Vor dem Hintergrund zunehmender Gruppengrößen hat die Uni Gießen ermittelt, welche Strecken Mastschweine täglich laufen und ob es eine Beziehung zur Buchtengröße gibt. In letzter Zeit ist ein Trend hin zu größeren Buchten bei Absetzferkeln und Mastschweinen zu beobachten. Die Flüssigfütterung am Kurztrog mit Sensor erfordert z. B. Gruppengrößen von 30 bis 60 Mastschweinen. Darüber hinaus werden Mega-Gruppen mit Sortierschleusen eingerichtet, in denen 200 bis 400 Mastschweine gehalten werden. In Großbuchten müssen die Tiere längere Strecken vom Trog zur Tränke sowie zum Kot- und Liegeplatz zurücklegen. Daran knüpft sich die Frage, ob die Tiere ihr Fressverhalten anpassen bzw. womöglich weniger fressen, weil sie lange Wege meiden. Zudem ist jede unnötige Bewegung mit zusätzlichem Energieaufwand verbunden. So stellt sich die Frage, welche Strecken Mastschweine in unterschiedlich großen Buchten laufen und welche Wechselwirkungen es auf die Leistungen gibt. Zudem lassen die mit einem Ortswechsel verbundenen Bewegungen der Tiere Aussagen zum Gesundheitsstatus zu. Zumindest Lahmheiten und Verhaltensstörungen müssten deutlich erkennbar sein. Videotechnik eingesetzt Um Ortswechsel innerhalb der Bucht exakt zu erfassen, stehen heute Techniken wie Pedometer oder GPS zur Verfügung. Beim Schwein besteht jedoch die Schwierigkeit, Geräte wie Antennen sicher am Tier zu befestigen. Deshalb muss hier auf die Videotechnik zurückgegriffen werden. Ziel einer Untersuchung auf der Lehr- und Forschungsstation Oberer Hardthof des Gießener Instituts war es, mittels Videoaufzeichnungen das Ausmessen von Wegstrecken zu automatisieren. Hierfür wurde eine spezielle Software (VideoMotion-Tracker, Fa. Mangold International) eingesetzt. Beim Start wird die Länge und Breite der betreffenden Bucht eingegeben und die Computermaus auf einem zuvor definierten Punkt des jeweiligen Fokustieres positioniert. Am Ende der Auswertung zeigt das Programm die gesamte vom Tier zurückgelegte Strecke als Summe der Teilstrecken pro Zeiteinheit, z. B. pro Tag. Zusätzlich kann das Programm „hot spots“ visualisieren. Diese verdeutlichen die Frequenz der Nutzung bestimmter Areale in der Bucht durch die ausgewerteten Tiere. Diese Technik wurde an Tieren in 6er- und 12er-Gruppen angewendet. Die Ausstattung der Buchten war insofern identisch, da es sich bei der 12er-Bucht um zwei 6er-Buchten handelte, zwischen denen die Buchtentrennwand entfernt wurde. In den Buchten waren ein bzw. zwei Trockenautomaten sowie zwei bzw. vier Tränken installiert. Die Buchtenfläche pro Tier betrug 0,75 m2. Die Schweine blieben bis ca. 105 kg LG gemeinsam in dieser Bucht. Insgesamt wurden Videoaufzeichnungen von 30 Tieren in mehreren Durchgängen an je zwei Tagen in der Anfangs-, Mittel- und Endmast über jeweils 24 Stunden angefertigt. Von weiteren 18 Tieren wurden die Wegstrecken zu Mastbeginn gemessen, so dass in diese Auswertung 48 Tiere eingingen. Masttiere gehen weite Wege Im Mittel legten die Mastschweine zu Beginn der Mast eine Strecke von 618,8 m pro Tag zurück. Zur Mastmitte liefen sie durchschnittlich 391,8 m und am Ende der Mast 271 m in 24 Stunden. Die Extreme schwankten – auf den gesamten Mastverlauf bezogen – zwischen 77 m (Mastende) und 1 212 m (Mastbeginn) in 24 Stunden bei ausschließlich gesunden Tieren (siehe Übersicht 1). Alle Unterschiede zwischen Anfangs-, Mittel- und Endmast waren statistisch absicherbar. Das heißt, dass mit zunehmender Lebendmasse die Tiere kürzere Wegstrecken zurücklegten. Ferner liefen weibliche Tiere zu Mastmitte und Mast-ende eine bis 118 m längere Strecke als kastrierte männliche Buchtenpartner. Allerdings ließ sich die Differenz nicht statistisch sichern. Uns hat besonders interessiert, ob die Schweine in größeren Buchten bzw. Gruppen längere Strecken laufen. Und tatsächlich: Mastschweine in 12er-Gruppen legten zu allen Mastzeitpunkten eine deutlich längere Wegstrecke in 24 Stunden zurück als Tiere in 6er-Gruppen (siehe Übersicht 2). Zu Mastbeginn betrug der Unterschied über 100 m (678,6 m im Vergleich zu 559,0 m), was statistisch abzusichern war. Fazit: Mittels Videotechnik und neuer Software können die zurückgelegten Laufstrecken der Tiere automatisiert erfasst werden. Erste Auswertungen zeigen, dass Mastschweine in 12er-Gruppen täg-lich zum Teil über einen Kilometer zurücklegen. In weiteren Untersuchungen soll das Laufverhalten von Tieren in größeren Gruppen untersucht und typische Verhaltensmuster erstellt werden. Zudem sollen die Möglichkeiten ausgelotet werden, diese Technik im Rahmen der Gesundheitsüberwachung von Beständen einzusetzen.