Gute Leistungen und Tierwohl erfordern ein einwandfreies Tränkwasser. Zehn Fragen an Prof. Marc Boelhauve von der Fachhochschule Südwestfalen.
Heinrich Niggemeyer, SUS
1.Ab wann ist die Keimbelastung im Tränkwasser zu hoch?
Boelhauve: Es gibt keine Grenzwerte wie dies im Trinkwasserbereich der Fall ist. Die Schweinehalter können sich aber an Empfehlungen orientieren, die die Anforderungen der Tränkwasserqualität nach dem Alter der Tiere vor-sieht. Bei Absetzferkeln sollten bis Ende der Flatdeckphase die Grenzwerte der Trinkwasserverordnung herangezogen werden. Bei älteren Tieren wäre eine zehnfache Grenzwertüberschreitung der mikrobiologischen Werte noch vertretbar.
2.Welche Auswirkungen haben zu hohe Keimzahlen?
Boelhauve: Bei hohen Gehalten schleichen sich Krankheitsanfälligkeiten, verminderte Fruchtbarkeitsleistungen oder schlechtere Futterverwertungen ein. Häufig werden diese Punkte nicht direkt dem Wasser zugeschrieben, sondern anderen Faktoren wie Futterqualität, Genetik oder Jahreszeit.
3.Was raten Sie bei verkeimtem Brunnenwasser?
Boelhauve: Schweinehalter können z.B. eine Filteranlage vorschalten. In einigen Fällen rate ich, generell auf Stadtwasser umzusteigen. Ist die Einspeisequalität soweit in Ordnung, kann eine aufsteigende Biofilmbildung in den Wasserleitungen die Ursache der Verkeimung sein.
4.Wie lässt sich die Eingangsqualität des Wassers bis zum Tier erhalten?
Boelhauve: Zunächst einmal müssen alle Tränken äußerlich sauber sein. Gerade bei Schalentränken ist dies bereits eine Herausforderung. Zudem sollten Sie prüfen, ob blinde Leitungen verbaut sind, die Sie entfernen müssen, da blinde Enden eine Biofilmbildung fördern. Bei sehr alten Tränkesystemen und Leitungen sollte ein genereller Austausch der Wasserzuführungen in Erwägung gezogen werden.
5.Was ist beim Einstallen zu beachten?
Boelhauve: Vor dem Einstallen steht der Stall meist einige Tage leer. Das oftmals keimbelastete Standwasser in den Leitungen muss vor der Neubelegung abgelassen werden. Wir empfehlen, die Tränken ein bis zwei Minuten laufen zu lassen, um so den Keimdruck zu verringern. Bei dieser Gelegenheit können Sie alle Tränkepunkte überprüfen, ob der Wasserdurchfluss noch den Empfehlungen entspricht. Tränkeleitungen, die anfangs noch nicht in Benutzung sind, weil die Tiere zunächst in einer Hälfte des Stalles untergebracht werden, sollten vor der Gruppenaufteilung erneut gespült werden.
6.Gibt es einen ersten Test, um die Wasserqualität vor Ort zu prüfen?
Boelhauve: Ja. Dazu ist Wasser von einem äußerlich sauberen Tränkepunkt in ein durchsichtiges Gefäß zu füllen, um sich anschließend im Taschenlampen- oder Gegenlicht die Reinheit anzuschauen. Es dürfen keine Trübungen oder festen Bestandteile im Wasser zu erkennen sein. Sonst sind die Leitungen zu spülen und der Test zu wiederholen. Wenn danach das Wasser wieder klar erscheint, ist die Keimbelastung deutlich geringer. Dieser Check gibt erste Anhaltspunkte, ersetzt aber nicht die einmal jährlich durchzuführende mikrobielle Untersuchung von Wasserproben im Labor.
7.Wann muss das komplette Leitungssystem gereinigt werden?
Boelhauve: Wenn das abgelassene Wasser sehr dreckig erscheint, sollten die Leitungen im unbelegten Stall mit geeigneten Reinigern gesäubert werden. Anschließend sind Leitungen und Tränken gründlich durchzuspülen, um Reste des Reinigers zu beseitigen, die die Tiere schädigen können. Wenn die Biofilmbildung jedoch ein permanentes Problem ist, sollten Sie nach den Ursachen suchen.
8.Was sollte baulich beachtet werden?
Boelhauve: Die komplette Wasseranlage sollte geeignet sein, die Qualität des Tränkwassers über einen längeren Zeitraum auf sehr gutem Niveau zu halten. Deshalb sollten einzelne Stallkomplexe und -abteile mit einem separaten Stich versorgt und in den Abteilen selbst lange Stiche vermieden werden. Umlaufsysteme mit Wasserhahn am Leitungsende sind hier optimal.
9.Wie können Leitungen effektiv gereinigt werden?
Boelhauve: Einzelne Leitungssysteme eignen sich nicht gut für eine Reinigung. Aus diesem Grund interessiert uns die Verteilung der ungünstigen Einzelelemente in den Praxisbetrieben. Das Ziel sind Beratungsempfehlungen, wie bestehende Systeme durch leichten Umbau verbessert werden können.
10.Wann ist eine Chlordioxidanlage einzubauen?
Boelhauve: Die höchste Keimbelastung kommt bei der Schalentränke nicht aus der Leitung. Es sind die Kotverunreinigungen in der Schale, die diese Tränkeart als untauglich erscheinen lassen. Eine Chlordioxidanlage kann Koteinträge weder verhindern noch beseitigen bzw. den Keimdruck nennenswert senken. Reduziert wird jedoch die weitere Biofilmbildung in den Leitungen.