kastenständen, um Stress durch Kämpfe zu vermeiden. Gelingt dies nicht, sind Leistungseinbußen durch eine höhere Umrauscherrate und eine niedrigere Wurfgröße lebend geborener Ferkel zu befürchten.

Stressfreie Frühträchtigkeit

Rangordnungskämpfe gehören zum Gruppieren dazu. Sie dienen dazu, eine Hierarchie in der Sauengruppe herzustellen, um spätere Auseinandersetzungen überflüssig zu machen. Um die Kämpfe zu entschärfen, werden die Sauen eingesprüht oder gewaschen. Ebenso wird Stroh oder anderem Beschäftigungsmaterial angeboten bzw. Beruhigungsmittel verabreicht. Doch diese Maßnahmen laufen regelmäßig ins Leere. Auch das Gruppieren im Dunkeln oder mit einem Eber sind keine Garantie.

Die unvermeidlichen Kämpfe zwischen den Sauen sollten jedoch bezüglich Ort, Zeit und Bedingungen so stattfinden, dass sie keine Schäden an den Sauen bzw. bei den Embryonen hervorrufen können. In den ersten zwei bis drei Tagen nach der Befruchtung wandern die Keimlinge im Eileiter zur Gebärmutter und sind relativ gut geschützt. Doch durch Rangkämpfe in den ersten zwei bis vier Trächtigkeitswochen können über 20 bis 30% der Embryonen absterben.

Selbst der Verlust der Trächtigkeit mit anschließendem Umrauschen ist möglich. In einer aktuellen finnischen Untersuchung aus 2016 wird darauf verwiesen, dass chronischer Stress über mehr als zwei Tage während der Embryonalphase der Trächtigkeit, wie er bei der Gruppierung auftritt, zu einer Beeinträchtigung der Gelbkörperfunktion und zum Verlust des gesamten Wurfes führen kann. Genau das muss aber durch ein gutes Management verhindert werden.

Lieber später gruppieren

Der günstigste Zeitpunkt der Gruppenbildung ist unmittelbar nach dem Absetzen der Ferkel von den Sauen gegeben. Die Tiere sind nicht tragend, und die Rangordnungskämpfe können somit keinen Schaden an der Trächtigkeit anrichten.

Eine weitere Möglichkeit ist der EU-weit ohnehin vorgegebene Zeitpunkt zu Beginn der fünften Trächtigkeitswoche. Die Embryonen sind dann bereits mit der Gebärmutterschleimhaut verbunden. Am...